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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bei seinem Anblick, und er bemerkte die Grübchen in ihren Wangen.
    »Das ist meine Tochter Sianna«, sagte die Fee, als sie mit dem Boot das Ufer erreicht hatte. »Welchen Namen hat man dir gegeben?«
    »Meine Mutter nannte mich Gawen«, antwortete er. »Warum hast ... ?«
    Die Fee ließ ihn nicht aussprechen, sondern fragte: »Weißt du, wie man ein Boot mit der Ruderstange lenkt, Gawen?«
    »Nein, Herrin. Über das Wasser habe ich nichts gelernt. Aber ehe wir losfahren ... «
    »Gut, dann mußt du nichts verlernen, und ich kann dir etwas beibringen.«
    Wieder einmal hatte sie ihn nicht zu Ende sprechen lassen. »Aber jetzt mußt du einsteigen, ohne das Boot zum Kentern zu bringen. Vorsichtig ... in dieser Jahreszeit ist es zu kalt zum Baden.« Sie reichte ihm die zierliche Hand, die ihn stützte, während er an Bord kam. Er setzte sich schnell und hielt sich mit beiden Händen am Bootsrand fest. Die Fee stieß vom Ufer ab. Ihn verunsicherte jedoch weniger das schaukelnde Boot als seine Bereitwilligkeit, der fremden Frau zu folgen.
    Sianna kicherte, aber ihre Mutter sah sie vorwurfsvoll an. »Wenn du nicht gelernt hättest, mit einem Boot umzugehen, wärst du auch so unsicher wie er. Ist es richtig, sich wegen seiner Unwissenheit über ihn lustig zu machen?«
    Wird sie mir meine Fragen beantworten , dachte er, oder wird sie mich nie aussprechen lassen?
    Im Augenblick wagte er nicht, die Fragen zu stellen, die ihm am Herzen lagen. Vielleicht würde sie ihm später zuhören, wenn sie dort angelangt waren, wohin sie mit ihm fahren wollte.
    Sianna murmelte: »Ich mußte nur bei dem Gedanken an ein unfreiwilliges Bad lachen.« Sie versuchte, ernst zu bleiben, aber es gelang ihr nicht. Ihre Mutter lächelte nachsichtig, während sie das Boot ins offene Wasser lenkte.
    Gawen betrachtete das Mädchen verstohlen. Er hatte nicht das Gefühl, daß sich Sianna über ihn lustig gemacht hatte. Ihm gefielen die schräg geschnittenen, fröhlichen Augen, und er beschloß, er würde sich nicht ärgern, wenn sie über ihn lachte. Die seidigen Haare schienen so weich, daß er die Hände darin hätte wärmen mögen. Zaghaft erwiderte er ihr Lächeln, und als er ihr in die lachenden Augen blickte, zerbrach der harte Panzer, mit dem er versuchte, seine Gefühle zu schützen. Erst sehr viel später wurde ihm bewußt, daß er Sianna in diesem Augenblick sein Herz geöffnet hatte.
    Jetzt spürte er allerdings nur eine unerwartete Wärme. Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn, und er öffnete den Umhang. Die Sonne stieg langsam höher, während sie über das Wasser glitten. Gawen bewegte sich nicht. Er ließ Sianna nicht aus den Augen. Die Fee zog es vor zu schweigen, und ihre Tochter folgte dem Beispiel der Mutter. Gawen wagte nicht, die Stille zu stören, und lauschte auf den Ruf der Vögel und das leise Klatschen der Wellen.
    Das Wasser war ruhig an diesem Tag, obwohl es in diesem Herbst oft und lange geregnet hatte. Weite Uferflächen waren überspült. Als Gawen das halb vom Wasser bedeckte Gras sah, stellte er sich eine versunkene Welt vor, aus der nur Hügelkuppen und Baumwipfel aufragten. In jener Welt, in der das Wasser alles Harte sanft machte und Bewegungen wie ein langsamer Tanz zur Melodie der Wellen wurden, so dachte er, gab es keine Schmerzen, keine Enttäuschungen und keinen Streit.
    Die Sonne erreichte ihren höchsten Stand. Die Fee steuerte das Boot an das Ufer einer Insel, die sich in Gawens Augen nicht von den anderen unterschied. Sie sprang auf die runden Kieselsteine und bedeutete den beiden Kindern, ihr zu folgen.
    Als Gawen neben ihr stand, fragte sie ihn: »Kannst du Feuer machen?«
    »Tut mir leid, Herrin. Auch das habe ich nicht gelernt.« Er wurde rot. »Ich kann zwar ein Feuer in Gang halten, aber für die Druiden ist Feuer etwas Heiliges. Es darf nur zu besonderen Zeiten gelöscht werden, und nur den Priestern ist erlaubt, es wieder zu entfachen.«
    »Ach, Männer machen eben gern aus allem ein Geheimnis! Jede Bäuerin ist in der Lage, ein Feuer zu machen«, sagte Sianna verächtlich. Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Im Feuer steckt ein großes Geheimnis. Wie jede Kraft kann es gefährlich oder hilfreich oder etwas Göttliches sein. Es kommt nur darauf an, wie man es benutzt.«
    »Und was für ein Feuer wollen wir hier entzünden?« fragte Gawen mutig.
    »Nur ein Feuer für euer Mittagessen. Sianna, such mit Gawen die richtigen Zweige.«
    Sianna reichte ihm die kleine Hand, die er mit seinen Fingern

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