Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
behelligen.
Sie folgten einem gut ausgetretenen Pfad, der sich an dem Fluss entlang nach Großschleck wand. Es war jetzt ziemlich dunkel, besonders hier in den Schatten des Berges. Der Himmel über ihnen war grau und bewölkt.
»Etwas weiter oben gibt es viele Höhlen. In einer von ihnen können wir für die Nacht bleiben«, sagte Jandra.
Shay stolperte im Dunkeln über eine Baumwurzel und hätte fast die Schrotflinte aus der Hand verloren, als er sich an einem Baumstamm festzuhalten versuchte. Visionen von hellen roten Pferdeknochen, die aus einem Fell ragten, blitzten in seinem Kopf auf. »Ich hätte auch nichts dagegen, auf dem Boden zu schlafen«, sagte er.
»Nimm das hier. Damit müsste es dir leichter fallen, nachts unterwegs zu sein.« Sie hielt ihm einen Ring aus silbernem Metall hin, wie Zeeky und Ferkelchen ihn auch trugen. Das Visier war überraschend leicht. Obwohl es aus festem Metall zu sein schien, wog es nicht mehr als ein Stück Pergament. Seltsamerweise war das Metall bei der Berührung warm, trotz des kühlen Abends.
Jandra schob sich ihr Visier über die Stirn und ließ es auf die Nase sinken. Das augenlose Band wirkte mehr wie eine Augenbinde als ein Hilfsmittel zum Sehen. Er schob es sich ebenfalls über die Augen. Augenblicklich wurde die Umgebung so hell, als wäre es Mittag. »Na, das ist aber eine Magie!«
Jandra stemmte die Hände in die Hüften. »Du kannst nicht immerzu rumlaufen und alles, was du nicht verstehst, als Magie bezeichnen«, sagte sie streng.
»Wieso nicht?«, fragte Shay. »Wieso kümmert es dich, wie ich meine Erfahrungen organisiere?«
Jandra seufzte und schüttelte den Kopf. Echs schüttelte seinen Kopf ebenfalls langsam, als würde auch er sich in Gegenwart eines nervenaufreibenden Kindes befinden. Der kleine Drache verdrehte die Augen; eine Geste, die er bei Jandra gesehen hatte. Vielleicht ersparte ihm die Tatsache, dass ein Visier ihre Augen verbarg, eine ähnliche Reaktion ihrerseits.
»Es ist nicht gerecht, wenn wir uns so streiten«, sagte Shay. »Echs sitzt wie ein zweiter Kopf auf deiner Schulter. Ich habe das Gefühl, wenn ich mit dir spreche, bin ich in der Minderheit. «
»Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich weiß, dass ich auf dich aufbrausend und intolerant wirken muss. Ich glaube nicht, dass ich immer so war.« Sie klang jetzt traurig, als sie den Pfad entlangsah, der den zerklüfteten Berg hochführte. »Ich weiß nicht, ob es die Anspannung ist, die mich so gemein zu dir sein lässt, oder ob es an Jazz’ Persönlichkeit liegt, die sich mehr und mehr mit meiner eigenen vermischt. Sie war nicht gerade ein geduldiger Mensch. Ich versuche von jetzt an, dir nicht immer den Kopf abzubeißen.«
»Du warst nicht gemein zu mir.« Shay fühlte sich schlecht, weil sie sich schlecht fühlte. »Ich war ein Sklave. Ich bin es gewohnt, dass man mich auspeitscht, wenn ich andere nicht zufrieden stelle. Es ist wirklich keine unerträgliche Bürde, dass du mich von Zeit zu Zeit ausschimpfst.«
»Die Welt hat bereits genug Konflikte, ohne dass ich da noch was hinzufügen muss. Eigentlich ist es nicht einzusehen, wieso es mich stören sollte, wenn du glaubst, dass die Visiere etwas mit Magie zu tun haben. Es ist nicht dein Fehler, dass du nicht die Ausbildung hast, um zu erkennen, was dem zugrunde liegt.«
Ihre Entschuldigung glitt ins Beleidigende ab. Sprach sie ihm die Lernfähigkeit ab?
Jandra klopfte an ihr Visier. »Diese Dinge sind mehr als nur witzige Gläser«, sagte sie und klang glücklich, dass sie das Thema wechseln konnte. »Die Langwyrm-Reiter konnten sich mit ihrer Hilfe über große Entfernungen hinweg verständigen. Ich frage mich, ob ich jemals herausfinde, wie man sie dazu benutzt?«
»Tatsächlich bist du bereits auf einem offenen Kanal«, sagte eine unsichtbare Stimme. »Ich kann dich gut hören.«
Jandra fuhr zusammen und sah sich nach der Quelle der geisterhaften Stimme um. Shay wirbelte im Kreis herum und versuchte, den Sprecher zu sehen. Er hielt das Gewehr griffbereit.
»Adam?«, fragte Jandra.
»Wer ist Adam?«, flüsterte Shay.
»Adam Bitterholz. Bants Sohn. Er war Hauptmann der Langwyrm-Reiter. «
»Ja, ich bin Adam«, sagte die körperlose Stimme. »Bist du das, Jandra? Wer ist bei dir?«
»Das ist Echs«, sagte sie und hielt eine Hand hoch, um dem Erddrachen über die Pfote zu streichen. »Oh, du meinst die andere Stimme, die du gehört hast? Das ist mein neuer Freund Shay. Wo bist du?«
»Ich bin im Tempel in
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