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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Land und diesen zauberhaften Nachtfalter, der mich mit leichter Hand mal herbeiwinkte oder wegschicken konnte. Natürlich machte es mir Spaß, mein Geld für sie auszugeben, sie einzuladen und zu hoffen, dass ich als Dank einmal mehr als nur einen Tanz in schummriger Beleuchtung bekommen würde. Sie gab mir das Gefühl, zu diesem exklusiven Kreis zu gehören. Das mag für Sie jetzt den Anschein haben, dass Josiane ein reichlich flatterhaftes Wesen war, aber ich merkte, als ich sie näher kennenlernte, dass sie durchaus auch ihre ernsthaften und beständigen Seiten hatte. Sie vertraute mir einmal an, sie wolle bald wieder nach Hause gehen, zurück zu ihrer Familie, die sie eigentlich liebte, wo sie sich aber von ihrer Mutter ziemlich eingeengt gefühlt hatte. Interessanterweise hat Frau von Halstenberg mir gegenüber später bestätigt, sie sei wohl zu besorgt um ihre Tochter gewesen und habe sie mit ihrer übervorsichtigen Mütterlichkeit aus dem Haus getrieben. Nach einem halben Jahr war es dann endlich so weit, Josiane wurde meine Freundin, meine Geliebte. Wir hatten eine wunderbare Zeit, aber es war nicht von Dauer. Mein Arbeitgeber hatte vor, mich durch die Filialen in der ganzen Welt zu schleusen, und ich konnte meine Karriere nicht wegen einer Liebschaft in Kairo aufs Spiel setzen. Josiane sah das ein, wenn auch mit Bedauern, und wir verabredeten, dass wir uns wiedersehen würden, wann immerich in ihrer Nähe zu tun hatte. Wir feierten noch ein gemeinsames Silvester, danach habe ich sie nie wiedergesehen.«
    »Wie traurig.«
    »Damals war ich traurig, heute ist es so lange vorbei … Ich war verliebt, fasziniert, bezaubert. Aber geliebt habe ich Josiane nicht. Meine Frau Miriam habe ich geliebt. Man merkt den Unterschied, wenn man dem richtigen Menschen begegnet.«
    »Dennoch haben Sie nach Josianes Familie geforscht, als sie gestorben war?«
    »Ja. Es hat in der Zeit ein paar Probleme gegeben. Ich wollte Josiane natürlich wiedersehen, ich schickte ihr auch einige Briefe, aber sie war keine große Schreiberin und antwortete nur ganz selten. Vielleicht sind auch Briefe verlorengegangen. Ich hielt mich in reichlich unsicheren Gegenden auf, mal in Südamerika, mal in Malaysia und so weiter. Was aber sicher noch viel wesentlicher war, das war das Unglück, in das ich geriet, kein halbes Jahr, nachdem ich Kairo verlassen hatte. Es waren ein paar religiöse Fanatiker, die eine Bombe in dem Hotelfoyer zündeten, in dem ich gerade angekommen war. Meine Verletzungen waren so schwer, dass ich viele Monate im Krankenhaus lag und manchmal nicht wusste, ob ich leben oder sterben sollte.«
    Er deutete auf sein linkes Bein.
    »Es ist für einen jungen Menschen nicht einfach, ein Bein zu verlieren. Man verliert auch eine ganze Menge an Selbstwertgefühl damit.«
    »Wenn Sie es nicht gesagt hätten, wäre ich auf diesen Grund Ihres leichten Hinkens wirklich nicht gekommen«, sagte ich und meinte es ganz ehrlich.
    »Auch das ist lange her, und man lernt, damit fertig zu werden. Körperlich und geistig. Nun ja, als ich einigermaßen wieder genesen war, wurde ich zurück nach Kairo versetzt. Das war zweieinhalb Jahre später. Sehen Sie, ich habe meine alten Kalender konsultiert.«
    Er legte mir ein Büchlein vor, in dem diese Termine notiert waren.
    »Hier ist der Eintrag, dass ich mich mit ihr am 20. Juni verabredethatte. Sie war fröhlich und aufgeregt am Telefon und versprach mir eine phantastische Überraschung. Am 15. Juni aber traf sie eine verirrte Kugel. Ich saß zu dem Zeitpunkt in Alexandria fest und erfuhr es aus den Nachrichten. Natürlich suchte ich sobald ich konnte Josianes Wohnung auf, aber sie war leer, geplündert von den liebreizenden Nachbarn. Mein Arabisch war kaum ausreichend, um etwas zu essen zu bestellen, und keiner der Leute in der Straße schien auch nur ein Wort Englisch zu verstehen. Aber ein paar freundliche Kollegen halfen mir weiter, und so erhielt ich die offizielle Bestätigung, dass Josiane das ›ausländische Opfer‹ einer lokalen blutigen Auseinandersetzung war.«
    Ich sah mir den Terminkalender an. Die Daten stimmten mit denen aus meinen Zeitungsberichten und denen von Halima überein. Sie stimmten aber auch mit noch etwas anderem überein, und ganz langsam stieg eine ungeheure Ahnung in mir auf. Nur mit halbem Ohr hörte ich weiter zu.
    »Ich habe dann versucht, Josianes Familie zu benachrichtigen, was schwieriger war, als ich dachte, denn Josiane hatte den Namen ihres verstorbenen Vaters

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