Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
nicht hier?«
Vendevorex winkte Androkom und Shandrazel näher zu sich heran. »Vielleicht sind sie ja hier. Sie brauchen sich nicht auf die Illusion zu stützen, die ich benutze, um mich unsichtbar zu machen. Sie besitzen die Macht, die Gleichungen des Weltraums selbst rückzuberechnen, und können über, neben und unter dem gehen, was wir als Realität kennen. Wie auch immer, es ist ihre Angewohnheit, sich nicht in das Schicksal ihrer Mitmenschen einzumischen. Einst, vor langer Zeit, haben die Alten wenig darüber nachgedacht, dass sie die Welt verändern könnten. Sie erlangten so große Macht, dass sogar ihre beiläufigsten Handlungen den Planeten erschüttert haben. Sie haben die Karte der Welt verändert, indem sie die Ebenen der Ozeane geändert haben. Städte wurden ertränkt. Ganze Länder sind unter den Wellen versunken. Sie hätten sich mit ihren eigenen Werkzeugen fast selbst zerstört.«
»Ganz zu schweigen von ihren Spielzeugen«, fügte Androkom hinzu.
»Was meint Ihr damit?«, fragte Vendevorex.
Androkom spürte ein Frösteln in sich aufsteigen. Er war sicher gewesen, dass der Zauberer es wusste. Sollte er es ihnen sagen? Sollte er ihnen das schrecklichste Geheimnis der Biologen verraten?
Ehe Androkom zu einer Entscheidung gelangen konnte, sagte Shandrazel: »Wenngleich diese Unterhaltung über die uralte Geschichte meine intellektuelle Seite interessiert, fürchte ich doch, dass sie uns nicht hilft, unser Problem zu lösen. Sagt mir, Androkom, wieso fliegt Ihr zur Burg meines Vaters?«
»Die kurze Antwort lautet, dass ich dem bösartigsten Drachen, der jemals gelebt hat, Informationen geben muss. Wie auch immer, Ihr mögt mehr haben wollen als eine kurze Antwort. Ich bin nicht sicher, ob Ihr von den Ereignissen wisst, die sich seit Eurer Verbannung zugetragen haben. Wusstet Ihr, dass Blasphet befreit worden ist?«
»Ich habe es gehört. Er ist jetzt der engste Berater meines Vaters, wie man mir gesagt hat.«
»Was für Informationen habt Ihr für Blasphet?«, fragte Vendevorex.
»Metron sagt, dass Blasphet nur tötet, um eine Antwort auf das Geheimnis des Lebens zu erhalten. Ich gehe zu ihm, um ihm diese Antwort zu geben.«
»Ihr kennt das Geheimnis des Lebens?«, fragte Vendevorex. Der Klang seiner Stimme schwankte zwischen Erheiterung und Erstaunen.
»In der Tat. Sagt Euch das Wort Doppelhelix irgendetwas? Könnt Ihr damit etwas anfangen?«
Vendevorex runzelte die Stirn. »Es handelt sich um eine mathematische Form.«
»Dann kennt Ihr also nicht alle Geheimnisse der Alten, oder?«
»Ich habe das Gefühl, Ihr beiden versucht, immer noch eins draufzusetzen. Ich bitte Euch, verschiebt dies zunächst
und setzt Euren großen Verstand dafür ein, über die vor uns liegende Situation nachzudenken«, sagte Shandrazel.
»Natürlich«, erwiderte Androkom. »Ich glaube, ich habe ein Problem gelöst. Wenn ich Blasphet das Geheimnis der Quelle des Lebens erkläre und ihn mit meinen Experimenten von meiner Antwort überzeuge, wird er keine Bedrohung mehr sein. Die Frage, die seine Bösartigkeit antreibt, wird gelöst sein.«
»Oder er wird das Wissen nutzen, um auch das letzte Wesen auf dem Planeten zu töten. Das kann ich nicht zulassen«, sagte Shandrazel.
Androkom kniff die Augen zusammen; Shandrazels Haltung verärgerte ihn. Er erinnerte sich nicht, um Erlaubnis gefragt zu haben. Vielleicht wurde Hochmut genetisch weitergegeben. Dennoch, ob hochmütig oder nicht, er genoss es, sich in der Gesellschaft zweier Drachen zu befinden, deren Intellekt es mit seinem aufnehmen konnte.
»Gute Drachen«, sagte er. »Ich kann besser mit einem vollen Magen denken. Kommt, ich habe etwas zu essen in meinem Bündel. Später werden wir dann entscheiden, wie wir die Welt am besten retten können.«
Als sich die Nacht über die Freie Stadt senkte, trottete ein junger Erddrache namens Torgoz zum ersten Tor, um dort seinen Dienst als Wache aufzunehmen. Als er sich näherte, sah er den Drachen, den er ablösen sollte, einen alten Kerl namens Wyvernoth. Er hob eine Klaue zum Gruß. Wyvernoth reagierte nicht. Er näherte sich weiter und versuchte es noch einmal. Wieder gab der altgediente Drache
keinen Hinweis von sich, dass er ihn gehört hatte, obwohl er jetzt nur noch eine Speerlänge entfernt war.
»Wyvernoth!«, sagte Torgoz.
Der alte Veteran zuckte zusammen, als sein Name ausgesprochen wurde.
»Schon wieder im Stehen eingeschlafen?«, schalt Torgoz ihn.
Wyvernoth schüttelte den Kopf. »Ich habe
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