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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bescheiden, aber seine Sippen konnten auf eine sehr große Geschichte zurückblicken.
    »Ich erinnere mich ... «, murmelte Gawen. Der Schwertgriff lag so selbstverständlich in seiner Hand, als sei die Waffe für ihn persönlich gemacht worden. Er hob das Schwert, und gespiegelte Feuerfunken tanzten über die Gesichter der Menschen, die sich um ihn drängten.
    »Dann nimmst du das Schwert an und wirst uns verteidigen?« fragte der Fährmann, und als Gawen nickte, fügte er hinzu: »Schwöre es!«
    Der König hob die Klinge mühelos. Noch vor einem Jahr hätte Gawen sie nicht in der Hand halten können. Jetzt ließ er sie mit einer geschickten Drehung über dem Kopf kreisen.
    Ein seltsames Spiel des Schicksals , dachte Caillean. Er hat bei den Römern gelernt, mit dem Schwert zu kämpfen, und kann so zum Beschützer all jener werden, die sie unterdrücken .
    »Ich habe der Göttin geschworen, IHR zu dienen«, erwiderte Gawen leise. »Jetzt verbinde ich mich mit euch und dem ganzen Land ... « Er senkte die Klinge und zog sie über die ausgestreckte Fläche seiner anderen Hand. Ohne jeden Druck, denn die Schneide war unvorstellbar scharf, quoll sofort dunkles Blut hervor und tropfte auf den Boden. »In diesem Leben und in diesem Körper«, rief er mit klarer, weithin tragender Stimme, »und im Einklang mit meiner Seele erneuere ich den Schwur, den ich einst abgelegt habe!«
    Caillean lief ein Schauer über den Rücken.
    Wieviel hatte Gawen wirklich in der vergangenen Nacht mit seinem inneren Auge gesehen? Hoffentlich werden die Erinnerungen mit der Zeit verblassen. Es ist schwer, ein normales Leben zu führen, wenn man sich zu gut an die früheren erinnert ...
    »Im Leben und im Sterben, Herr, werden wir dir dienen.« Der alte Fährmann berührte mit dem Mittelfinger das Blut im Gras und drückte ihn dann auf seine Stirn. Die anderen Männer in seiner Begleitung folgten seinem Beispiel und stellten sich wie eine Ehrenwache zu beiden Seiten auf. Die jungen Druiden sahen erstaunt, wie sich Gawen, den sie als einen der Ihren kannten, vor ihren Augen in einen Herrscher verwandelte.
    Caillean blickte zum Himmel auf. Die Sterne erreichten auf ihrer Bahn die mitternächtliche Stunde. Das Feuer war heruntergebrannt. Im ewigen Rhythmus der Kräfte kam der Wendepunkt der Nacht, und damit konnte das größte Mysterium des Lebens beginnen.
    »Wo ist Sianna?« fragte Gawen und sah sich suchend in der Menge um.
    Caillean antwortete als Hohepriesterin: »Du mußt jetzt den heiligen Ring der Steine betreten. Rufe dort deine Braut, und sie wird zu dir kommen.«
    Seine Augen strahlten, und er drehte sich wortlos um. Seine Eskorte bildete eine Gasse und nahm rechts und links neben dem Eingang mit den beiden Säulen Aufstellung.
    Gawen betrat den Kreis allein. Vor dem Altar blieb er kurz stehen, hob das Schwert mit beiden Händen und legte es ehrfürchtig auf den alten Stein. Er kniete nieder und senkte den Kopf. Dann stand er wieder auf und drehte sich um.
    »Sianna! Sianna! Sianna!« rief er dreimal, und seine Sehnsucht hallte durch alle Welten.
    Auf dem Tor blieb es still. Alle warteten.
    In der Ferne hörte man ein Klingen wie von hellen Silberglöckchen. Die Trommel begann wieder zu schlagen, aber diesmal schneller und schneller. Auf dem gewundenen Weg bewegte sich eine Lichterprozession den Tor hinauf.
    Bald sah Caillean die ersten Gesichter ... Es waren die Frauen des kleinen Volkes und andere Wesen, die sich in dieser Nacht unter die Menschen mischen konnten, da die Tore der Welten offenstanden.
    In ihrer Mitte trugen sie einen weißen Baldachin, den sie schützend über die Braut hielten. Die Musik wurde lauter, alle stimmten in den Brautgesang ein und schlossen sich dem Zug an, als er den Gipfel des Tors erreichte.
    Ein König bei seiner Krönung, ein Mann bei seiner Vermählung und ein Priester bei seiner Weihe - sie waren in diesem Augenblick erfüllt vom göttlichen Geist. Und Gawen, der die Braut erwartete, die man ihm zuführte, war König, Priester und Bräutigam zugleich.
    Und Sianna - die männliche Aura des Gottes mochte alle in ihren Bann ziehen, doch die Schönheit der Göttin hatte nicht ihresgleichen. Sie trug einen Kranz aus Weißdornblüten, und bei ihrem Anblick stockte Gawen der Atem. Denn während Gawen nach der langen Nacht seiner Einweihung schlief, war Sianna in das Reich ihrer Mutter heimgekehrt. Und nun kam die Tochter der Fee geschmückt mit den Juwelen der anderen Welt zu ihnen zurück.

    Gawen klopfte

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