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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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kann niemand mehr ganz sicher sein, wer sein Feind ist und wer nicht. Menschen kämpfen gegen Menschen, Orks gegen Orks – und die Zwerge ziehen ihren Nutzen daraus. Früher oder später werden sie in den Besitz des Buches gelangen, und dann ist es mit eurem Dasein als Herrscher eurer Insel vorbei.«
    »Und das sagt der bleiche Wicht einem auch noch mitten in die Visage«, knurrte Rammar halblaut – widersprechen konnte er jedoch nicht. »Stellt sich nur noch die Frage, warum du uns zuerst hierher gebracht hast, wenn das Weibsstück doch bei den Zwergen gefangen sitzt.«
    »Zum einen, weil das Luftschiff zu großes Aufsehen erregt hätte, sodass es besser ist, die Reise auf dem Landweg fortzusetzen.«
    »Und zum anderen?«, fragte Rammar mit kritisch verengten Augen. »Lass mich raten – du hast geglaubt, dass uns der Anblick des Grabmals und unseres eigenen Denkmals zu Tränen rühren würde. Und dass wir um der alten Zeiten willen zu jeder Narretei bereit sein würden.«
    »Einen Versuch war es wert«, Dag grinste breit. »Der Handel gilt also?«
    Rammar starrte auf die Hand, die der Junge ihnen noch immer hinhielt und die der Ork am liebsten abgebissen hätte – und er kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass er das Milchgesicht wohl ein wenig unterschätzt hatte.
    »Wenn diese Aryanwen tatsächlich eine Nachkommin des Elfenweibs ist, wäre allein das schon Grund genug, sie bei den Hutzelbärten verschmoren zu lassen«, überlegte er laut. »Und sie weiß ganz sicher, wo sich das Buch befindet?«
    »So wahr ich vor euch stehe.«
    Rammars Äuglein blitzten, während er die gelben Zähne bleckte. »Mensch, wenn du uns noch einmal belügst, wirst du nichts mehr haben, worauf du stehen kannst, hast du kapiert? Es geht für dich um alles.«
    »Das ist mir klar«, stimmte Dag zu, und ein flüchtiges Grinsen huschte dabei über seine jungen und doch undurchschaubaren Züge. »So wie für euch.«

18.
    PROINNSA ANN IOMAGASH
    Einundsechzig Tage.
    Hätte sie nur nach ihrem persönlichen Empfinden geurteilt, hätte Aryanwen gesagt, dass ihre Gefangenschaft in der Festung Gorta Ruun schon sehr viel länger dauerte. Die Striche jedoch, die sie mit einem Kiesel in die von Schimmel überzogene Wand ihres Gefängnisses geritzt hatte und von denen jeder einen Tag und eine Nacht bedeutete, ließen in dieser Hinsicht keine Zweifel zu. Vorausgesetzt natürlich, die Prinzessin von Tirgaslan hatte im ewigen Halbdunkel, das in ihrer Kerkerzelle herrschte, nicht völlig die Übersicht über den Wechsel von Tag und Nacht verloren.
    Ihre einzigen Anhaltspunkte waren die Mahlzeiten, die sie einmal am Tag bekam und die stets aus Gerstenbrei, einem Becher Wasser und einem Stück schimmeligem Käse bestanden, sowie die Abschnitte unruhigen und von Albträumen gepeinigten Schlafs, in die sie in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen verfiel.
    Anfangs war Aryanwen immer dann eingeschlafen, wenn ihre Tränen versiegt waren und sie das Gefühl gehabt hatte, am Boden des riesigen Pfuhls aus Angst und Verzweiflung angekommen zu sein, in den ihre Gefangenschaft sie gestürzt hatte. Später dann hatte der Schlaf sie übermannt, während sie fieberhaft versucht hatte, einen Fluchtweg aus ihrer Gefangenschaft zu finden, eine Möglichkeit, ihren Häschern zu entfliehen.
    Inzwischen saß sie nur noch da und wartete darauf, dass sie müde wurde und einschlief – denn der Schlaf hatte sich als die einzige Möglichkeit erwiesen, der modrigen Enge ihrer Kerkerzelle zu entkommen.
    Wenigstens für eine Weile.
    Gerade einmal zwei Schritte im Quadrat maß das Loch, in das man Aryanwen gesteckt hatte. Ein Haufen Stroh, den man auf den Boden geworfen hatte, stellte die einzige Annehmlichkeit dar, wenn man es denn so nennen konnte. Ihre Notdurft verrichtete die Prinzessin in der hintersten Ecke der Kammer, die alle paar Tage ausgemistet wurde wie ein Stall – entsprechend kam sich Aryanwen in der Gewalt der Zwerge vor wie ein gefangenes Tier.
    Mit Wehmut dachte sie zurück an Tirgaslan. An die glücklichen Tage, die sie dort verbracht, an die Geborgenheit, die sie dort empfunden hatte.
    Und an ihn …
    Anfangs hatte Aryanwen geglaubt, dass es mehr als Zufall gewesen war, der sie zusammengeführt hatte, mehr als eine Laune des Schicksals. Dass sie beide Zeugen eines jener selten gewordenen Augenblicke geworden waren, in denen die Bestimmung ihr träges Haupt erhob und in die Geschicke der Sterblichen eingriff, mehr noch, dass sie beide dazu ausersehen

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