Die Herrschaft Der Seanchane
Ankunft der Seanchaner erleben müssen, dass man sie auf den Straßen einsammelte und ihnen eine Arbeit zuteilte, und der Rest blieb selbst im Tageslicht fort. Der Grund dafür war der Tarasin-Palast, jener große Berg aus weißen Kuppeln und Marmorturmspitzen und schmiedeeisernen Baikonen, die Residenz von Tylin Quintara Mitsobar, Dank der Gnade des Lichts Königin von Altara - oder zumindest so viel von Altara, wie in ein paar Tagesritten im Umkreis von Ebou Dar zu erreichen war -, die Herrin der Vier Winde und Wächterin der See der Stürme. Und, was vielleicht noch wichtiger war, die Residenz der Hochlady Suroth Sabelle Meldarath, Befehlshaberin der Vorläufer der Kaiserin von Seanchan, mochte sie ewig leben. Im Augenblick war das eine viel wichtigere Position. An jedem Eingang standen Tylins Wachen mit ihren bauschigen weißen Hosen, grünen Stiefeln und vergoldeten Brustpanzern über den grünen Mänteln, aber da waren auch Männer und Frauen mit jenen insektenhaften Helmen und blaugelben oder grünweißen oder in allen möglichen anderen vorstellbaren Kombinationen gestreiften Rüstungen. Die Königin von Altara brauchte Sicherheit und Stille für ihre Erholung. Zumindest behauptete das Suroth. Und wenn Suroth sagte, dass Tylin es so wollte, dann wollte Tylin es nach kurzer Zeit auch tatsächlich.
Nach kurzem Überlegen ging Mat mit Noal zu einem der Tore, die zu den Stallungen führten. Dort bestand eine größere Chance, einen Fremden hereinzubringen, als wenn er die große Marmortreppe benutzte, die auf den Platz hinunter führte. Ganz zu schweigen von einer Gelegenheit, den Schlamm loszuwerden, bevor er Tylin gegenübertreten musste. Als er das letzte Mal nach einer Wirtshausschlägerei zerzaust zurückgekommen war, hatte sie ihr Missfallen deutlich zum Ausdruck gebracht.
Eine Hand voll Ebou Dari-Wachen standen mit Hellebarden auf der einen Seite des offenen Tores und auf der anderen befand sich die gleiche Anzahl Seanchaner mit quastengeschmückten Speeren; sie alle standen so steif wie Narienes Statue.
»Des Lichts Segen für alle«, murmelte Mat höflich an die Ebou Dari gewandt. Es war immer besser, Ebou Dari mit Höflichkeit gegenüberzutreten, solange man sie nicht gut kannte. Und danach ebenfalls, was das anging. Trotzdem waren sie viel... flexibler als die Seanchaner.
»Und für Euch, mein Lord«, erwiderte ihr stämmiger Offizier und trat vor. Mat erkannte ihn. Surlivan Sarat, ein anständiger Bursche, immer zu einer schlagfertigen Bemerkung bereit und mit einem guten Auge für Pferde. Surlivan schüttelte den Kopf und klopfte mit dem dünnen, vergoldeten Stab, dem Zeichen seines Amtes, gegen die Seite seines spitzen Helms. »Wart Ihr schon wieder in einen Kampf verwickelt, mein Lord? Sie wird wie eine Wasserfontäne in die Luft gehen, wenn sie Euch sieht.«
Mat nahm aufgebracht die Schultern zurück und versuchte, sich nicht zu offensichtlich auf seinen Stab zu stützen. Immer zu einer schlagfertigen Bemerkung bereit? Wenn man so darüber nachdachte, hatte der von der Sonne dunkel gebräunte Mann eine Zunge wie eine Raspel. Und so gut war sein Auge für Pferde nun auch wieder nicht. »Wird es Fragen geben, wenn mein Freund hier bei meinen Männern schläft?«, fragte er kurz angebunden. »Das sollte es nicht. Bei meinen Männern ist Platz genug.« Platz für mehr als nur einen, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Bis jetzt waren acht Männer gestorben, weil sie ihm nach Ebou Dar gefolgt waren.
»Nicht von mir, mein Lord«, sagte Surlivan, obwohl er den dürren Mann an Mats Seite musterte und verständnisvoll die Lippen schürzte. Noals Mantel erschien von guter Qualität, zumindest unter diesen Lichtverhältnissen, und die Spitze, die er trug, war in einem besseren Zustand als Mats. Vielleicht gab das den Ausschlag. »Und sie braucht nicht alles zu wissen, also auch nicht von ihrer Seite.«
Mat runzelte die Stirn, aber bevor unbeherrschte Worte ihn und Noal in den Suppenkessel befördern konnten, kamen drei gepanzerte Seanchaner ans Tor galoppiert und Surlivan wandte sich ihnen zu.
»Ihr und Eure Ehefrau wohnt im königlichen Palast?«, erkundigte sich Noal und wollte sich Richtung Tor in Bewegung setzen.
Mat zog ihn zurück. »Wartet auf sie«, sagte er und deutete auf die Seanchaner. Seine Ehefrau? Verdammte Frauen! Verdammte Würfel in seinem verdammten Kopf!
»Ich habe Depeschen für die Hochlady Suroth«, verkündete eine der Seanchanerinnen und hieb auf eine Ledertasche, die von
Weitere Kostenlose Bücher