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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sie verabscheute sich dafür.
    »Aus diesem Grund will ich Euren tristen Alltag ein wenig erhellen«, verkündete Winmar vergnügt, während er sich am Tischtuch die fettigen Hände abwischte. »Setzt euch und esst so viel Ihr wollt, Prinzessin. Ich bin heute in großmütiger Stimmung.«
    »Nein danke«, hörte Aryanwen sich selbst sagen, wofür sie sich am liebsten geohrfeigt hätte. All diese Speisen, das Fleisch, die Pilze und Früchte, waren nur nur wenige Armlängen von ihr entfernt, und statt einfach zuzugreifen, lehnte sie es ab?
    Winmar entblößte sein goldenes Gebiss zu einem Grinsen. Dann griff er nach einem mit Edelsteinen besetzten und offenbar mit Bier gefüllten Humpen. Der Schaum rann ihm aus den Mundwinkeln, während er in gierigen Schlucken trank. Das Geräusch, das der Krug beim Zurücksetzen auf den Tisch machte, ließ vermuten, dass er bis auf den Grund geleert war. »Irgendwie hatte ich mir gedacht, dass Ihr das sagen würdet. Aber Ihr solltet es Euch gut überlegen, ob Ihr meine Gastfreundschaft ausschlagen wollt, Prinzessin. Wie meine Gefolgschaft Euch berichten wird, bin ich nicht jeden Tag solcher Laune.«
    Aryanwen schluckte den Kloß hinunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Ein Teil von ihr hätte ihrem verhassten Peiniger gerne widersprochen, hätte ihm am liebsten ins Gesicht gesagt, wie verabscheuungswürdig sie ihn fand und dass sie lieber verhungern würde, als auch nur einen Bissen von seiner Tafel anzurühren … Aber die Wahrheit sah anders aus.
    Aryanwen war geschwächt.
    Die Gefangenschaft zeigte Wirkung, ihr ohnehin graziler Körper war ausgezehrt und litt unter der wochenlangen Entbehrung. Natürlich konnte sie sich weigern, von Winmars Tafel zu essen, und sich weiterhin nur von dem ernähren, was die Kerkerknechte ihr vorsetzten, aber letztlich schadete sie damit nur sich selbst. Solange auch nur die leiseste Hoffnung bestand, dass es Rungbold gelungen war, ihren Hilferuf abzuschicken, hatte sie die Pflicht, am Leben zu bleiben. Erst wenn sich ihre Hoffnungen irgendwann zerschlugen, war es an der Zeit, nach anderen Lösungen zu suchen …
    Sie senkte das Haupt wie jemand, der im Begriff war, etwas Schmachvolles zu tun, und trat einen Schritt auf den Hocker zu. Halb erwartete sie, dass die beiden Kerkerknechte, die sie aus ihrer Zelle geholt und in den Thronsaal geführt hatten, sie daran hindern würden. Aber die Zwerge, deren Körper ebenso verkrüppelt und missgestaltet waren wie ihre Seelen, regten sich nicht.
    »Sieh an«, machte Winmar genüsslich.
    Der Triumph in seiner Stimme ließ ihre Magensäfte brodeln. Noch immer wäre ein Teil von ihr am liebsten umgekehrt, aber nun, da sie in unmittelbarer Reichweite all der Spezereien war und ihr Geruch würzig und verführerisch in ihre Nase stieg, konnte sie nicht mehr zurück. Zaghaft trat sie an den Tisch und setzte sich auf den Hocker. Er war so niedrig, dass sie gerade noch über die Tischplatte sehen konnte und sich vorkommen musste wie ein Kind, das um Reste bettelte.
    Von seinem hohen Sitz aus blickte Winmar auf sie herab. Er hatte zu einem der Wildvögel gegriffen und zerpflückte ihn mit fahrigen Bewegungen. Auf Aryanwens geschwächten Geist wirkte die Situation seltsam unwirklich, fast hatte sie das Gefühl, sich in einem Traum zu befinden. Als die Kerkerknechte zu ihr in die Zelle gekommen waren, hatte sie einen Moment lang geglaubt, dass ihre letzte Stunde geschlagen habe – nun fand sie sich an einer reich gedeckten Tafel wieder und war im Begriff, mit ihrem Erzfeind zu speisen. Allein die Vorstellung war widerwärtig, dennoch ertappte sich Aryanwen dabei, dass sie nach einem mit Bratapfel garnierten Stück Spanferkel griff.
    »Gut so«, anerkannte Winmar grinsend.
    Aryanwen überwand ihre Scheu und biss hinein. Die warme Süße des Apfels füllte ihren Mund, und sie hatte das Gefühl, nie etwas gegessen zu haben, das auch nur annähernd so rund und voll geschmeckt hatte. Sie biss ein zweites Mal ab, noch immer zaghaft, und genoss es zu fühlen, wie der nach Zimt und Nelken schmeckende Brei in ihren Magen rutschte und sie mit einem Gefühl wohliger Wärme erfüllte, wie sie es lange nicht verspürt hatte.
    Dann kam das Fleisch.
    Der erste Happen war noch zurückhaltend und kontrolliert. Dann, als sie den festen Biss und den würzigen Geschmack des Fleisches fühlte, verlor sie die Beherrschung, und die Instinkte ergriffen von ihr Besitz, geradeso, wie sie zuvor von dem Stollenhund Besitz ergriffen

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