Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
Frost zuckte nicht einmal.
»Öffnet den Schmelzofen!«, brüllte Frost. »Und dann tretet zurück! Dieser Junge hat Gelbmund!«
Langsam veränderte sich der Lärm in der Schmiede. Die Geräusche der Hämmer verklangen, und Rufe wurden laut. »Gelbmund!«
»Keine Panik, verflucht!«, rief Frost. »Die Angst davor ist gefährlicher als die Krankheit selbst. Es werden bereits rasche, entschiedene Schritte eingeleitet, um die Ausbreitung zu verhindern. Stellt euch zusammen und seht zu. Dieser Junge ist der Einzige, von dem wir wissen, dass er krank ist. Ich will, dass ihr alle seht, dass wir stärker sind als jede Krankheit!«
Eine Eisentür öffnete sich mit einem schrecklichen Ächzen. Das Gebrüll der Flammen wurde lauter, und Jeremiahs Beine wurden von hinten noch heißer. Rotes Licht warf einen harten schwarzen Schatten auf die Wand hinter ihnen.
Jeremiah schrie: »Nein! Bitte nicht …« Seine Hände fuchtelten
herum. Seine Finger erwischten die vernarbten Hautfetzen, die einmal Frosts Ohr gewesen waren. Er packte diese Hautfetzen mit aller Kraft.
Frost kreischte, zog Jeremiah von den Schultern und warf ihn auf den heißen Backsteinboden. Jeremiah rollte sich auf den Rücken; er rutschte herum und trat um sich, um wegzukommen. Er schob sich zurück, bis er gegen eine niedrige Backsteinmauer prallte.
»Bis eben hatte ich nicht vor, die Sache zu genießen«, sagte Frost und rieb sich die Ohrnarbe mit der gesunden Hand. Er zog seine Finger wieder weg; sie waren orangefarben von Blut und Eiter. Er streckte die Hand nach Jeremiahs Gesicht aus. »Bevor ich dich da reinwerfe, breche ich dir jeden einzelnen verdammten Fi-NNNNG!«
Frost schrie vor Schmerz auf, und plötzlich ragte ein Pfeil aus seiner gesunden Hand. Er zog sie zurück und starrte auf das Geschoss, das von der Rückseite des Gelenkes eingetreten und so weit gekommen war, dass es die Haut dort in Gestalt eines kleinen, spitzen Zeltes hob. Der Pfeil war mit frischen, grünen Blättern gefiedert, die in der Hitze der Gießerei rasch verwelkten.
Frost reckte den Hals. »Wer war das?«, schrie er. »Wer hat das getan?«
Eine Stimme antwortete von oben. »Der Junge gehört mir. Rührt ihn nicht an.«
Frost und Jeremiah blickten beide in die Schatten bei den Dachsparren. Ein Mensch war dort vage zu erkennen; die Konturen seines Körpers wurden durch einen Umhang verzerrt. Allerdings war es offensichtlich, dass er einen Bogen vor sich hielt und mit einem zweiten Pfeil auf Frost zielte.
»Dieser Junge hat Gelbmund«, wandte Frost ein. »Er stirbt so oder so!«
»Wir sterben alle«, sagte der dunkle Bogenschütze. »Einige von uns vielleicht noch heute. Tretet zur Seite.«
Frost ging zurück; er hielt sich das blutende Handgelenk mit dem Daumen und den geschienten Fingern der anderen Hand. Der Pfeil schwankte bei der Bewegung.
Der Bogenschütze ließ ein pinkfarbenes Seil von den Dachsparren herunter. Er rutschte daran entlang und landete zu Jeremiahs Füßen. Jeremiah erkannte den Mann; er war mit seiner Schwester Zeeky zusammen gewesen. Es war der alte Mann, der behauptet hatte, Bitterholz zu sein. Aber Bitterholz und Zeeky waren tot, getötet von den Dämonen in der Mine. Bedeutete dies, dass auch Zeeky noch am Leben war?
»Ich nehme den Jungen mit«, sagte Bitterholz. »Wir verlassen Drachenschmiede. Er verbreitet die Krankheit nicht weiter.«
»Ihr könnt nicht weggehen«, sagte Frost. »Da draußen ist eine Blockade von Drachen.«
»Niemand hat mich herkommen sehen«, sagte Bitterholz, »und niemand wird mich weggehen sehen.« Er sah auf Jeremiah herunter. »Steh auf. Wir gehen.«
Frost schnaubte. »Wer bist du, dass du einfach hierherkommst und Befehle erteilst?«
Bitterholz streckte seine Hand zu Jeremiahs aus, um ihm auf die Füße zu helfen.
»Mein Name ist unwichtig«, sagte er. »Wenn Ihr Euren Männern befehlen wollt, mich aufzuhalten, bitte. Ihr Blut klebt dann an Euren Händen.«
Frost starrte seinen Gegner an und musterte dessen Gesicht. Bitterholz hielt seinem Blick mit einem eisigen Ausdruck stand. Schließlich sah Frost weg.
»Lasst ihn gehen«, sagte er zu seinen Männern, die sich zwischen Bitterholz und die Tür gestellt hatten.
Bitterholz zog an dem Seil in den Dachsparren. Die pinkfarbene
Kordel schlängelte sich herunter und schrumpfte zusammen, als sie in seine behandschuhte Hand fiel. Er drehte sich um und schob Jeremiah mit einem sanften Schubs zwischen den Schulterblättern vorwärts. Jeremiah schlurfte weg. Als
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