Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
sich ihm näherte und deren schlanke Gestalt in die Nebel des Feenlandes gehüllt war, eine Fee zu sein. Sie trug den Kopf so hoch, ihr Schritt war so leicht, daß er nicht erkennen konnte, ob sie den Boden berührte. Aber wenn sie eine Vision war, dann war es eine von Avalon, denn ihr gleitender Schritt war der Gang einer Priesterin.
    » Kornfelder schimmern im Sommer gold und rot .«
    Er sah sie wie in einer Trance, und seine Finger glitten mühelos über die Saiten. Er kannte sie, und doch war sie eine Fremde, denn sein Herz rief nach dem unschuldigen Kind, das er liebte. Hier aber kam eine schöne junge Frau.
    » Geschnitten und gemahlen für Brot .«
    Dann rief sie seinen Namen, und der Bann war gebrochen. Er konnte gerade noch die Harfe neben sich legen, bevor sie in seine Arme sank.
    »Viviane«, er legte ihr begütigend die Hand auf den Rücken und war sich dabei bewußt, daß er nicht den Körper eines Mädchens in den Armen hielt. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    Sie richtete sich auf und sah ihn an. »Du hattest Angst. Ich habe es an deinem Lied gehört. Und meine Mutter? Hat sie auch Angst? Ich habe mich gefragt, ob man inzwischen die Sümpfe nach mir absucht.«
    Taliesin überlegte. Die Herrin hatte wenig gesagt, doch er hatte die Panik in ihren Augen gesehen. »Auch sie hat Angst, aber warum bist du davongelaufen?«
    »Ich war wütend«, antwortete Viviane. »Ich werde es nicht wieder tun ... auch wenn das Kind dasein wird. Hast du es gewußt?« fügte sie plötzlich hinzu, und er nickte.
    »Es ist bei den Mittsommer-Feuern geschehen.« Er sah an ihren Augen, daß sie langsam begriff, und er staunte über sich, weil er sich schämte.
    »Diesmal«, sagte sie leise, »erinnerst du dich also. Jetzt braucht mich keiner mehr von euch, weder du noch sie.«
    »Viviane, so ist es nicht!« Taliesin wollte beteuern, daß er ihr immer ein Vater sein werde, besonders jetzt, wo ihre Mutter von ihm schwanger war. Doch sie glich in diesem Augenblick so sehr der jungen Ana. Ihm wurde klar, daß er nicht nur väterliche Gefühle für sie hegte. Deshalb wußte er nicht, was er sagen sollte.
    »Sie weiht mich nicht zur Priesterin! Was kann ich tun?«
    Taliesin war ein Druide, und mochte der Mann in ihm auch verwirrt sein, so reagierte der Priester auf diesen Hilferuf.
    »Etwas kannst du tun, gerade weil du Jungfrau bist«, sagte er. »Es ist etwas, für das wir wirklich jemanden brauchen. Die vier Schätze befinden sich in der Obhut der Druiden. Unsere Priester können Schwert und Speer betreuen und eine Frau den Teller. Aber der Becher sollte einer Jungfrau anvertraut sein. Willst du diese Verantwortung übernehmen?«
    »Wird meine Mutter das zulassen?«
    Er sah, wie sich die Zweifel in ihrem Gesicht in Ehrfurcht verwandelten.
    »Ich glaube, es ist der Wille der Göttin, daß du es tust, Viviane. Dem Gebot der Göttin wird sich selbst die Herrin von Avalon nicht widersetzen.«
    Sie lächelte, doch Taliesins Herz war noch immer schwer. Er hatte einen neuen Vers, der zu seinem Lied zu gehören schien.

    » Mädchen tanzten fröhlich und heiter.
Aber ach, das harte Leben geht weiter,
und mein Herz blutet und ist leer.
Erwachsen zur Frau, ihr Dasein ist schwer.
Gewiß, sie kommt durch Wiese und Wald,
Doch nie mehr so schön, sondern gebückt und alt .«

    Im Westen beeilten sich die Männer, das Korn zu schneiden, als die Erntezeit näher kam, denn die Sachsen hielten mit blutigen Schwertern ihre eigene Ernte. Gerüchte flogen wie krächzende Krähen durch das Land. Ein Trupp Krieger unter Hengist hatte Calleva niedergebrannt, während ein anderer unter Führung seines Bruders Horsa vor Venta Belgarum erfolglos blieb, dafür jedoch Sorviodunum zerstört hatte. Wenn sie Lust hatten, plündernd weiterzuziehen, würden sie sich gewiß nach Norden wenden und reiche Beute in Aquae Sulis und den Hügeln von Mendip machen. Doch es gab noch einen anderen, weniger benutzten Weg nach Westen. Er führte geradewegs nach Lindinis. Die Sachsen waren vielleicht nicht zahlreich genug, um diese Gebiete zu besiedeln, doch ihre Krieger reichten aus, um das Leben darin zu lähmen, so daß sie bei einer späteren Besiedlung leichte Beute sein würden. Die Barbaren, so sagte man, interessierten sich nicht für Städte oder Werkstätten. Wenn sie den geplünderten Wein ausgetrunken hatten, griffen sie wieder zum Bier. Sie wollten Land, hochliegendes Land, das nicht wie ihre Heimat von den salzigen Wogen der See überflutet werden

Weitere Kostenlose Bücher