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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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schließlich doch nicht irre war, der erstaunliche und seltsam bedrohliche Argwohn, daß Paiis gut über sie Bescheid wußte, oder die Tatsache, daß ich nach der Übergabe des Kastens keine Möglichkeit mehr hatte, die Wahrheit herauszufinden. Was mich anging, war das Abenteuer vorbei.
    Re sank langsam zum Horizont. Hinter mir im Haus wurden die Lampen angezündet. Erst der Duft von brutzelndem Fisch brachte mich in die Wirklichkeit zurück, denn mir fiel meine Verabredung mit Takhuru ein. Sie würde wütend sein. Doch dieses eine Mal war es mir einerlei.
    Gleich nach meiner beunruhigenden Begegnung mit dem General begannen die Träume. Zunächst machte ich mir nichts daraus, brachte sie in Zusammenhang mit der Strafpredigt, die mir Takhuru gehalten hatte, als ich mich bei ihr entschuldigen wollte, weil ich unseren Besuch beim Holzschnitzer vergessen hatte. Ich hatte die Beherrschung verloren, hatte sie bei den Handgelenken gepackt und sie angebrüllt, und sie hatte es mir mit einer Ohrfeige vergolten, hatte mich gegen den Knöchel getreten und war davonstolziert. Früher wäre ich ihr nachgelaufen, doch dieses Mal machte auch ich auf den Hacken kehrt und verließ ihren albernen, erstickenden Garten. Schließlich hatte ich mich für etwas Geringfügiges entschuldigt, für meine Vergeßlichkeit, doch sie hatte sich aufgeführt, als wäre ich nicht zur Unterzeichnung des Ehevertrages erschienen, und hatte mich beschuldigt, mir läge nur etwas an mir selbst. Jetzt war die Reihe an ihr, mich um Entschuldigung zu bitten. Natürlich tat sie das nicht. Takhuru war von edlem Geblüt, stolz und selbstsüchtig.
    Eine Woche verging. Der Monat Thot wurde zu Paophi, und der war heiß und wollte kein Ende nehmen. Der Fluß hatte beinahe den höchsten Stand des Jahres erreicht. Von meiner Mutter traf ein Brief ein, in dem sie ankündigte, daß sie einen weiteren Monat auf unserem Besitz in Fayum bleiben wolle. Ich stellte einen Wachplan für meine Männer im Haus des Generals auf, nahm meine Ausrüstung mit in die Kaserne, verbrachte die Woche auf dem Exerzierplatz und schwitzte meinen Zorn auf Takhuru aus. In die Wüste mußten wir nicht. Ich kehrte mit einer Speerschramme am Schulterblatt nach Hause zurück. Die Wunde war nicht weiter schlimm und schloß sich schon bald, doch sie juckte, und ich konnte mich nicht kratzen, weil ich nicht an sie herankam.
    Achebset und ich betranken uns und randalierten und wachten eines frühen Morgens mit einem Freudenmädchen zwischen uns im Boot eines Unbekannten auf. Und noch immer keine Botschaft von meiner Verlobten und keine vom General. Ich hatte mir eingebildet, daß er mich wissen lassen würde, was er mit dem Kasten gemacht hatte, doch ich ging durch seine Räume und bewachte seine Tür, ohne ihn zu sehen oder von ihm zu hören. Ich war in einer eigentümlichen Gemütsverfassung, unstet und erregt. Ich schlief unruhig, und dann begannen die Träume.
    Ich lag auf dem Rücken und blickte in einen klaren, blauen Himmel. Ich fühlte mich ungemein zufrieden und bewegte mich lange nicht, denn ich war rundum wunschlos glücklich. Doch dann spürte ich eine Bewegung, und der Himmel wurde von einer großen Gestalt verdeckt, die näher und näher kam. Ich fürchtete mich nicht, sondern freute mich. Dann wurde das Bild scharf, ich erkannte eine Hand, eine mit Henna bemalte Hand, die den Stängel einer rosa Lotosblüte hielt. Das Bild wurde wieder unscharf, ich spürte, wie die Blüte mich an der Nase kitzelte. Vergebens wollte ich nach ihr greifen, schlug mit Armen um mich, die auf einmal unbeholfen waren und nicht reagierten, und da erwachte ich mit hocherhobenen Armen, die Schramme an meiner Schulter pochte, und meine Laken waren schweißfeucht. Mein Zimmer war dunkel, das Haus nächtlich still. Zitternd setzte ich mich auf, eine schreckliche Angst hatte mich gepackt, die so gar nicht zu den angenehmen Einzelheiten des Traums paßte. Ich mußte mich dazu zwingen, nach meinem Wasserbecher auf dem Tisch neben meinem Lager zu greifen. Meine Finger waren steif wie Stöcke und gehorchten mir kaum. Ich trank und wurde allmählich ruhiger. Dann betete ich zu Wepwawet, schlief wieder ein und träumte in dieser Nacht nicht mehr.
    Am nächsten Morgen brauchte ich mehrere Stunden, bis ich die Wirkung des Traums abgeschüttelt hatte, und abends hatte ich ihn fast vergessen, doch in der Nacht kam er wieder, verlief genau wie der erste, und wieder erwachte ich im Dunkeln und hatte Angst. Er wiederholte sich

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