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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wieder über das Loch.
    Nein, es ist Sache der Göttin , dachte Caillean, während sie daran gingen, die Fässer und Säcke im Vorratshaus zu zählen. Die Göttin ist der Grund dafür, daß wir hier sind. Das dürfen wir nie vergessen .
    Caillean und einige der älteren Frauen kannten kein eigenes Zuhause, sondern nur das Leben in der Gemeinschaft der Priesterinnen. Mit ihrem Wissen und Können waren sie jederzeit bei den Stammesältesten der Sippen willkommen. Natürlich wäre es traurig, wenn sie die Insel verlassen müßten, aber Hunger leiden, das brauchten sie nicht. Die Priesterinnen waren dem Ruf der Göttin gefolgt, und wenn die Göttin ihren Dienst wollte, dann war es die Aufgabe der Göttin, ihnen zu zeigen, auf welche Weise sie sich ernähren konnten.
    »Außerdem ist das für mich allein alles zuviel ... «, erklärte Eilned. Caillean zuckte leicht zusammen. Sie hatte der jungen Frau nicht mehr zugehört und sah sie fragend an.
    »Man kann nicht von mir erwarten, daß ich allein die Vorräte genau verwalte. Ich finde, eines der Mädchen sollte sich das Essen damit verdienen, mir zu helfen!«
    Caillean lächelte plötzlich.
    SIE hat mir die Antwort auf meine Frage gegeben ...
    Alle Mädchen, die bei ihnen unterrichtet wurden, genossen in jedem Haus von Albion großes Ansehen. Warum sollten sie nicht die Töchter aus guten Familien aufnehmen und sie auf den Ehestand vorbereiten? Die Römer kümmerten sich nicht darum, was Frauen taten. Sie brauchten es nicht einmal zu erfahren.
    »Du wirst Hilfe bekommen«, versprach Caillean mit Nachdruck. »Du wirst den Mädchen zeigen, wie man Vorräte für eine Familie oder Sippe anlegt. Bei Kea lernen sie die alten Gesänge und von mir die Geschichten unseres Volkes und auch etwas vom Wissen der Druiden. Was glaubst du, welche Geschichten werden ihre Kinder von ihnen erzählt bekommen? Welche Lieder werden sie ihren Säuglingen vorsingen?«
    »Vermutlich unsere, aber ... «
    » Unsere «, unterbrach sie Caillean und nickte. »Die römischen Väter sehen ihre Kinder nur einmal am Tag beim Essen und werden bestimmt nichts dagegen haben. Für Römer ist alles, was Frauen sagen, ohne Bedeutung. Aber ganz Albion wird ihnen nach und nach mit den Kindern der Frauen entgleiten, die bei uns in Avalon erzogen worden sind!«
    Eilned hob die Augenbrauen und lachte. Sie schien etwas von Cailleans Gedanken begriffen zu haben. Die kleine Alia zum Beispiel war eindeutig nicht für das Leben als Priesterin bestimmt. Wenn sie nach Hause zurückkehrte, konnte sie bereits den Frauen ihrer Sippe erzählen, daß die Priesterinnen von Avalon bereit waren, Zöglinge aufzunehmen. Auch die Druiden würden den Vätern der adligen Familien, die an der alten Lebensweise festhalten wollten, sagen, daß ihre Töchter in Avalon willkommen seien.
    Weder die Römer mit ihren Söldnerheeren noch die Christen mit ihren Drohungen der Hölle würden etwas gegen die ersten Worte ausrichten können, die ein Kind von den Lippen seiner Mutter hört.
    Rom herrscht vielleicht über die Körper der Menschen , dachte Caillean erleichtert, wir aber werden ihre Seelen beschützen .

    Gawen wachte wie immer früh auf und konnte nicht mehr einschlafen. Durch einen Spalt im Schilfdach sah er das erste Grau des neuen Tages. Der alte Brannos schnarchte leise auf seinem Lager. Draußen hörte er das Rascheln von Gewändern und ein unterdrücktes Räuspern. Er blickte vorsichtig aus der Tür. Es war noch dunkel, nur im Osten verriet ein blasses Rosa, wo bald die Sonne aufgehen würde.
    In den zwei Wochen, die er nun schon auf Avalon lebte, hatte er den Tagesablauf der Druiden gelernt. Die Männer versammelten sich vor der großen Halle. Die Novizen trugen graue, die Priester weiße Gewänder. Sie machten sich in einer langen Prozession zur Begrüßung der Sonne auf den Weg und stiegen den Tor hinauf. Keiner sprach, das wußte Gawen, bis sich die Sonnenscheibe über den Hügeln zeigte. Es würde ein schöner Tag werden. Er lebte bereits lange genug bei Druiden, um das Wetter voraussagen zu können.
    Da er bestimmt nicht mehr einschlafen würde, zog er sich so leise wie möglich an, um den alten Barden nicht zu stören. Wenigstens mußte er nicht mehr bei den streng bewachten Novizinnen wohnen. Unbemerkt verließ er die Hütte. In der feuchten Luft lagen die aromatischen Düfte des frühen Morgens. Er blieb stehen und atmete lange und tief ein und aus.
    Die Prozession der Druiden hatte sich schweigend in Bewegung gesetzt und

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