Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
Mal, als ich der Matriarchin begegnet bin. Ich habe ihre Stärke und ihren Humor
geschätzt. Ich sehe noch ihre edelsteinartigen Augen vor mir und die Art und Weise, wie das Sonnenlicht über ihre schimmernden Schuppen tanzte. Bei jedem unserer Treffen wurde meine Zuneigung größer. Ich mochte ihren Geruch; Tage, an denen ich nicht den Klang ihrer Stimme hören konnte, waren für mich so kalt und unfruchtbar wie der tiefste Winter. Als ich ihr schließlich meine Begierde gestand und erfuhr, dass sie genauso fühlte, war das der erste Moment in meinem Leben, in dem ich mich vollkommen ganz fühlte. Verstehst du nicht, Graxen? Ich habe mich mit ihr nicht wegen eines intellektuellen Planes gepaart, um den vollkommenen Nachfahren hervorzubringen. Ich wollte, dass du lebst, weil du ein Beweis der Gefühle warst, die ich für die Matriarchin hatte. Ich wollte, dass du lebst, weil du das Ergebnis meiner Liebe warst.«
»Liebe?«, fragte Graxen. »Mein ganzes Leben lang hat man mir beigebracht, dass Liebe eine Narrheit der niederen Rassen ist, eine unwürdige Emotion für einen Himmelsdrachen.«
»Ich weiß. Ich habe diese Doktrin selbst gepredigt. Ich habe Bücher geschrieben, in denen ich sie verteidigt habe. Ich bin ein Heuchler allerersten Ranges. Mich in die Matriarchin zu verlieben hat meine Sicht der Welt verändert. Öffentlich konnte ich mich aufgrund meiner Bindung an mein Amt nicht gegen die Methode aussprechen, die unsere Art für die Fortpflanzung gewählt hat. Aber insgeheim hege ich Befürchtungen, was die längerfristigen Auswirkungen auf unsere Rasse betrifft. Was nützt es, dass wir uns so zahlreich wie die Ameisen vermehren und so mächtig wie die Götter sind, wenn wir bei der Fortpflanzung alles Mitgefühl und jede Liebe aus unserer Rasse herausfiltern?« Metrons Stimme schien sich im Raum zu bewegen, während er das sagte, denn sie begann in der Nische voller Bücher und endete in dem Korridor hinter Graxen. Graxen drehte sich um und fand sich dem älteren Himmelsdrachen
gegenüber, dessen Flügel zu Streifen zerrissen waren. Seine verletzten Gliedmaßen waren noch nicht ganz verheilt; er roch nach Fäulnis und Verfall.
Metron sprach weiter. »Ich bin Blasphet zum Opfer gefallen, weil er meinem Intellekt geschmeichelt hat und ich mein Herz missachtete, das wusste, dass das, was er wollte, falsch war. Ich glaube, die unterschwellige Amoralität der Himmelsdrachen hat uns schweigen lassen, als Albekizan mit dem Völkermord gegen die Menschen begann. Wir halten den Intellekt für den höchsten Wert, während wir den Wert der Gefühle abstreiten. Wir verspotten Konzepte wie Gut und Böse als philosophische Täuschungen. Wir folgen einem genetischen Pfad, der uns zu einer Rasse strahlender, attraktiver, seelenloser Ungeheuer machen wird.«
»Deine Worte klingen leer und hohl«, sagte Graxen. »Wo war deine Verteidigung der Liebe, als du Macht gehabt hast? Du hattest einmal die Chance, die Welt zu verändern. Jetzt, da du deinen Rang und deine Autorität verloren hast, erklärst du, dass du es bereust?«
»Ja«, sagte Metron und senkte traurig den Kopf. »Ja, als ich die Macht hatte, habe ich versucht, den alten Zustand zu erhalten. Ich bin vielleicht der größte Heuchler aller Zeiten, aber es ist möglicherweise noch nicht zu spät für mich, das wiedergutzumachen. «
»Wie?«
»Im Gegensatz zu mir, der ich meinen Rang und meine Macht verloren habe, ist die Matriarchin in ihrer Position verblieben. Ich muss mit ihr sprechen. Ich muss an die letzte Glut ihrer Leidenschaft appellieren und sie bitten, mit der jahrhundertealten Tradition zu brechen, die die Geschlechter trennt. Ich glaube, es ist an der Zeit zuzulassen, dass die Liebe bei den Paarungen der Himmelsdrachen wieder eine Rolle spielt. Es
mag sein, dass sie mich auf der Stelle töten lässt, wenn sie mich sieht. Aber was ist, wenn auch sie voller Bedauern ist, so wie ich? Der Samen meiner Worte könnte auf fruchtbaren Boden fallen. Es ist eine geringe Chance, aber ich spüre, dass ich sie ergreifen muss.«
Graxen dachte über seine Worte nach. Die Matriarchin war ihm gegenüber sehr feindselig gewesen. Verbarg diese Feindseligkeit ein reumütiges Herz? Würde sie Metron anhören?
»Wozu brauchst du mich?«, fragte er.
»Als Fetzenflügel kann ich nicht einfach ins Nest fliegen. Ich kann diese Reise nicht allein machen, Graxen.«
»Ich bin der Matriarchin begegnet«, sagte Graxen. »Ich glaube nicht, dass meine Anwesenheit dir bei deiner
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