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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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aus Aswat vor der Zeit altern ließ. Ich hatte es geschafft, doch dem Zauber der Erde selbst hatte ich mich nicht entziehen können. Und das wollte ich auch gar nicht mehr. Ich war eine Edelfrau, die Herrin Thu, hochgebildet und reich, doch wie so viele von niederem Adel, die fern von Pi-Ramses auf ihren Landgütern lebten, war auch ich ein Landkind und steckte mit einem hennaroten Fuß noch immer im Schlamm der Überschwemmung. Ich hatte Frieden gefunden. Ich würde annehmen, was mein Sohn an Haus und Land für mich gekauft hatte, und es genießen, daß mich keiner kannte.
    Gerade als ich mich für den Rest der Nacht zurückziehen wollte, kam Kamen wieder an Bord. „Wir fahren weiter“, sagte er. „Mutter, ich möchte, daß du schläfst, und morgen früh mußt du in der Kabine bleiben, bis ich dich hole. Isis wird sich um dich kümmern. Leg deinen schönsten Staat und das beste Geschmeide an. Paß auf, daß sie es mit dem Schminken peinlich genau nimmt. Du bist zwar schön, aber ich will, daß du unwiderstehlich aussiehst.“
    „Kamen, ich treffe mich nicht mit einem Liebhaber“, sagte ich erbost. „Und du solltest mir nicht befehlen wie ein herrischer Ehemann. Den paar Aruren Land ist es einerlei, wie ich angezogen bin!“
    Etwas an seinem Benehmen machte mich stutzig.
    „Du mußt einen guten Eindruck auf deinen neuen Verwalter machen“, beharrte er. „Er ist ein sehr fähiger, wenn auch eigenwilliger Mann. Er muß dich auf Anhieb bewundern, sonst bist zu gezwungen, ihn vor die Tür zu setzen.“
    „Ich habe dazumal einen König geblendet und die schönsten Nebenfrauen im Harem ausgestochen“, erwiderte ich hitzig. „Bin ich so tief gesunken, daß ich mich vor einem einfachen Verwalter spreizen muß? Doch wohl kaum, Kapitän!“
    „Bitte, Mutter“, bat er leise. Ich antwortete nicht, sondern verdrehte die Augen, hob die Schultern, ging in die Kabine und zog die Vorhänge mit einem Ruck hinter mir zu.
    Ein Weilchen lag ich da und lauschte den leisen Stimmen der Ruderer, während sie uns wieder in den Fluß hinausstakten. Ich spürte, wie das Boot wackelte und erzitterte, als die Strömung versuchte, uns nach Norden zu ziehen, doch die Riemen tauchten ein und bemühten sich, uns in Richtung Süden zu drehen, und dann ging es voran. Isis, die auf den Polstern eingenickt war, seufzte und wechselte die Lage. Mir fielen die Augen zu. Ich hatte vorgehabt, wach zu bleiben und nach der Schnelligkeit und Richtung des Bootes zu erraten, wohin wir fuhren, doch seine Bewegung und das rhythmisch platschende Auf und Ab der Riemen lullten mich ein, und schließlich schlief ich.
    Noch ehe ich am darauffolgenden Morgen die Augen aufschlug, wußte ich, daß wir irgendwo angelegt hatten. Das Boot schaukelte sacht. Niemand schlug den Takt für die Ruderer. Durch die Vorhänge mit den Quasten sickerte perlfarbenes Licht in die Kabine. Es war sehr früh. Die Luft war noch erfüllt vom Lärm des Frühkonzerts der Vögel, und darum, so folgerte ich, mußten wir bei vielen Bäumen angelegt haben. Ein zarter Duft stieg mir in die Nase, sehr schwach, aber unverkennbar, der Duft von Obstblüten und der zartbittere Duft von Weinblättern. Wir sind ins Delta zurückgekehrt, dachte ich erschrocken. O nicht doch! Das darf nicht sein!
    Ich verließ die Pritsche, wollte den Vorhang aufreißen und hinausblicken, ganz gleich, um was mich Kamen gebeten hatte, doch in diesem Augenblick trat Isis mit einer Schüssel heißem Wasser ein. Ehe ich einen Blick auf das erhaschen konnte, was hinter ihr war, zog sie den Stoff wieder zusammen, lächelte zur Begrüßung und wollte mir das Nachthemd ausziehen. „Wo sind wir, Isis?“ wollte ich wissen. Ihre Hände gerieten nicht ins Stocken, als sie mir das Hemd über den Kopf zog.
    „Entschuldigung, Herrin Thu, aber das darf ich dir nicht erzählen“, sagte sie ungerührt. „Dein Sohn hat gesagt, er läßt mich auspeitschen, wenn ich etwas verrate.“
    „Eine Unverschämtheit!“ fuhr ich sie an. „Du bist meine Dienerin, nicht seine. Ich warne dich, überlege dir gut, ob du mir noch einmal nicht gehorchst.“ Sie ließ Wasser auf mich tröpfeln und griff nach dem Natron.
    „Ja, Herrin“, sagte sie fügsam. „Entschuldigung. Welches Kleid soll ich heute holen?“
    Ich überließ mich ihren Händen williger, als ich zugeben mochte, war eher neugierig als gereizt, und nachdem Leib und Haare gewaschen waren, sie mich gezupft und eingeölt und gesäubert hatte, versuchte ich nicht mehr, nach

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