Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
Vom Netzwerk:
Brot, Käse und kaltem Fleisch zu stärken. Jeder hatte zumindest ein wenig Jagdglück gehabt, und so würde man also genügend Federwild für ein bescheidenes Mahl nach Hause bringen. Sogar Gunnor war ausnahmsweise in guter Stimmung. In den letzten Tagen hatte sie ihre spitze Zunge beherrscht. Alaine beschloß zu glauben, sie habe sich wohl gewandelt.
    Als das Mahl beendet war und die Gesellschaft erneut zur Jagd aufbrach, überreichte Rorik seinen Falken Sir Guillaume. Alaine beobachtete, wie er einige Worte mit dem Ritter wechselte und gen Westen deutete. Sie stieß ihre Stute sanft in die Flanken, bis sie neben den beiden zum Stehen kam.
    »Fehlt irgend etwas?« erkundigte sie sich mit leicht gekräuselter Stirn.
    »Nein«, versicherte ihr Rorik. »Mir ist nur in den Sinn gekommen, heute nachmittag ein Teil der Wegstrecke nach Brix zu erkunden, nun da wir ohnehin so weit nach Norden gedrungen sind. Die Jagd kann ohne mich weitergehen.«
    Alaine schaute leicht verärgert drein. Ununterbrochen kreisten seine Gedanken um Brix und was ihm dort widerfahren war. Der Frühling und somit die Zeit des Angriffs lagen Monate entfernt, aber er konnte den Gedanken daran nicht ruhen lassen.
    »Ich würde mit Euch reiten, wenn es Euch genehm ist, mein Gemahl.«
    Sie wollte ihn an diesem sonnigen Nachmittag nicht ganz an seine Kriegsspiele verlieren. An diesem Tag verspürte sie mehr denn je eine zunehmende Warmherzigkeit ihr gegenüber. Beinahe konnte sie den Mann hinter seinem steinernen Schutzwall erkennen. Er durfte ihr jetzt keinesfalls entkommen.
    Die Furche auf seiner Stirn gab ihr seine Verstimmung zu erkennen, doch er konnte sie schlecht vor den Gefolgsleuten und der Familie tadeln. »Wie es Euch beliebt.« Er hatte mit nur einer Spur von Verdruß in der Stimme nachgegeben.
    Sie ritten etwa eine Stunde in gleicher Richtung mit der sinkenden Sonne, dann bogen sie nach Norden ab. Schließlich erreichten sie eine Berghöhe von der aus sich ihnen eine klare Aussicht auf die felsige Küste bot. Das glitzernde Band des Ste. Claire durchschnitt die Berge im Westen und verwandelte sich in der weiten Ferne zu einem breiten, trägen Wasser, das in das Meer einmündete. Nördlich der Flußmündung wurden die Berge höher und rauher. Und dahinter, so wußte Alaine, lag das Dorf und die Burg von Brix.
    Roriks Augen verfolgten den sich dahinschlängelnden Fluß bis zur Mündung. »Dort drüben endet unser Spaziergang.« Es waren seine ersten Worte, seitdem sie die Jagdgesellschaft hinter sich gelassen hatten. Zwar war er an ihrer Seite geritten, ohne sie allerdings zu beachten. Die Gedanken an Brix und an seine endgültige Rache, brachten wohl trübe Erinnerungen zurück, die der Grund für sein Mißtrauen gegenüber dem schönen Geschlecht waren.
    »Es ist ein zerklüfteter Weg«, entgegnete Alaine. »Aber die Felsen auf den letzten Bergen können Euer Kommen geheimhalten.«
    »Es gibt keinen Grund, sich zu verbergen. Ich gedenke, Fulk rechtzeitig über mein Kommen Bescheid zu geben. Ich werde mich nicht wie ein Dieb in der Nacht heranschleichen.«
    Alaine warf ihm einen seltsamen Blick zu. »Ist er denn Euch und Eurer Familie gegenüber so höflich gewesen?«
    Ein bitteres Lächeln verzog seinen Mund. »Nein. In der Tat nicht. Ungeachtet Eurer Meinung von mir, meine Gemahlin, bin ich nicht der Schurke, für den Ihr mich haltet.«
    Je mehr sie sich dem Meer näherten, um so felsiger wurde das Land, und die Berge ragten steiler empor. Nachdem sie einen schmalen Pfad gefunden hatten, der sich zwischen den Felsen und den geröllbedeckten Steilhängen wand, kamen sie besser voran.
    »An diesen Pfad kann ich mich erinnern«, lächelte Rorik und ließ seinen Blick über die halbvergessene Landschaft streifen.
    »Habt Ihr Euch als Junge auf Brix so weit südlich gewagt?« frage ihn Alaine.
    »Bis hierher und noch weiter«, antwortete er. »Ich habe mehrere Male mit meinem Vater Ste. Claire einen Besuch abgestattet. Einmal bin ich sogar Sir Geoffreys Tochter vorgestellt worden, einem kleinen blonden Mädchen von sechs Jahren. Obwohl man von ihrer Kleidung und ihrem Benehmen sie kaum für die Tochter eines Barons gehalten hätte.«
    Alaine besaß den Anstand zu erröten. »Ich erinnere mich nicht an Euch.«
    »Ihr schenktet mir damals wenig Aufmerksamkeit«, lächelte er, »also wundert’s mich nicht. Sir Geoffrey schien mächtig stolz auf Eure Wildheit. Auf dem Rückweg bemerkte mein Vater noch, daß Ihr zweifellos zu einem Teufelsbraten

Weitere Kostenlose Bücher