Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
das Maul, um zu trinken, dann hielt er inne und betrachtete sein eigenes seltsames, in Gold gehülltes Ebenbild. Seine grünen Augen waren nicht mit dem Metall überzogen worden. Er öffnete den Mund. Seine Zähne waren ebenfalls bedeckt, aber nicht das Zahnfleisch. Seine Zunge war ungeschützt, noch immer purpurrot und wund.
Er scherte sich nicht um den Schmerz, sondern steckte seine Schnauze ins Wasser und trank, bis er genug hatte. Als er den Kopf wieder hob, hörte er ein Geheul, als würde der Wind durch eine Höhle fegen. Die Blumen im Garten um ihn herum zitterten heftig, während die Brise zunahm.
Mit dem Bauch voller Wasser kam er sich jetzt sogar noch ungelenker vor als zuvor. Aber er konnte sich keine Schwäche leisten. Mehr als irgendwer sonst war er für Jandras Zustand verantwortlich. Was bedeutete, dass er mehr als irgendwer sonst für das Schicksal der Welt verantwortlich war.
Er ließ sich tief in sein Reservoir an Stärke hinabsinken, so weit, wie einen nur ein Schuldgefühl vorwärtstreiben kann, und schlug mit den goldenen Flügeln, um sich in die Luft zu erheben. Rasch fand er seine Orientierung wieder. Er sah den Tempel in der Ferne, auch wenn er vor lauter Schatten nicht erkennen konnte, was in seinem Innern vor sich ging. Während er sich den Weg zwischen den Türmen hindurchbahnte, erkannte er die silbrige Gestalt von Jazz, die jetzt neben dem zerborstenen Springbrunnen kniete. Ein geflügelter Mann stand neben ihr. Einer der Engel?
Als er näher kam, erkannte er, dass es Shay war, der mit Jazz sprach. Jazz schüttelte den Kopf. Ihre Silberhülle beulte sich am Rücken aus. Was ging da vor? Er hatte nur wenige Sekunden Zeit, um zu entscheiden, was er tun würde. Er wusste, dass seine Kraft jeden Moment versagen würde.
Shays Augen wurden groß, als er Hex sah.
Jazz warf ihm einen Blick über die Schulter zu.
Hex traf seine Entscheidung. Kurz bevor sein Maul sich um Jazz’ silbrige Gestalt schloss, begriff er, dass die Ausbeulung am Rücken ein bisschen wie das Gesicht einer Frau aussah.
Er grub seine Zähne mit aller Kraft in Jazz. Es klang, als würden zwei Stimmen in seinem Mund brüllen. Er breitete die
Flügel aus, um zu verhindern, dass er gegen die Tempelsäulen prallte, und stolperte, als er auf dem Boden aufkam. Der Wind in seinem Rücken war wie ein Wirbelsturm. Hex taumelte und rollte über den Boden, wodurch er die silberne Frau aus dem Maul verlor. Er hüpfte die Stufen des Tempels hoch, vorwärtsgestoßen von dem unglaublichen Wind, und grub seine goldenen Klauen in den polierten Marmor, während er weiterrutschte. Er reckte den Hals und sah Flitzer, wie dieser dagegen ankämpfte, in ein riesiges schwarzes Loch gezogen zu werden, über dem eine zweite Jazz stand.
Wenn auch seine goldene Hülle stärker war und seine Klauen schärfer, mangelte es seinen Metallschuppen doch an einer wesentlichen Eigenschaft: der Hyper-Spannung. Nichts, das er tat, vermochte zu verhindern, dass er auf das Loch zurutschte.
Ein scharfer Schmerz barst in seinem linken Flügel. Er kam plötzlich und vollständig zum Halt. Dann sah er sich nach der Ursache des Schmerzes um.
Einer von Bitterholz’ Pfeilen ragte aus seinem Flügel. Der Schaft hatte sich bis zur Hälfte in den Marmorboden gebohrt. Die Kraft, die an ihm zerrte, hätte zweifellos sein Fleisch zerfetzt, aber die goldene Hülle hielt dem Pfeil stand. Er war festgenagelt.
»Bring sie zu Fall!«, knurrte Hex.
Irgendwie vermutete er, dass der Mördergott sein Gebet selbst über das Geheul des Windes hinweg hören konnte.
Kapitel Einunddreißig
Verlorene Stadt
D ie silberumkleidete Frau am Fuß der Tempelstufen kämpfte sich auf wackelige Beine. Dunkles Blut sickerte aus tiefen, hässlichen Stichwunden auf beiden Seiten ihres Brustkorbs. Shay hatte sich das Engelsschwert zurückgeholt und trat jetzt vorsichtig näher. Sie starrte ihn mit einem mörderischen Blick an, während sich gelbe Flammen auf ihren metallenen Wangen spiegelten.
»Sie hat Echs getötet«, sagte Shay.
Das linke Auge der Frau zuckte.
»N-netter V-versuch«, sagte sie und wischte sich mit blutverschmierter Hand über die silbernen Lippen. »Aber der Angriff deines F-Freundes hat mich auf den F-Fahrersitz zurückkatapultiert. «
»Sie hat Vendevorex getötet«, sagte Shay, auch wenn er nicht ganz sicher war, ob das stimmte.
Jazz’ silberne Haut kroch buchstäblich über ihre Wunden.
»Mich a-anzugreifen … v-verstärkt nur … das V-Verteidigungsprogramm
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