Die Herrin von Rosecliffe
erwiderte Tillo ruhig. »Ich möchte meinen Lebensabend irgendwo verbringen, wo Frieden und Zufriedenheit herrschen. Deshalb bin ich dir hierher gefolgt. Aber du findest keinen Frieden, Rhys, und zufrieden bist du auch nicht. Allmählich frage ich mich, ob du jemals zur Ruhe kommen wirst.«
»Dann geh doch!«, brüllte Rhys und deutete auf die Tür. »Niemand wird dich aufhalten.«
Tillo schaute von ihm zur Tür, dann zur Treppe. »Lass sie mit mir gehen.«
»Nein!«
Das Wort entfuhr Rhys' Mund so heftig, dass er selbst über seinen Zorn erschrak. Er rief sich wieder ins Gedächtnis, dass der alte Mann nicht sein Feind, sondern ein langjähriger Freund war, dem er viele weise Ratschläge verdankte, und stieß einen schweren Seufzer aus. »Wir sollten nicht streiten, Tillo ... Bald werden die Fitz Hughs zurückkehren, ich werde sie besiegen, und dann wird hier Ruhe und Frieden einkehren, das wirst du sehen.«
Tillos altes Gesicht spiegelte beredt all das erlittene Leid eines langen schweren Lebens wider. »Dann wird es vielleicht zu spät sein«, murmelte er. » Wahrscheinlich viel zu spät ...« Er zog seinen violetten Umhang fester um den mageren Körper, öffnete mühsam die schwere Tür und verschwand in der Dunkelheit. Ein eisiger Windstoß fegte durch die Halle, und Rhys fröstelte. Doch gleich darauf redete er sich ein, dass alles ganz normal war: der Winter musste immer kälter werden, bevor es wieder Frühling werden konnte und das Leben musste immer schlimmer werden, bevor es besser werden konnte.
Er würde beides überstehen. Eines Tages würde er nicht mehr frieren und zufrieden sein ...
»Schür das Feuer!«, befahl er einem Pagen, der ihn ängstlich ansah. »Schür das Feuer hier im großen Kamin und dann auch das in meinem Schlafzimmer! «
An dem unschuldigen Jungen würde Isolde ihre Wut bestimmt nicht auslassen. Wenn sie es nicht tut, ist sie ein besserer Mensch als du, sagte ihm eine leise innere Stimme.
»Nein, lass gut sein - um das Feuer in meinem Zimmer werde ich mich selbst kümmern«, rief er dem davoneilenden Pagen nach.
»Ihr, Mylord?« Der Junge konnte es nicht fassen, dass der neue Herr solche Arbeiten selbst ausführen wollte.
»ja«, bestätigte Rhys grimmig und schaute zur Treppe hinüber. »Das muss ich selber machen, gla ube ich«, fügte er leise hinzu.
Kapitel 18
Rhys rechnete damit sein Zimmer verwüstet vorzufinden. Doch Isolde hatte weder Möbel zerschlagen noch seine Besitztümer angetastet. Sie hatte etwas Schlimmeres getan ...
Obwohl nur eine einzige Lampe brannte, konnte er deutlich sehen, dass sie ihren ohnmächtigen Zorn an dem Wandgemälde abreagiert hatte. Ein Kunstwerk, geschaffen in Tagen harter Arbeit war in wenigen Minuten zerstört worden!
»Uffern dan!«, fluchte Rhys fassungslos und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Was ist nur in sie gefahren?«
Etwas bewegte sich im Halbdunkel zu seiner Linken. Jemand! Dann trat sie stolz zwischen ihn und die wüste Schmiererei aus Farben und Wasser, die jetzt die ganze Wand bekleckste. »Na, gefällt es dir?«, fragte sie sarkastisch und starrte ihn herausfordernd an. »Ich finde, dass es so wesentlich besser aussieht!«
»Verdammt Weib! « Er ging drohend auf sie zu, und sie wich zurück, reckte aber immer noch trotzig das Kinn. Hätte er nicht die feuchten Tränenspuren auf ihren Wangen und den fast irren Glanz in ihren riesigen grauen Augen gesehen, wäre er wahrscheinlich völlig außer sich geraten. So aber packte er sie nur bei den Armen und schüttelte sie leicht. Im Grunde wollte er sie nicht bestrafen, sondern trösten. Am liebsten hätte er sie geküsst doch das wäre denkbar unklug ...
Um nicht in Versuchung zu geraten, hielt er sie auf Armeslänge von sich ab. »Wie konntest du dein eigenes Werk zerstören?«
»I ch hasste es! «
»Wenn du es wirklich gehasst hättest, hättest du nicht so intensiv daran gearbeitet und nicht ein so leidenschaftliches Bild geschaffen.«
»Es war abscheulich!«
Rhys hielt ihre Handgelenke so fest umklammert dass er ihren schnellen Pulsschlag unter seinen Fingern spürte. Weil er selbst zeit seines Lebens von Hass erfüllt gewesen war, konnte er ihre Gefühle sehr gut verstehen, war aber trotzdem nicht bereit sich erweichen zu lassen. »Du wirst es noch einmal malen müssen!«
Sie schüttelte eigensinnig den Kopf.
»Du wirst tun, was ich dir befehle, Isolde - oder du wirst die Konsequenzen tragen müssen!«
Ihre Augen wurden etwas dunkler, aber sie
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