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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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unmißverständlich.“
    „Du hast doch freien Zugang zum Arbeitszimmer“, argumentierte ich. „Du kommst und gehst. Könnte ich nicht hineinschlüpfen, während du drinnen bist und dich um die täglichen Geschäfte kümmerst, und mit dir plaudern, während du arbeitest?“ Er ließ sich erweichen. Ich konnte es seinen Augen ablesen. Dann gab er endlich nach.
    „So möchte es gehen“, sagte er bedächtig. „Du bist wirklich der Tropfen Wasser, der den Stein höhlt! Aber du gehst zu deinem Vater, wenn er zurückkommt, und erzählst ihm von dieser Sache, ja?“
    „Er braucht es gar nicht zu wissen“, sagte ich, als sich Kaha abwandte und das Wachssiegel erbrach, mit dem er den Schieber an der Tür zum Arbeitszimmer versiegelt hatte. Er schob den Riegel zurück, ging hinein, und ich folgte ihm und machte hinter mir die Tür zu.
    „Er muß es aber wissen“, gab Kaha über die Schulter zurück. „Wenn ein Mann seinem Schreiber nicht trauen kann, wem dann?“ Er erbrach jetzt das Siegel an einigen Papyri, die säuberlich aufgereiht auf dem Schreibtisch lagen, und ich ging sofort zu den Regalen.
    Jeder Kasten enthielt die Unterlagen des Jahres, dessen Nummer mit schwarzer Tusche auf der Seite stand, die dem Betrachter zugewandt war. Kaha war zwanghaft ordentlich. „Im einunddreißigsten Jahre des Königs“, las ich. Das war letztes Jahr. Das Bord darüber enthielt die Kästen der letzten zehn Jahre und begann mit „Im zwanzigsten Jahre des Königs“. Die Datierung auf den ersten sieben Kästen war nicht in Kahas Handschrift. Ich hob einen herunter, auf dem stand „Im vierzehnten Jahre des Königs“, und warf dabei dem Schreiber einen Blick zu. Er saß mit gesenktem Kopf über der Rolle in seiner Hand. Also stellte ich den Kasten auf den Fußboden und hob den Deckel hoch.
    „Paß auf, daß du die Rollen nicht durcheinander bringst“, sagte Kaha plötzlich. Er blickte noch immer nicht zu mir herüber. Ich gab keine Antwort. Rasch ging ich sie durch und erwartete jeden Augenblick, die Überbleibsel des verräterischen königlichen Siegels zu sehen, doch es war nicht da. Ich ging den Kasten noch einmal durch. Nichts. Ich stellte ihn zurück und holte mir die anderen aus den Jahren vor und nach vierzehn herunter, ging sie mit wachsender Erregung durch, doch wieder nichts. Nachdem ich sie ins Regal zurückgeschoben hatte, ging ich zu Kaha.
    „Die Rolle ist nicht da“, sagte ich und merkte, daß meine Stimme erstickt klang. „Nichts als Geschäftsunterlagen. Wo bewahrt Vater seine persönlichen Dokumente auf?“ Kaha schob mich vom Schreibtisch fort.
    „Es reicht!“ sagte er schroff. „Wieso fragst du mich das überhaupt, Kamen? Damit wirst du warten müssen, bis er zurückkommt.“
    „Aber ich kann nicht warten, Kaha“, sagte ich. „Es tut mir leid, aber es geht nicht.“
    Ich ging um den Schreibtisch herum, stellte mich hinter den Schreiber, hakte ihm einen Arm unters Kinn, umfaßte mein Handgelenk mit der anderen Hand und hielt ihn gefangen. Bei diesem Griff wurde sein Kopf an meine Brust gedrückt. „Ein scharfer Ruck, und ich breche dir das Genick“, sagte ich. „Du kannst meinem Vater erzählen, wie ich dich bedroht und Hand an dich gelegt habe und dich dadurch gezwungen habe, mir zu geben, was ich haben will. Also, wo ist der Kasten mit seinen Privatpapieren?“ Kaha verhielt sich vollkommen ruhig in meinem Griff. Seine Hände lagen locker im Schoß.
    „Bring mich um, wenn du willst“, sagte er erstickt, und ich spürte, wie sich sein Kehlkopf an meinem Unterarm bewegte. „Aber ich glaube nicht, daß du das tust. Du kennst die Folgen. Es hat keinen Zweck, Kamen. Vielleicht erklärst du mir lieber, warum du so außer dir bist.“ Mit einem Aufschrei ließ ich ihn los, rannte um den Schreibtisch herum, ließ mich auf den Schemel davor fallen und fuhr mir mit der Hand übers Gesicht.
    „Ich will herausfinden, wer meine Eltern gewesen sind“, sagte ich. „Ich habe allen Grund zu der Annahme, daß mein Vater es trotz gegenteiliger Beteuerungen weiß, und die Rolle, die ich suche, soll mir darüber Aufschluß geben.“ „Aha.“ Er blickte ungerührt und gefaßt. Ich hatte ihn keineswegs eingeschüchtert, eher kam ich mir unter dem eindringlichen Blick dieser dunklen Augen albern vor. „Da dir dein Vater dieses Wissen vorenthält, ist es gewißlich nicht meine Sache, dir zu gestatten, gegen seinen Willen zu handeln, Kamen.“ „Kaha“, sagte ich bedrückt. „Ich bin kein Kind mehr, das

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