Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
mit den Händen an den Kopf. »Ich habe alles aufgegeben, um dir zu folgen.«
»Du hast nichts aufgegeben«, sagte Hezekiah streng. Dann fügte er sanfter hinzu: »Der Herr wird für dich sorgen. «
»Hör auf, so zu reden!«, rief Bant. »Du warst bereit zuzulassen, dass die Drachen Recanna töten!«
Hezekiah zuckte mit den Schultern. »Ich habe die Samen der Botschaft gesät. Deine Dorfbewohner haben in ihrer Liebe zum Herrn den Reifezustand erreicht. Vielleicht hat der Herr sich entschieden, das Korn zu ernten.«
»Ich kehre um«, sagte Bant und sah sich im Lager nach seinem Bündel um.
»Das wäre nicht ratsam«, erwiderte Hezekiah. Er legte den Wetzstein beiseite und begann, die Axt mit einem Stück weichem Leder zu polieren.
»Ich brauche deinen Rat nicht.«
»Meine Mission erfordert es, unkooperative Ungläubige auszulöschen. Wenn du dich weigerst, deine missionarischen Pflichten zu erfüllen, werde ich gezwungen sein, dich als jemanden einzustufen, der vom Glauben abgefallen ist. Du stellst dich auf die Seite des Herrn oder Ihm entgegen. Es gibt nichts dazwischen.«
»Du drohst mir?«
»Ich setze dich in Kenntnis«, sagte Hezekiah. Er hielt die Axt so, dass das Feuerlicht über die polierte Oberfläche
tänzelte. Er wirkte zufrieden mit seiner Arbeit. »Bei sorgfältiger Behandlung kann ein gutes Werkzeug ewig halten«, erklärte er.
»Du kannst mich nicht aufhalten«, sagte Bant und blickte über die Schulter in die Dunkelheit. Er hatte die Orientierung verloren, aber er glaubte, genug von der Landschaft erkennen zu können, um zu wissen, wo er sich befand. »Ich gehe nach Hause.«
»Ich bezweifle, dass das möglich ist«, sagte Hezekiah. »Christtal existiert vielleicht nicht mehr. Dreißig Drachen sind geflohen und zum Dorf marschiert. Ich habe Rauch in dieser Richtung aufsteigen sehen, als die Nacht anbrach.«
»Du lügst«, sagte Bant.
Hezekiah schüttelte den Kopf. »Wenn deine Familie tot ist, Bant Bitterholz, ist es äußerst wichtig, dass du deinen Glauben nicht verlierst. Du willst dich doch mit ihnen im Himmel vereinigen, oder nicht?«
»Du verfluchter Hurensohn«, knurrte Bant. Er drehte sich um und lief in die Nacht davon, folgte der Straße zurück zum Dorf. Es war eine mondlose Nacht, und die Sterne glitzerten wie Eiskristalle am Himmel. Dunkle Schatten jagten ihn, rasten vor ihm her und sprangen ihm in den Weg, um ihn zum Stolpern zu bringen. Jedes Mal, wenn er fiel, stand er wieder auf und rannte weiter. Sein Herz pochte in seinen Ohren. Seine Lunge brannte mit jedem keuchenden Atemzug. Heiße Dolche stießen in seine Seiten. Schließlich, nachdem er eine Ewigkeit gerannt war, roch er die vertrauten Gerüche seiner heimatlichen Felder.
Und dann roch er Rauch.
Er lief über die Obstwiesen, erinnerte sich an die Nacht
vor langer Zeit, als er in der Dunkelheit nach Recanna gesucht hatte. Er konnte das rote Glühen des Lichts weiter vorn sehen. Er verließ die dicken Bäume und rannte auf das sternenerleuchtete Feld. In der Ferne schwelte die Glut von Christtal in der Nachtbrise.
»Nein!«, schrie er, als er die verkohlten Überreste dessen sah, was einmal sein Zuhause gewesen war. Seine Beine gaben nach, und er sank weinend auf die Knie.
»Recanna!«, rief er. »Recanna!« Niemand antwortete. Er kroch in die schwarze Asche, verbrannte sich die Hände und Knie, während er sich durch die heißen Trümmer wühlte. Er konnte die Scherben seines Lebens kaum erkennen. War dies der verkohlte und zerbrochene Tonteller, von dem er am Morgen sein Frühstück gegessen hatte? War dieser Haufen von schwelendem Stoff das Bett, in dem er in der Nacht zuvor geschlafen hatte? Blasen bildeten sich an seinen Fingern, während er grub und nach irgendwelchen Hinweisen auf seine Familie suchte. Er hustete und keuchte in dem von den Trümmern aufsteigenden Qualm; er konnte durch die Tränen hindurch kaum etwas sehen. Sein willkürlicher Weg durch die Ruinen führte ihn schließlich weg von den Kohlen und auf ein Fleckchen trockener Erde, das einmal der vordere Hof gewesen war. Er brach zusammen; seine aufgeschürften und blutenden Hände und Knie waren nicht mehr in der Lage, sein Gewicht zu stützen.
Dort lag er atemlos und betäubt, hörte nur das Knistern der Glut. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, die Augen zu öffnen. Nach einer langen Zeit hörte er Schritte.
»Jetzt erkennst du die Wahrheit in meinen Worten, Bant
Bitterholz«, sagte Hezekiah mit ruhiger, gelassener Stimme. »Es gibt
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