Die Herrin von Rosecliffe
durfte nichts überstürzen. Und war es nicht ein Vergnügen ganz besonderer Art herauszufinden, ob er das Mädchen verführen konnte? Behutsam streichelte Rhys die wunden Fingerspitzen. »Vielleicht sollten wir den nächsten Unterricht auf morgen verschieben«, schlug er vor.
»O nein; ich schaff das schon«, widersprach Isolde.
Er hob ihre Hand etwas an und blickte ihr tief in die Augen. »Seid Ihr ganz sicher?«
Hätte sie züchtig die Lider gesenkt und ihm ihre Hand entzogen, hätte Rhys sich beherrscht und mit dem Unterricht begonnen. Doch sie hielt seinem Blick stand, und obwohl sie nichts sagte, standen unausgesprochene Wünsche ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Er zweifelte nicht daran, dass Isolde Fitz Hugh wirklich Laute spielen lernen wollte. Doch noch viel mehr ersehnte sie sich Unterricht in ganz anderen Dingen.
Und auch darin war Rhys ein guter Lehrmeister. Viele Frauen - Engländerinnen! - hatten ihm in den letzten Jahren glaubhaft versichert er sei ein wunderbarer Liebhaber. Warum sollte er sein Können nicht auch bei der Tochter seines Feindes auf die Probe stellen?
Eine leise innere Stimme warnte ihn, dass das seine Pläne gefährden könnte, aber die Versuchung war viel zu groß ... Rhys führte Isoldes zarte Hand an seine Lippen und küsste die weiche Handfläche. Es war nicht der artige angedeutete Handkuss eines Höflings.
Es war der erste Schritt einer kunstvollen Verführung …
Kapitel 6
Isolde glaubte ohnmächtig zu werden, als Reevius seine Lippen auf ihre Hand presste. Ihr Magen schien sich zu verknoten, ihre Haut prickelte, ihr war heiß und kalt und ihre Brustwarzen schwollen zu prallen Knospen an. Ihr Körper entwickelte plötzlich einen eigenen Willen, gegen den ihr Verstand nicht ankam. Und als dann noch eine feuchte Zunge auf ihrer empfindsamen Handfläche zu kreisen begann, hielt sie den Atem an, völlig überwältigt von nie gekannten Gefühlen.
Was geschah nur mit ihr? Was machte Reevius?
Er küsste jetzt ihre wunden Fingerspitzen – eine nach der anderen, sanft und doch beharrlich, so als wollte er den Schmerz aussaugen. Aber wie war es nur möglich, dass diese zarte Liebkosung ihren Willen lähmte und ihr Blut in Wallung brachte?
Liebespaare tauschten Küsse und schliefen miteinander, um Kinder zu zeugen, das wusste Isolde. Es ging ähnlich vonstatten wie die Paarung von Tieren, auch das wusste sie. Aber nicht einmal ihre Mutter hatte sie auf diese unvorstellbare Erregung vorbereitet auf dieses Feuer in ihrem Bauch, das nur durch heiße Lippen auf ihrer Hand ausgelöst wurde »Reevius ... «, hauchte sie hingerissen.
Er hob den Kopf. »Was wollt Ihr von mir, Mylady? Nur Musikunterricht - oder mehr?«
Isolde konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er hielt immer noch ihre Hand, er schaute sie immer noch mit diesen dunklen Augen an, die sie an einen unergründlich tiefen See mit wilden Strudeln erinnerten ...
Seine Frage war berechtigt. Was wollte sie von ihm? Musikunterricht - oder mehr?
Mehr, gestand sie sich in völliger Aufrichtigkeit ein. Aber nicht hier ... nicht jetzt ...
Niemals, meldete sich die Stimme der Vernunft leise zu Wort.'
Sie ballte ihre Hand zur Faust, entzog sie ihm und senkte die Lider. »Ich will ... « Sie schluckte. »Ich will nur Laute spielen lernen, weiter nichts.« Eigentlich müsste sie ihn wegen seiner Unverschämtheit tadeln, aber das brachte sie nicht fertig. »Vielleicht ...- vielleicht sollten wir doch lieber in die Burg zurückkehren.«
»Wie Ihr wollt.« Er stand geschmeidig auf und streckte ihr die Hand entgegen.
Isoldes Erleichterung über seine Nachgiebigkeit war vermischt mit herber Enttäuschung, dass er sie nicht beharrlicher umwarb. So sündhaft das auch sein mochte - sie sehnte sich nach einem richtigen Kuss von diesem Mann ... nach einem Kuss auf den Mund ...
Sie starrte seine ausgestreckte schwielige Hand an und wusste genau, dass es gefährlich war, ihn zu berühren, konnte der Versuchung aber nicht widerstehen und überließ ihm ihre zarten Finger. Während Reevius ihr auf die Beine half, spürte sie wieder ganz intensiv seine Kraft und glaubte mehr denn je, dass zwischen ihnen irgendeine rätselhafte Beziehung bestand, die über körperliche Anziehungskraft weit hinausging. Anstatt sie sofort loszulassen, zog er sie noch näher an sich heran, und die Glut in seinen dunklen Augen jagte ihr einen seligen Schauer über den Rücken.
»Ich möchte mehr als nur Eure Hand küssen, Isolde ... Solltet Ihr
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