Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
aber frisches Blut sickerte aus den größeren, die noch geblieben waren. »Hast du … etwas Wasser? Ich habe versucht … ein bisschen aus der Luft zu kondensieren, aber ich hatte nicht genügend … Kraft.«
»Pet! Wo kann ich Wasser finden?«
»Da ist ein Brunnen im Garten«, sagte er. »Komm mit.«
Er ging mit ihr durch eine Seitentür, die zu dem von einer Mauer umgebenen Garten führte. Das Wasser glitzerte im Morgenlicht und ließ sie ihren eigenen Durst spüren. Sie konnte direkt aus dem Brunnen trinken, aber was war mit Vendevorex?
»Haben wir irgendeinen Behälter für das Wasser?«, fragte sie.
»Warte. Ich finde etwas«, sagte Pet und ging zurück in den Thronsaal. Jandra kniete bei dem Brunnen und trank ausgiebig. Das Wasser war kalt und sauber wie frisch geschmolzener Schnee. Der Garten war voller rosaroter Blumen, die ihre Knospen der aufgehenden Sonne entgegenstreckten und die Luft mit ihrem Duft erfüllten. Gelbbrüstige Singvögel huschten zwischen den Zweigen der niedrigen Bäume umher und begrüßten den Tag mit ihrem
Gesang. Die Schönheit bereitete ihr Unbehagen. Der Garten war zu hübsch, zu friedlich angesichts der Schrecken, die sie gesehen hatte.
»Hier«, sagte Pet, als er zurückkam. Er trug die Tasche, die sie schon vorher bei ihm gesehen hatte. Er zog einen goldenen Kelch daraus hervor und reichte ihn ihr. »Ich vermute, ich werde ihn nicht mehr brauchen«, erklärte er.
»Danke«, sagte sie und nahm den Kelch.
Zarte Gravuren von Schmetterlingen bedeckten das goldene Gefäß. Es war der hübscheste Gegenstand, den sie jemals gesehen hatte, und es brach ihr das Herz. Der Krug fiel ihr aus der Hand, als Tränen über ihre Wangen liefen. Sie begann heftig zu zittern.
Pet setzte sich neben sie. Er nahm ihre Hand und drückte sie. »Es ist in Ordnung«, sagte er und strich mit der anderen Hand über ihre Haare. »Es ist in Ordnung.«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Sie werden alle sterben. Kanst tut nicht nur so. Es ist alles mein Fehler.«
»Nein«, sagte Pet. »Es ist nicht dein Fehler.«
»Die Drachen wären nicht hier, wenn Vendevorex nicht hier wäre. Und er ist nur meinetwegen hier. Vielleicht wäre alles besser, wenn die Wachen mich an dem Morgen getötet hätten, nachdem Bodiel gestorben war. Ich habe mich an so dumme Hoffnungen geklammert. Ich dachte … ich dachte, alles würde in Ordnung kommen. Ich dachte, wir könnten siegen.«
»Das könnt ihr auch«, sagte Pet. »Vendevorex wird es bald wieder gut gehen. Ihr könnt das hier überleben.«
»Aber es ist zu spät für die Dorfbewohner«, flüsterte Jandra. »Sie sterben meinetwegen.«
»Still«, sagte Pet. »Quäl dich nicht mit Vorwürfen. Das hier ist nicht dein Fehler. Es ist der von Bitterholz. Er ist derjenige, der Bodiel getötet hat. Wenn er ein Herz hat, wird er sich stellen und das hier beenden.«
Jandra schniefte; sie wischte sich über die Wangen. »Noch vor einer Minute warst du derjenige, der meinte, er würde sich nicht ergeben. Ich glaube, er schert sich nicht im Mindesten darum, Menschen zu retten. Er will nur Drachen töten. Er wird sich nicht ergeben. Wir können nichts tun, um Kanst aufzuhalten. Ich glaube, wir haben heute Nacht bewiesen, dass wir beide armselige Kämpfer sind.«
»Schsch.« Pet drückte sie einen Moment lang. Dann löste er die Umarmung. »Bitterholz wird sich ergeben. Das schwöre ich dir.«
»Oh, und wie gut ist dein Schwur?«
Pet wandte Jandra das Gesicht zu und strich ihr ein paar Haare aus dem Gesicht.
»Darüber musst du dir jetzt keine Sorgen machen«, sagte er. »Vendevorex braucht dich, Jandra. Er hat Durst, und vermutlich ist er noch verängstigter als du. Sei stark für ihn, ja?«
Jandra schluckte. »In Ordnung.«
Pet half ihr beim Aufstehen. Er hob den Kelch vom grünen Grasteppich auf und füllte ihn mit Wasser.
»Bring ihm das«, sagte er, dann ließ er sich neben dem Brunnen nieder und trank ebenfalls.
Jandra betrat den Thronsaal und atmete tief ein. Sie würde stark sein, jetzt zumindest, während Vendevorex sie brauchte. Sie kniete sich hin und hielt den Becher an die Lippen des verwundeten Zauberes, half ihm zu trinken.
»Mehr«, flüsterte er, als er die letzten Tropfen geschluckt hatte.
Jandra kehrte in den Garten zurück, sowohl um Wasser zu holen als auch um Pet zu finden und ihm für seine Worte zu danken. Sie hatte außerdem das Gefühl, dass sie sich für die früheren Beleidigungen entschuldigen sollte. Vielleicht hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher