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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wird.«
    Während sie warteten, ging die Dämmerung in die Nacht über. Trotz der Dunkelheit blieb alles im Kreis wie von einem inneren Licht erhellt, zugleich deutlich und undeutlich sichtbar. Die leuchtenden Sterne zogen wie eh und je über den Himmel. Doch Zeit hatte in dieser Nacht wenig Bedeutung. Viviane wußte nicht, wie lange es dauerte, bis Taliesin sich wieder bewegte und zu flüstern begann.
    »Schläfer, erwache! Ich rufe dich im Namen von IHR, die mit den Sternen das Leben hervorbringt. Sprich in der Sprache der Menschen und sage uns, was DU gesehen hast.«
    Ana kniete vor ihm nieder, während er sich an den Stein gelehnt langsam aufrichtete.
    »Drei Könige werden es sein, die um die Macht kämpfen. Der Fuchs, der herrscht, aber nach ihm werden der Adler und der Rote Drache versuchen, das Land zu regieren.«
    Taliesin sprach langsam und wie aus weiter Ferne, als träume er. »Werden sie die Sachsen vernichten?« fragte Vortimer.
    »Der Falke wird den Weißen Drachen in die Flucht jagen, doch der Rote Drache wird einen Sohn zeugen, der nach ihm kommt. Er wird der Sieger über den Weißen Drachen sein.«
    »Und was wird aus dem Falken?« begann Vortimer, aber Taliesin unterbrach ihn.
    »Im Leben wird der Falke niemals herrschen. Im Tod mag er für immer über Britannien wachen.«
    Der Kopf des Druiden sank auf seine Brust, und die Stimme senkte sich zu einem Flüstern.
    »Suche nicht noch mehr zu erfahren ... «
    »Ich verstehe nicht.« Vortimer war verwirrt. »Ich bin bereits der Göttin geweiht. Was will SIE von mir? Das ist einerseits zuviel Wissen, andererseits zuwenig. Rufe die Göttin und laß mich IHREN Willen hören.«
    Viviane sah ihn erschrocken an. Sie wollte ihn zur Vorsicht mahnen, denn Worte, die in dieser Nacht und an diesem Ort gesprochen wurden, besaßen göttliche Macht.
    Taliesin erhob sich mühsam, schüttelte den Kopf und rang nach Luft, als tauche er aus tiefem Wasser auf.
    »Rufe die Göttin!« Vortimer sagte das als Prinz, der gewohnt war zu befehlen. Der Druide hatte sich noch nicht ganz aus der Trance befreit und gehorchte ohne Widerspruch.
    Vivianes Körper krümmte sich, als die beschworenen Energien auf den Ruf reagierten. Doch sie konzentrierten sich auf ihre Mutter, die bisher nicht eingegriffen hatte. Jetzt aber vollzog sich die große Veränderung.
    Vortimer sank auf die Knie, als sich die kleine Gestalt der Hohepriesterin plötzlich ins Übermenschliche zu vergrößern schien. Leises Lachen hallte von den Steinen wie Donnergrollen. SIE stand einige Augenblicke ruhig da, hob die Arme und bewegte prüfend die Finger. Dann wurde SIE so regungslos wie eine Statue und blickte von Vivianes erschrockenem Gesicht zu Taliesin, dessen bestürzte Miene verriet, daß er erst jetzt begriff, was er unvorbereitet und ohne Einwilligung der Herrin gewagt hatte.
    Vortimer schien jedoch noch immer zu allem entschlossen. Er warf sich vor der Göttin auf die Erde und rief flehend: »Hilf uns, Herrin!«
    »Was wirst du mir geben?« IHRE Stimme klang gelangweilt und etwas belustigt.
    »Mein Leben.«
    »Das hast du MIR bereits angeboten, und ICH werde es MIR nehmen. Aber jetzt noch nicht. Heute nacht fordere ICH ... « SIE sah sich um und lachte noch einmal » ... das Opfer einer Jungfrau!«
    Die plötzliche Stille schien sehr lange anzuhalten. Viviane blieb Zeit, sich zu fragen, ob ihre Mutter endlich einen Weg gefunden habe, sie loszuwerden. Taliesins Hand umklammerte mit weißen Knöcheln so fest den Messergriff, als fürchte er, der Dolch könnte sich aus seinem Griff befreien. Er schüttelte den Kopf.
    »Laß DIR das Blut des Schweins genügen, Herrin. Das Mädchen wirst DU nicht bekommen.«
    Die Göttin sah ihn lange und prüfend an. Um den Kopf der übermenschlichen und unmenschlichen Gestalt schienen die Schatten fliegender Raben zu kreisen. Da wußte Viviane, daß Ceridwen, die Dunkle Mutter des Grals, zu ihnen gekommen war.
    »Ihr habt geschworen, MIR zu dienen«, sagte SIE streng. »Und doch wollt ihr MIR das eine nicht geben, was ICH verlange?«
    Viviane stellte fest, daß sie sprach, ohne es zu wollen. Ihre Stimme klang jedoch belegt. »Was würdest DU gewinnen, wenn DU das Opfer bekommst?«
    »ICH würde nichts gewinnen. ICH habe bereits alles!« Sie begann zu lachen. »Du würdest lernen ... « SIE hob die Stimme, und es klang wie Donnergrollen, » ... lernen, daß das Leben nur durch den Tod kommen kann. Denke an MEINE Worte. Eine Niederlage bringt den Sieg.«
    Das ist eine

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