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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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deshalb soll ein Feind sie finden, dessen Schwert sie tötet!«

10. Kapitel
    Teleri nahm eine Handvoll Wolle aus dem Korb und drückte sie an das Büschel am Spinnrocken in ihrer linken Hand. Mit der rechten hob sie den Faden, nahm die Spannung auf, setzte mit einer schnellen Drehung die Spindel in Bewegung und machte sich wieder daran, den Faden zu führen. Die Strahlen der Frühlingssonne wärmten ihr Rücken und Schultern.
    Die Ecke im Apfelgarten, in der sie saßen, war vor Wind geschützt und deshalb ein bevorzugter Platz in der kalten Jahreszeit. Die Priesterinnen kamen gern hierher und freuten sich daran, zu beobachten, wie die Sonne die ersten Knospen aufblühen ließ.
    »Dein Faden ist so gleichmäßig.« Die kleine Lina seufzte und starrte unzufrieden auf den knotigen Faden an ihrer Spindel.
    »Ich hatte sehr viel mehr Gelegenheit zum Üben als du«, erwiderte Teleri lächelnd. »Ehrlich gesagt, ich hatte nicht damit gerechnet, daß dieses Können von den Frauen hier erwartet wird. Aber solange Fürsten und Priesterinnen Gewänder brauchen, muß jemand den Faden für das Tuch spinnen.« Sie lachte. »Die Frauen im Haushalt meines Vaters redeten beim Spinnen über nichts anderes als über Männer und Kinder. Hier unterhalten wir uns wenigstens über sinnvolle Dinge.« Sie blickte dankbar auf die alte Cigfolla, die ihnen erzählt hatte, wie die Gemeinschaft der Priesterinnen auf Avalon entstanden war.
    Lina runzelte die Stirn. »Einige der Priesterinnen haben auch Kinder. Dierna zum Beispiel hat drei. Sie sind wirklich süß. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als einen Säugling in meinen Armen zu halten.«
    »Ich nicht!« Teleri schüttelte energisch den Kopf. »Die Frauen im Haushalt meines Vaters schienen nichts anderes zu können, als Kinder zu kriegen.« Sie lachte leicht verlegen und fügte hinzu: »Vielleicht wünscht man sich immer das, was man nicht bekommt.«
    »Wir haben wenigstens die Wahl«, sagte eines der anderen Mädchen. »Die Priesterinnen von Avalon können Kinder haben, aber sie müssen es nicht. Wir bekommen unsere Kinder nach dem Willen der Göttin und aus eigenem Entschluß, aber nicht, um einem Mann zu gefallen!«
    Dann werde ich bestimmt keine haben , dachte Teleri und griff wieder nach einem Büschel Wolle.
    Durch das Erbarmen der Göttin und durch Diernas Eingreifen war sie noch immer eine Jungfrau. Sie fand das so am besten. Außerdem hatte sie gelobt, keusch zu bleiben, bis die Ausbildung abgeschlossen und sie zur Priesterin geweiht worden war. Im Haus ihres Vaters war sie die Jüngste gewesen, aber im Haus der Jungfrauen von Avalon war sie die Älteste. Die adligen Töchter, die von ihren Vätern zur Vorbereitung auf ihre Vermählung zu den Priesterinnen geschickt wurden, waren meist sehr viel jünger. Teleri hatte befürchtet, die anderen würden sie auslachen, weil sie überhaupt nichts wußte. Das geheime Wissen schien so unendlich groß, und sie mußte soviel lernen. Im Haus ihres Vaters hatte sie die besten Jahre ungenutzt vorübergehen lassen. Nach der abenteuerlichen Reise mit Dierna hatte etwas von der wundersamen Rettung der Hohepriesterin auf sie abgefärbt. Alle sahen in ihr von Anfang an eine ältere Schwester. Sie würde allerdings nicht mehr lange bei den Jungfrauen sein. Über ein Jahr war bereits vergangen. Im nächsten Sommer würde sie das Gelübde ablegen und Priesterin werden.
    Teleri bedauerte jedoch, daß sie Dierna so wenig sah. Nach der Rückkehr auf die Insel war die Hohepriesterin von ihren Pflichten in Anspruch genommen und hatte wenig Zeit für die Novizinnen. Teleri tröstete sich damit, daß sie auf der Reise der Herrin so nahegekommen war. Die anderen beneideten sie deshalb, aber niemand ahnte, daß sie manchmal nachts noch immer schluchzend aufwachte, weil der Pirat sie in ihren Träumen vergewaltigen wollte.
    Die Spindel wurde vom Gewicht der gesponnenen Wolle zunehmend schwerer. Teleri ließ sie so weit sinken, bis die Spitze den Steinboden berührte, und verlängerte dabei den Faden zwischen Fingern und Stiel. Sie würde das Garn umspulen, wenn die Wolle im Korb gesponnen war.
    Die alte Cigfolla übertraf trotz ihrer steifen Finger alle jungen Priesterinnen. Sie spann aus Flachs einen unvergleichlich feinen Faden. Die Wolle, die sie verarbeiteten, kam von eigenen Schafen, aber der Flachs war ein Tribut, den die adligen Familien den Priesterinnen zahlten. Vielleicht stammte der Flachs, den die alte Cigfolla gerade spann, aus den Beständen

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