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Die Herrin von Rosecliffe

Die Herrin von Rosecliffe

Titel: Die Herrin von Rosecliffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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verstummten aber sofort und neigten respektvoll die Köpfe, als sie die junge Burgherrin sahen. Isolde nickte ihnen zu und setzte ihren Weg zum Waschhaus fort. Doch inwendig kochte sie vor Wut. Geschickte Finger? Besonders einfühlsam? War von Reevius die Rede gewesen? Nein, ausgeschlossen!
    Aber wer könnte sonst gemeint gewesen sein?
    Isolde knirschte mit den Zähnen. Wusste Emelda das aus eigener Erfahrung? Die Frau galt als ungemein lebenslustig … Hatte Reevius die Nacht mit ihr verbracht?
    Nachdem sie einen Beutel Salz, mit dem Flecken beseitigt werden konnten, im Waschhaus abgeliefert hatte, machte sie einen Kontrollgang durch die Küche und brachte Kräuter, die vorerst nicht benötigt wurden, in, die Gewürzkammer zurück. Eigentlich hätte sie auch die Weber und Näherinnen besuchen und loben sollen, damit deren Arbeitseifer nicht erlahmte, aber sie verspürte dazu nicht die geringste Lust.
    Unschlüssig stand sie auf dem Innenhof herum und beobachte das übliche geschäftige Treiben. Sie wollte allein sein, um in Ruhe ihre reichlich verworrenen Gefühle ordnen zu können. Aber wohin könnte sie sich flüchten? Im Kräutergarten arbeitete der erste Gärtner,
    auf dem Wehrgang drehten die Wachposten ihre Runden, der Waffenschmied hämmerte in seinem Schuppen unweit der Stallungen, Maurer schufteten auf den Gerüsten, eine Milchmagd melkte die Kühe ... Überall wimmelte es von Männern, Frauen und Kindern, die
    dafür sorgten, dass man auf Rosecliffe Castle sicher und angenehm leben konnte.
    Anstatt ihren eigenen Pflichten nachzugehen, schweifte Isolde ziellos umher, bis die Halle sich zum Mittagessen füllte. Die Hauptmahlzeit würde Reevius sich doch bestimmt nicht entgehen lassen ...
    Seine drei Gefährten waren pünktlich zur Stelle und ließen es sich am selben Tisch wie am Abend zuvor schmecken. Doch der bärtige Spielmann fehlte - ebenso wie Emelda!
    Obwohl Isolde wusste, dass sie sich wie eine komplette Närrin benahm, konnte sie weder ihre Enttäuschung noch ihren Zorn unterdrücken, stürmte gleich nach dem Essen in ihr Schlafzimmer hinauf und machte es sich im Schneidersitz auf dem Bett bequem. Ihr fiel ein, dass sie schon einmal einen solchen wilden Aufruhr unverständlicher Gefühle erlebt hatte: als Mädchen war sie in ihren Onkel Jasper verliebt gewesen und hatte sich einzureden versucht, dass er sie eines Tages heiraten würde. Dann hatte er Rhonwen kennen gelernt, und Isoldes kindische Träume waren wie Seifenblasen geplatzt. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie unmöglich sie sich damals vor rasender Eifersucht aufgeführt hatte. Und einige Jahre später hatte sie für einen Knappen ihres Onkels geschwärmt und wochenlang der ganzen Welt gegrollt, als der fröhliche junge Bursche zusammen mit Jaspers Familie nach Bailwyn Castle umziehen musste.
    Während sie jetzt in dem stillen Zimmer saß, schnitt Isolde eine Grimasse. Sie war kein zehn- oder dreizehnjähriges Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau von fast zwanzig Jahren, von der man ein reiferes Benehmen erwarten konnte, als sie es im Augenblick an den Tag legte.
    Wütend auf sich selbst suchte sie nach einer logischen Erklärung für ihr plötzliches Verhalten. Gewiss, sie war frustriert weil ihr Vater sie gegen ihren Willen verheiraten wollte, und noch vielfrustrierter war sie, dass er sie hier zurückgelassen hatte, während die ganze übrige Familie an der Krönung teilnehmen würde.
    Doch das waren keine ausreichenden Erklärungen für die Faszination, die der fahrende Sänger auf sie ausübte. Mit gerunzelter Sti rn , das Kinn auf die Hände gestützt versuchte sie sich über ihre sonderbaren Gefühle klar zu werden.
    Reevius war jung, groß und attraktiv - sehr attraktiv. Hinzu kam noch, dass in seiner Brust das Herz eines Poeten schlug. Die Ritter und Lords, die sie kannte, interessierten sich nur für Politik, für die Jagd, für Waffen und Pferde. Diese harten Krieger hatten nichts Romantisches an- sich, während der fremde Spielmann eine unglaublich romantische Gestalt war.
    Seufzend betrachtete Isolde seine Laute, die sie vorsichtig auf eine Truhe gelegt hatte. Was für herrliche Klänge er dem Instrument entlocken konnte! Und seine tiefe melodische Stimme löste unerklärliche Schwingungen in ihrem Körper und ihrer Seele aus ...
    Doch sie befürchtete, dass es nicht nur sein ansprechendes Äußeres und sein beachtliches musikalisches Talent war, was einen solchen Reiz auf sie ausübte. Als ihre Blicke sich zum ersten

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