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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sie zurückwichen. Und plötzlich griff niemand mehr an. Er blieb keuchend stehen.
    Die Briganten verschwanden über den Hügelkamm. Um ihn herum lagen die Getöteten im blutigen Gras. Die Kampfeswut schwand, und er ging stolpernd zurück zu Arius. Sein Freund lag mit blicklosen, weit geöffneten Augen auf dem Rücken. Neben dem Toten entdeckte Gawen den Adler der Neunten Legion. Einer der Briganten hatte ihn dorthin geworfen.
    Gawen dachte daran, Arius zu begraben. Er wollte ihm ein Heldenbegräbnis in einem Erdhügel bereiten, wo seine Feinde im Kreis um ihn herum lagen, und den Adler als Wahrzeichen und Erinnerung darauf setzen. Aber er wußte, daß er dazu nicht mehr die Kraft besaß. Außerdem würde es wenig bedeuten. Arius war tot wie die anderen auch. Selbst der Adler besaß keinen Wert mehr. Er war nur ein Vorwand, um noch mehr Männer zu töten.
    Ich gehöre nicht hierher!
    Das Schwert fiel ihm aus der Hand. Wie in Trance löste er die Verschnürung der schweren Ledertunika. Ohne die Rüstung fühlte er sich etwas wohler. Aber das viele Blut klebte noch an ihm. Das leise Plätschern von Wasser erinnerte ihn an den kleinen Bach. Schwankend ging er durch das Farnkraut zu der Stelle, wo sich ein kleiner Teich gebildet hatte. Dort warf er sich auf die Erde und tauchte das Gesicht in das kalte Wasser. Er wusch das Blut von Armen und Beinen, und als er sich sauber fühlte, trank er gierig von dem reinen Wasser. Doch das Blut, das er vergossen hatte, das Blut seines Volkes, befleckte seine Seele.
    Er ging bedrückt zum Kampfplatz, und sein Blick fiel wieder auf den goldenen Adler, der im Schein der untergehenden Sonne glänzte.
    »Du wirst in Zukunft nicht mehr das Leben von Männern fordern!« murmelte er, hob den Adler auf und lief damit zum Teich zurück. Das Symbol der römischen Macht verschwand schnell in dem dunklen Wasser und sank auf den Grund, wie so viele andere Schätze, die das Volk seiner Mutter den Göttern an Flüssen, Teichen und Seen geopfert hatte.
    Auf der anderen Seite des Hügels gingen der Kampf und das Töten weiter, aber hier blieb alles still. Gawen versuchte, sich darüber klarzuwerden, was er tun sollte. Nach allem, was geschehen war, konnte er nicht zurück zur Legion. Aber sein römisches Aussehen würde ihn bei den Stämmen zum Verräter stempeln. Nach kurzem Überlegen wußte er, es gab nur einen einzigen Platz, wo er willkommen war.
    Avalon!
    Plötzlich sehnte er sich nur noch danach, zur heiligen Insel zurückzukehren.

6. Kapitel
    Über Avalon lag der Frieden eines sonnigen Herbsttages. Die goldenen Sonnenstrahlen fielen durch die Blätter des Apfelbaums, ließen den duftenden Rauch schimmern, der von der Räucherpfanne aufstieg, und verliehen den Schleiern der Priesterinnen einen ebenso sanften Glanz wie den hellen Haaren der jungen Frau, die zwischen ihnen saß. Das Wasser in dem silbernen Becken, das vor ihr stand, kräuselte sich unter ihrem Atem und wurde wieder still. Caillean legte ihre Hand auf Siannas Schulter und spürte, wie die Spannung aus den Muskeln wich, als die Trance einsetzte. Sie nickte zufrieden. Sie hatte lange auf diesen Tag warten müssen.
    »Sianna, laß los ... So ist es richtig«, murmelte sie. »Einatmen ... und ausatmen ... laß das Wasser nicht aus den Augen.«
    Sie spürte das Zucken in den eigenen Augen, das eine Vision ankündigte, als sie die Zauberkraft der brennenden Kräuter einatmete, und drehte schnell den Kopf zur Seite, denn sie wollte ihr Bewußtsein fest in der Gegenwart verankern.
    Sianna seufzte. Sie sank nach vorne, und Caillean stützte sie. Die Hohepriesterin hatte nie daran gezweifelt, daß Sianna eine besondere Veranlagung für das innere Sehen mitbrachte. Aber es wäre nicht richtig gewesen, diese Fähigkeit zu nutzen, solange sie keine geweihte Priesterin war. Doch nach Siannas Einweihung war Gawen davongelaufen, und sie wurde so mager und zerbrechlich, daß Caillean ihr jede Ausübung des geheimen Wissens verboten hatte. Erst seit dem vergangenen Mond war Sianna wieder kräftiger geworden. Caillean hatte es mit Erleichterung bemerkt. Die Tochter der Fee gehörte zu den begabtesten unter den jungen Frauen, die sich auf Avalon hatten ausbilden lassen. Aufgrund ihrer Herkunft war das nicht erstaunlich. Die Hohepriesterin hatte an Sianna bewußt größere Anforderungen gestellt als an die anderen, und sie hatte alle Prüfungen bestanden. Wenn überhaupt jemand, dann würde Sianna in der Lage sein, das alte Wissen zu erlernen und es

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