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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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keine Angst!«
    »Ich habe keine Angst. Ich bin wütend!« fauchte Viviane.
    »Warum zitterst du dann so, daß du kaum meine Hand halten kannst?« Das blonde Mädchen lachte. »Es gibt wirklich keinen Grund, Angst zu haben. Die Herrin beißt nicht. Sie bellt auch nicht oft, wenn du vorsichtig bist mit dem, was du sagst. Glaub mir, die Zeit wird kommen, wo du froh bist, hier zu sein.«
    Viviane schüttelte den Kopf und dachte: Wenn sie zornig geworden wäre, hätte ich vielleicht geglaubt, daß sie mich liebt ...
    »Manchmal ist sie ungeduldig. Aber du darfst dir nie anmerken lassen, daß du dich vor ihr fürchtest. Das macht sie sehr böse. Und sie darf dich nie weinen sehen.«
    Dann war mein Trotz ein guter Anfang , dachte Viviane. So hatte sie sich das Wiedersehen mit ihrer Mutter jedoch nicht vorgestellt.
    »Hast du sie früher schon einmal gesehen?«
    »Sie ist meine Mutter«, sagte Viviane und freute sich über Rowans Verblüffung. »Aber ich bin sicher, du kennst sie besser als ich. Ich habe sie schon sehr lange nicht mehr gesehen.«
    »Ich frage mich, warum sie uns das nicht gesagt hat!« rief Rowan. »Vielleicht dachte sie, wir hätten Angst vor dir oder würden dich anders behandeln. Vielleicht liegt es aber auch daran, daß wir in gewisser Hinsicht alle ihre Kinder sind. Jetzt gibt es hier vier Novizinnen«, fuhr Rowan unbekümmert fort. »Dich und mich, Fianna und Nella. Wir schlafen alle im Haus der Jungfrauen.«
    Inzwischen hatten sie das Gebäude erreicht. Rowan half ihr, die Reisekleider auszuziehen und sich zu waschen. Viviane bedauerte es zu diesem Zeitpunkt nicht, die weltliche Kleidung abzulegen. Sie hätte sich mit einem Sack abgefunden, wenn er nur trocken und sauber gewesen wäre. Rowan gab ihr ein Gewand aus dicht gewebter Wolle von der Farbe frischer Hafergrütze. Darüber zog sie einen grauen Wollumhang, der an den Schultern festgesteckt wurde.
    Als sie in die Halle kamen, sahen sie, daß sich die Herrin ebenfalls umgezogen hatte. Alle Spuren der alten Frau waren verschwunden. Sie stand in einem Gewand und einem Mantel von dunkelblauer Farbe mitten im Raum. Auf dem Kopf trug sie einen Kranz aus Herbstbeeren. Als Viviane ihr diesmal in die Augen blickte, erkannte sie nicht die Mutter, an die sie sich erinnerte. Es war das gleiche Gesicht, das ihr entgegensah, wenn sie sich in einem Teich im Wald betrachtete.
    »Jungfrau, sage mir, warum bist du nach Avalon gekommen?«
    »Weil du mich hast holen lassen«, erwiderte Viviane. Sie sah, wie sich die Augen ihrer Mutter vor Zorn verdunkelten. Doch sie erinnerte sich an Rowans Rat und sah sie furchtlos an. Das nervöse Gelächter der Mädchen hinter ihr verstummte nach einem tadelnden Blick der Herrin.
    »Suchst du aus freiem Willen Aufnahme bei den Priesterinnen von Avalon?« fragte die Herrin und sah Viviane dabei unverwandt in die Augen.
    Das ist wichtig , dachte Viviane. Sie konnte Taliesin den ganzen Weg bis Mona schicken, um mich zu holen. Aber weder er noch sie können mich zwingen hierzubleiben. Trotz all ihrer Macht muß sie sich meiner Antwort fügen! Sie braucht mich, und das weiß sie .
    Einen Augenblick dachte Viviane daran, mit ›Nein‹ zu antworten.
    Schließlich bestimmte jedoch weder die Liebe zu ihrer Mutter noch Angst ihre Entscheidung, auch nicht der Gedanke an die kalte Welt draußen. Auf der Fahrt über das Wasser und schon früher, während der Reise mit Taliesin, waren Sinne erwacht, die geschlafen hatten, solange sie auf dem Bauernhof lebte. Sie hatte einen Vorgeschmack der anderen Welten bekommen, die ihr Erbe waren, und sie wollte mehr davon wissen.
    »Aus welchen Gründen ich auch immer gekommen bin, ich will aus freiem Willen hier bleiben«, sagte sie laut und deutlich.
    »Dann nehme ich dich im Namen der Göttin auf. Von nun an bist du Avalon geweiht.«
    Zum ersten Mal seit Vivianes Ankunft schloß ihre Mutter sie in die Arme.
    Alles andere an diesem Abend nahm Viviane nur undeutlich wahr - die Ermahnung, alle Frauen der Gemeinschaft als ihre Verwandten zu betrachten, die Namen, mit denen sie ihr vorgestellt wurden, auch ihr eigenes Gelübde, rein zu bleiben.
    Das Essen war schlicht, schmeckte aber gut. Viviane konnte sich in der Wärme des Feuers nicht länger gegen ihre Erschöpfung wehren und schlief schon halb, als das Mahl zu Ende war. Lachend nahmen die anderen Mädchen sie mit sich in das Haus der Jungfrauen, führten sie zu ihrem Bett und gaben ihr ein Nachthemd aus Leinen, das nach Lavendel duftete.
    Aber als

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