Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
gehabt, ihr Ziel zu erreichen.
Mit einem Flügelschlag hob Zanzeroth sich einen Schritt in die Luft und trat mit den mächtigen Hinterklauen aus. Der Tritt saß. Die Klauen gruben sich in den Oberkörper seines Gegners, brachen ihm die Knochen und durchbohrten seine Lunge. Er trat erneut zu und schleuderte die Leiche durch die Luft, machte sich dann für den nächsten Angriff bereit.
Als er lauschte, hörte er jedoch nur einen weiteren Schlag, als Stahl auf Knochen traf. Ein Röcheln folgte, und dann sackte ein Körper auf den Eisenboden. Danach gab es eine Bewegung der Luft … und ein anderer seiner Gegner war gesprungen … aber nicht in seine Richtung. Der unsichtbare Mann sprang vielmehr zur Seite. Zanzeroth hörte den Mann auf dem Boden aufkommen und zusammenbrechen. Und der dritte Mann … der dritte Mann war verantwortlich für das nasse, röchelnde Geräusch, das direkt vor ihm war.
Mit einem Seufzen entfernte Zanzeroth die Augenbinde.
Der älteste der drei Männer lag mit einem Schwert im Rücken vor ihm. Seitlich davon kämpfte sich der Sklave Tulk auf die Füße. Zanzeroth betrachtete einen Moment Crons Leiche, die zusammengesunken auf dem rostigen Metall lag. Zanzeroth empfand Zufriedenheit angesichts der Höhe des Schadens, den er seinem Gegner zugefügt hatte. Er hatte dem Tod jede Chance gegeben, ihn zu ergreifen, und er hatte dennoch überlebt, sogar blind und unbewaffnet. Es war nicht das Alter gewesen, das ihm das Auge geraubt hatte … es war Nachlässigkeit gewesen. Er würde seine Jugend niemals zurückerlangen, aber er konnte seinen Verstand schärfen. Zanzeroth war überzeugt, dass
der Kampf, wenn er dem Mann, der ihm das Auge genommen hatte, erneut gegenüberstehen sollte – selbst dann, wenn es sich um den legendären Bitterholz handelte –, völlig anders ausgehen würde. Und sollte er über einen bestimmten unsichtbaren Zauberer stolpern … nun, ein unsichtbarer Feind und ein sichtbarer, wenn man die Augen geschlossen hielt, waren genau das Gleiche.
Tulk humpelte davon, sogar recht schnell angesichts der Tatsache, dass sein Knöchel gebrochen war. Ohne sich die Mühe zu machen, einen Blick auf den Sklaven zu werfen, löste Zanzeroth die Schleife der geflochtenen Lederpeitsche von seiner Hüfte und schlug sie zur Seite, so dass sie sich um Tulks verletzten Knöchel wand. Tulk schrie auf wie ein verwundetes Kaninchen, als Zanzeroth ihn von den Füßen riss und vor seinen Augen baumeln ließ.
»Wieso hast du deinen Freund getötet?«, fragte er.
»Er war nicht mein Freund!«, rief Tulk. »Er war ein übler Kamonit!« Tulk spuckte aus, und der Speichel landete auf Zanzeroths Bein. »Jemand wie er darf nicht am Leben bleiben.«
»Ich verstehe«, sagte Zanzeroth. »Da du in gesprächiger Stimmung bist, möchte ich, dass du mir sagst, was du über Bitterholz weißt.«
»Bitterholz?«, fragte Tulk ganz offensichtlich verwirrt. »Wieso wollt Ihr Gespenstergeschichten hören?«
Der Stimme konnte Zanzeroth entnehmen, dass dies keine Täuschung war. Tulk wusste nichts von irgendeiner Beteiligung von Bitterholz. »Wenn es nicht Bitterholz war, der Bodiel getötet hat, wer dann?«
»Das weiß ich nicht!«, erwiderte Tulk. »Ihr müsst mir
glauben! Weder Cron noch ich wussten, dass Bodiel tot war, bis man es uns gesagt hat.«
»Wer hat es euch gesagt?«, fragte Zanzeroth und versetzte dem herabbaumelnden Menschenbein einen kleinen Stoß.
»Ich habe ihn nicht gesehen!«, rief Tulk mit vor Schmerz heiserer Stimme. »Cron und Stank haben gesagt, dass es der Zauberer des Königs war. Aber ich habe ihn nie gesehen. Ich habe nur seine Stimme gehört.«
»Du erweist dich als ziemliche Enttäuschung«, sagte Zanzeroth. »Wenn du die Antworten einfach so rausposaunst, nimmst du mir meine gute Ausrede, dich zu foltern.«
»Dafür gibt es keine Notwendigkeit«, sagte Tulk, der jetzt resigniert klang. »Ihr habt mich gefangen. Ich bin ein Sklave. Bringt mich einfach zurück.«
»Damit du wieder weglaufen kannst? Ich halte das für keine gute Idee. Und da du ein Sklave bist, darf ich dich vielleicht darauf hinweisen, dass du den direkten Befehl missachtet hast, gegen mich zu kämpfen. Und einen Mann getötet hast, der das vielleicht getan hätte. Ich glaube nicht, dass ich einen ausdrücklichen Befehl von Albekizan benötige, um über dein Schicksal zu entscheiden.«
Zanzeroth hob den Menschen höher und trug ihn zu dem qualmenden Fass.
»Bitte«, flehte Tulk. »Ich habe Euch alles gesagt, was ich
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