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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Sorgenkind. Armer Rorik, dachte sie traurig lächelnd. Er hatte eine noch größere Schlacht als Brix vor sich und ahnte es nicht einmal.

16
    Die Gesellschaft brach am Vormittag zur Falkenjagd auf. Alaine hatte Rorik davon überzeugen können, daß die Gäste auf Ste. Claire diesen Ausflug genießen würden.
    Gewiß würde der Tag klar und sonnig werden, während sie neben ihrem Mann auf ihrer temperamentvollen kleinen Stute ritt, die er ihr an ihrem Hochzeitstag geschenkt hatte. Schon verdunstete der Morgennebel, und die fahle Sonne bahnte sich entschlossen ihren Weg durch den Dunstschleier. Sie erwärmte das Land und taute langsam den Rauhfrost auf Gras und Bäumen auf. Der Aufschlag der festen Hufe ihrer Pferde auf dem hartgefrorenen Pfad erklang durch die kühle Morgenluft in einem beinah musikalischen Rhythmus. Alaines Herz jubilierte vor Glück wie ein Vogel, der seinem eisernen Käfig entflogen ist. So groß war ihre Freude, dem düsteren Gemäuer der Burg entkommen zu sein.
    »Ich seht heute morgen besonders heiter aus, meine Gemahlin«, bemerkte Rorik. Sein Lächeln war ungewöhnlich warm. Es kostete ihn wahrhaftig Mühe, die Augen von dem strahlenden Antlitz seiner Gemahlin abzuwenden. Sie hatte nun das Aussehen einer Frau und nicht mehr das eines jungen Mädchens. Rorik fragte sich, ob diese Verwandlung wohl sein Verdienst sein könnte. Hatte er die Frau in ihr erweckt, um diesen Glanz herbeizuzaubern? Er nahm diesen Gedanken nicht gerne an, denn das hieße, eine weitere Bande würde zwischen ihnen geknüpft werden. Dieses zarte, goldhaarige Mädchen hatte schon viel zu viel von seinem ängstlich gehüteten Herzen für sich erobern können.
    »Ihr seid heute morgen recht nachdenklich, Rorik«, stellte Alaine fest. »Diese düstere Miene paßt nicht zu einem so herrlichen Tag.«
    Er fuhr wie ertappt zusammen. Sollte sie entdeckt haben, wie sehr sie seine Gedanken beherrschte? »Ich dachte eben an das Gaunerpack, das vor zwei Tagen Bethune überfallen hat«, log er. »Daß sie mir entkommen sind, verdrießt mich. Eigentlich sollte ich ihnen hinterherjagen und nicht vornehmen Kurzweil wie diesem hier frönen.«
    »Sogar einem Burgherrn ist ein Tag der Entspannung vergönnt«, gab sie ihm mit einem strahlenden Lächeln zurück. »Ihr werdet schon fertig mit den Geächteten, ehe sie noch mehr Unheil anrichten können. Ihr seid klüger als sie. Sie werden sich nicht allzulange vor Euch versteckt halten können.«
    Er betrachtete sie argwöhnisch. »Ihr seid Euch ja recht sicher über meine Fähigkeiten.«
    Sie lachte, und der fröhliche Klang schien die Luft um sie herum in einen hellen Glanz zu tauchen. »Ich muß ja Eure Fähigkeiten auch sehr gut kennen. Ihr ward klug genug, mich zu überlisten, und ich bin schlauer als diese gewöhnlichen Gesetzlosen.«
    »Ihr habt ehrlich mit mir gekämpft«, erwiderte er grinsend. »Ich weiß Euch und Euren Waffengefährten Garin sehr viel mehr zu schätzen, nun da ihr auf meiner Seite steht.«
    »Tut Ihr das?« Ein flüchtiger Schatten verdunkelte ihr Gesicht, aber Rorik übersah ihn. Er starrte in das Unterholz neben ihrem Pfad.
    »Was ist das?« Er zog an den Zügeln des braunen Hengstes und brachte ihn jäh zum Stehen. »Vielleicht machen wir heute doch noch Beute.«
    In diesem Augenblick stürzten zwei Jagdhunde zwischen den Bäumen vorbei in das niedere Dornengestrüpp. Mit lautem Rascheln und knackenden Zweigen erhoben sich drei Jagdhühner flatternd aus dem Dickicht hinauf in die Lüfte. Im Nu wurde der edle Falke, den Rorik als Hochzeitsgabe von William erhalten hatte, abgehaubt und an das Wild angeworfen. Rasch hoben ihn seine kräftigen Schwingen über seine Beute hinweg. Das Jagdhuhn, das er ins Auge gefaßt hatte, war unrettbar verloren, als es seine grausamen Krallen schlugen. Das ganze Schauspiel war in weniger als einer Minute vorbei.
    »Jetzt werft Euren Vögel an«, forderte Rorik Alaine auf.
    Alaine hatte ihren kleinen Sperber verkappt und ruhig auf ihrer Faust gelassen, denn sie wollte ihn nicht in Wettstreit mit dem kräftigen Vogel treten lassen. Jetzt ließ sie ihn hinter den anderen Jagdhühnern fliegen. Sie hatte den Vogel selber abgerichtet und war auf seine Zielsicherheit und sein Geschick stolz. Die anderen Mitglieder der Jagdgesellschaft applaudierten bei der Rückkehr der beiden Vögel mit ihrer Beute.
    Langsam wurde es Nachmittag. Die Sonne schien jetzt warm, und die ganze Gesellschaft war in heiterer Laune, als man anhielt, um sich mit

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