Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
meinen Haaren gewaschen habe.«
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Shay. »Ich bin noch nie so schmutzig gewesen. Selbst meine Zähne fühlen sich schmutzig an.«
»Vielleicht gibt es kleine Fische in dem Teich, die wir statt Schiffszwieback und Dörrfleisch essen könnten?«
»Guter Schiffszwieback« sagte Echs. »Gutes Dörrfleisch.«
»Du wirst guten Fisch noch viel mehr mögen«, sagte Jandra. »Und du könntest ebenfalls ein Bad gebrauchen. Du bist einmal grün gewesen. Sieh dich nur an, wie du jetzt aussiehst.«
Echs sah an seinen kohleverdüsterten Schuppen herunter. »Kein Bad«, sagte er mit fester Stimme. Es war das erste Mal, dass Shay erlebte, wie er Jandra widersprach.
Jandra warf dem kleinen Drachen einen Blick zu.
Echs blickte nach unten und wich ihrem Blick aus, dann sah er Shay mit großen, bittenden Augen an.
»Zieh mich da bloß nicht mit rein«, sagte Shay.
Kapitel Einundzwanzig
Dem Himmel so nah
D er Wasserfall stürzte hundert Fuß in die Tiefe, in einen Teich von zwanzig Schritt Durchmesser, und verwandelte sich dort in einen Wirbel aus weißer Gischt. Der größte Teil des Teichs aber war kristallklar, mit ganzen Scharen von silbrigen Fischen, die nicht größer als Shays Daumen waren und unentwegt hin und her schossen. Weiße Grillen, so groß wie Mäuse, sprangen von den Steinen am Rand des Teichs, als sie sich näherten. Die Insekten zirpten, ein hohes, rhythmisches Summen, das den donnernden Wasserfall musikalisch untermalte. Die gesamte Szenerie wurde von drei hellen Lichtern hoch über ihnen beleuchtet. Sie sahen wie Mondsplitter aus, die in Stein eingelassen worden waren. Sie verströmten ein Licht, wie Shay es noch nie außerhalb des Himmels gesehen hatte.
Durch irgendeinen glücklichen geologischen Zufall schmeckte das Wasser hier nach nichts anderem als Wasser. Es war keinerlei Schwefelgeschmack darin, der ihre Behälter befleckte, seit sie sich unter die Erde begeben hatten.
Jandra ließ ihren Rucksack auf das felsige Ufer gleiten. »Ich habe mich noch nie in meinem Leben so sehr nach einem Bad gesehnt«, sagte sie.
»Kein Bad!«, mischte Echs sich geräuschvoll ein. Er hockte wieder auf ihrer Schulter.
»Schön, dann nimmst du eben kein Bad«, sagte Jandra und kraulte Echs unter dem Kinn. »Ich mag dich so, wie du bist.«
Echs legte den Kopf schräg und blickte skeptisch drein.
Jandra deutete auf den Teich. »Sieh nur all diese Fische! Ich wette, die schmecken köstlich. Zu schade, dass wir niemanden haben, der schnell genug ist, um sie zu fangen.«
»Echs schnell«, sagte der kleine Drache und klang leicht beleidigt. »Guter Jäger!«
»Aber siehst du nicht, wie sie hin und her schießen? Niemand kann schnell genug in den Teich springen und sie mit der Hand fangen!«
»Echs kann fangen!« Der kleine Drache schoss mit so viel Schwung von Jandras Schulter, dass sie rückwärts gegen Shay taumelte. Echs sah aus, als würde er fliegen, als er zwanzig Fuß weit über den Teich segelte, ehe er ins Wasser platschte.
Jandra verlor den Halt auf dem glatten Stein, und Shay griff rasch nach ihrem Arm und hielt sie fest, bis sie wieder das Gleichgewicht zurückerlangt hatte. Sie sah zu ihm hoch; still standen sie einen Moment da. Jandras Augen waren faszinierend – eine tiefgründige Mischung aus Haselnussbraun und moosgrün gesprenkeltem Bernstein.
»Du hast wunderschöne Augen«, flüsterte er. Es war genau der richtige Moment, Jandra zu küssen.
Sie wandte sich ab, als seine Lippen näher kamen, und wirkte nervös.
»Es tut mir leid«, sagte er und zog sich zurück. »Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
»Das tust du nicht«, sagte sie. »Ich … ich will ja, dass du mich küsst. Nur nicht jetzt. Ich will, dass alles richtig ist. Ich habe noch nie jemanden geküsst. Ich meine, Pet hat mich geküsst,
aber das war mehr ein heimtückischer Überfall, auf den ich nicht vorbereitet war.«
»Dann hast du im Küssen mehr Erfahrung als ich«, sagte Shay. »Allerdings habe ich den Eindruck, dass es nicht gar so schwierig ist.«
»Ich bin sicher, dass es das nicht ist«, sagte sie. »Aber wir sind beide schmutzig, und unser Atem könnte Blumen zum Verwelken bringen. Ein Kuss in diesem Zustand ist vermutlich für keinen von uns ein Vergnügen.«
»Ich bin absolut sicher, dass ich es genießen würde«, sagte Shay.
»Aber du kannst trotzdem warten, ja?«, fragte Jandra und zog sich zurück. »Wir könnten beide erst ein Bad im Wasser vertragen.«
»Oh«,
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