Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
Gelächter.
Als sein Blick auf das Schwert von Pertalon fiel, zog Blasphet in Erwägung, seinen Bruder von hinten zu erstechen. Aber wenn sein Bruder diesen Hieb überlebte, hatte er einen weit anstrengenderen Kampf vor sich als gegen Pertalon oder Tanthia. Die Zeit war gekommen, dass er zum Turm zurückkehrte, um neues Gift zu holen. Mit etwas Glück würde er zurück sein, ehe Albekizan überhaupt bemerkt hatte, dass er weg gewesen war.
Er war wahnsinnig geworden. Er musste wahnsinnig sein. Wieso konnte er nicht wahnsinnig werden? Pet schrie und konnte über die panischen Rufe der Menge hinweg kaum seine eigene Stimme hören. Tränen machten seine Sicht verschwommen und liefen ihm über die Wangen, über die scharfen Klauen, die sich in sie gruben. Albekizan lachte wild.
Er würde wahnsinnig werden. Er musste wahnsinnig werden. Aber er konnte es nicht. Pet konnte nur durch den tränenreichen Nebel hindurch zusehen, wie Männer, Frauen und Kinder vor ihm zu Hunderten starben, einige durch die Hand von Drachen, aber weit mehr durch die
Füße ihrer eigenen Mitmenschen, die sie niedertrampelten, wenn sie am Boden lagen.
»Aufhören!«, rief er. »Oh, bitte, hört auf!«
»Deine Schreie sind Musik, Bitterholz!«, rief Albekizan. »Du wolltest sie retten! Du hast in ihrem Namen getötet! Sieh nur, was du getan hast! Sieh nur, was du getan hast!«
Und Pet sah, denn er hatte gar keine andere Wahl. Aber er ließ nicht einen einzigen Laut mehr aus seiner Kehle dringen. Er würde nicht betteln. Zumindest diese Genugtuung würde Albekizan nicht bekommen. Albekizan ließ seine Augenlider los, wie er es jede Minute einmal tat, vielleicht um dafür zu sorgen, dass er nicht blind wurde. Pet presste die Augen zusammen, aber vergeblich. Die Klauen des Königs auf seinen Wangen und seiner Stirn rissen sie sofort wieder auf. Sein Blick war wieder frisch, und Pet sah erneut auf die Gewalt, die sich vor ihm ausbreitete. Er bemerkte heftige Kämpfe gleich vor der Plattform, wo eine Gruppe von Männern den Schwarzen Schweigern Waffen entrissen hatte und sich jetzt stürmisch verteidigte.
Tränen raubten ihm die klare Sicht, bevor er sicher sein konnte, was er sah. Konnte es sein, dass die Menschen dabei waren zu gewinnen?
Jandra schoss auf einer getüpfelten Stute aus dem Stall und stieß dabei einen Erddrachen um. Sie grub dem Pferd die Fersen in die Flanken, während sie zu dem offenen Tor ritt. Selbst aus dieser Entfernung konnte sie die Schreie aus der Freien Stadt hören. Was geschah dort? Kam sie womöglich bereits zu spät, um Pet zu retten?
Dann sah sie das Glühen über den Mauern der Freien Stadt.
»Herr«, sagte Kanst und legte dem König eine Klaue auf die Schulter. »Wir müssen gehen!«
Albekizan drehte sich zu ihm um, heftete einen Blick auf ihn, der so hart wie ein Dolch war.
»Was?«, fragte der König.
»Herr, die Wachen um die Plattform herum können sich nicht länger halten. Das bloße Gewicht der Menschen erdrückt sie. Für zehn Menschen, die wir erschlagen, nehmen hundert ihren Platz ein. Ich habe Euch davor gewarnt, dass …«
»Kanst«, sagte Albekizan, »es ist nicht Eure Pflicht, mich zu warnen. Es ist Eure Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Soldaten weiterkämpfen. Stürzt Euch selbst in den Kampf, wenn es sein muss, aber stört mich nicht noch einmal!«
»Herr, Königin Tanthia ist tot«, sagte Kanst und offenbarte, was er erst wenige Augenblicke zuvor bemerkt hatte.
»Was?« Albekizan ließ Pet los und wirbelte herum. Die Kinnlade fiel ihm herunter, als er seine geliebte Königin reglos auf dem Boden liegen sah. Sie sah aus, als würde sie schlafen. »Wie?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Kanst. »Sowohl sie als auch Pertalon sind tot, ohne dass irgendeine Wunde zu erkennen ist. Zanzeroth ist verschwunden, und auch Blasphet. Ich fürchte, es ist Verrat im Spiel.«
Albekizan sah ihn benommen an. Dann blickte er nach oben. Seine Augen weiteten sich. Kanst folgte seinem Blick hinauf zum glühenden Himmel.
Zanzeroth konnte nicht widerstehen. Er würde Bitterholz vielleicht niemals in dieser Menge finden, aber er würde nicht zulassen, das er den Mann mit der Axt verlor. Sein ganzes Leben hatte Zanzeroth sich danach gesehnt, gegen die gefährlichste Beute zu kämpfen, die er ausfindig machen konnte. Niemals war er einer Herausforderung wie dieser begegnet. Allein hatte dieser Mensch ein ganzes Regiment vernichtet, hatte mit den Leichen von hundert Drachen eine Straße verstopft,
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