Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
eine kleine Tür auf den Hof, auf dem die Kornspeicher standen, und am anderen Ende des sich weiß erstreckenden, gefliesten Fußbodens befanden sich in der Wand drei Türen, die allesamt geschlossen waren. Ich blickte sehnsüchtig zur nächstgelegenen Tür, denn hinter ihr befand sich das Badehaus. Doch ich durchquerte die Halle mit knirschenden, überall Sand hinterlassenden Sandalen in Richtung der dritten Tür. Fast hatte ich sie schon erreicht, als sich die mittlere Tür öffnete und der Haushofmeister meines Vaters heraustrat.
    „Kamen!“ rief er und lächelte von einem Ohr zum anderen. „Ich hatte das Gefühl, daß jemand ins Haus gekommen ist. Willkommen daheim!“
    „Danke, Pa-Bast“, antwortete ich. „Das Haus ist so still. Wo sind alle?“
    „Deine Mutter und deine Schwestern sind noch immer in Fayum. Hattest du das vergessen? Aber dein Vater arbeitet wie gewöhnlich. Kehrst du unverzüglich zum General zurück, oder soll ich dein Lager frisch beziehen lassen?“
    Ich hatte in der Tat vergessen, daß die weiblichen Mitglieder des Haushalts zu unserem kleinen Haus am Ufer des Fayum-Sees gefahren waren, um der schlimmsten Hitze des Shemu zu entfliehen, und bis Ende des nächsten Monats, Paophi, nicht nach Pi-Ramses zurückkehren würden, wenn jedermann hoffte, daß der Fluß anstieg. Einen Augenblick lang war ich verwirrt. „Ich habe noch zwei Tage Urlaub“, antwortete ich, nahm meinen Schwertgurt ab und überreichte ihm meine Ausrüstung zusammen mit den Sandalen, die ich auch abgestreift hatte. „Bitte laß mein Lager beziehen und hole Setau. Sag ihm, daß meine gesamte Ausrüstung verdreckt ist, daß mein Schwert geputzt werden muß und daß sich an meiner linken Sandale der Riemen lösen will. Laß heißes Wasser ins Badehaus bringen.“ Er stand noch immer da und lächelte, und seine Augen wanderten zu dem Kasten unter meinem Arm, und auf einmal merkte ich, wie schmerzhaft er mir in die Seite drückte. „Bring das in mein Zimmer“, sagte ich hastig. „Den habe ich auf meiner Reise aufgesammelt und weiß noch nicht recht, was ich damit mache.“ Unbeholfen nahm er ihn mir ab, da er in der anderen Hand bereits meine Habseligkeiten hielt. „Ist der schwer“, meinte er, „und mit ausgefallenen Knoten verschnürt!“ Ich wußte, daß er mich mit dieser Bemerkung nicht aushorchen wollte. Pa-Bast war ein guter Haushofmeister und steckte seine Nase nicht in meine Angelegenheiten. „Von der Herrin Takhuru ist eine Botschaft gekommen“, wechselte er zu einem anderen Thema. „Sie bittet dich um deinen Besuch, sowie du zurück bist. Achebset ist gestern hier gewesen. Er läßt dir mitteilen, daß die niederen Hauptleute heute Abend in einem Bierhaus namens Goldener Skorpion in der Straße der Korbverkäufer feiern, und falls du bis dahin daheim bist, bittet er dich, ihnen Gesellschaft zu leisten.“ Ich lächelte betrübt. „Da sitze ich in der Falle.“
    „Ja, tatsächlich. Aber du könntest der Herrin Takhuru nach dem Abendessen deine Aufwartung machen und später noch in den Goldenen Skorpion gehen.“
    „Ja, das ginge. Was gibt es heute Abend?“
    „Ich weiß es nicht, aber ich kann nachfragen.“ Ich seufzte. „Ach, laß. Meinetwegen kann der Koch Mäusefrikassee aufgehacktem Gras auftischen, es wäre wohlschmeckender als der Soldatenfraß. Vergiß das heiße Wasser nicht. Sofort.“ Er nickte und machte kehrt, und ich ging die paar Schritte zur dritten Tür und klopfte laut an.
    „Herein!“ befahl die Stimme meines Vaters, und ich gehorchte und machte die Tür wieder zu, während er hinter seinem Schreibtisch aufstand, um ihn herumging und mir mit ausgestreckten Armen entgegenkam. „Kamen! Willkommen daheim! Die südliche Sonne hat dich zu Zimtfarbe verbrannt, mein Sohn! Wie war die Reise? Kaha, ich glaube, wir lassen es für heute gut sein. Danke.“ Der Schreiber meines Vaters kam aus seiner Sitzhaltung auf dem Fußboden hoch, schenkte mir ein rasches, jedoch herzliches Lächeln und ging mit seiner Palette in einer Hand und Schreibbinse und Rolle in der anderen hinaus. Mein Vater wies mich zu dem Stuhl gegenüber vom Schreibtisch, nahm auf seinem Platz und lächelte strahlend.
    Sein Arbeitszimmer war dunkel und immer angenehm kühl, denn das einzige Licht kam durch eine Reihe von kleinen Fenstern oben unter der Decke. Als Kind hatte ich oft mit meinem Spielzeug unter seinem Schreibtisch sitzen dürfen, während er seine Geschäfte führte, und die Vierecke aus reinweißem Licht

Weitere Kostenlose Bücher