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Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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du schon auf jedem Knie eine Neue sitzen. So ist das mit den Frauen, Juilin. Wenn die eine nein sagt, gibt es immer eine andere, die ja sagen wird.«
    Ein Diener mit dem Arm voller Leinenhandtücher eilte vorbei und starrte Mats schlammverkrustetes Erscheinungsbild erstaunt an, aber Juilin bezog das auf sich, riss die Daumen aus dem Gürtel und versuchte, eine etwas demütigere Haltung anzunehmen. Ohne großen Erfolg. Zwar schlief Thom bei der Dienerschaft, aber er hatte es von Anfang an geschafft, es so aussehen zu lassen, als wäre das seine Entscheidung gewesen, eine Exzentrizität, daher fand es niemand seltsam, ihn hier oben in diesem Stockwerk zu sehen, wie er vielleicht in Riselles Gemächer schlüpfte, in denen einst Mat gewohnt hatte. Juilin hatte viel Mühe darauf verwendet, deutlich zu machen, dass er ein Diebefänger war; er hatte so vielen mit Vorsicht zu genießenden kleinen Adligen und selbstzufriedenen Kaufleuten in die Augen geschaut, um klarzustellen, dass er genauso gut war wie sie, dass jeder im Palast wusste, wer und was er war. Und wo er sich aufzuhalten hatte, und zwar im Erdgeschoss.
    »Mein Lord ist klug«, sagte er viel zu laut und machte eine steife, ruckartige Verbeugung. »Mein Lord weiß alles über Frauen. Wenn mein Lord nun einem einfachen Mann verzeihen möge, ich muss dorthin zurück, wo ich hingehöre.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um und sagte mit weithin verständlicher Stimme: »Ich habe heute gehört, gesetzt den Fall, mein Lord sollte noch einmal so zurückkommen und aussehen, als hätte man ihn die Straße entlang geschleift, wird die Königin meinen Lord mit einer Rute bestrafen.«
    Und das war der Stein, der den Wagen entzwei brach.
    Mat riss die Türen zu Tylins Gemächer auf, stürmte herein, warf den Hut quer durch den Raum... und erstarrte. Alles, was er hatte sagen wollen, erstarb auf seiner Zunge. Sein Hut landete auf dem Teppich und rollte weiter, aber er sah nicht, wohin. Eine Windböe rüttelte an den hohen, dreibögigen Verandatüren, die auf den langen Balkon hinausführten, von dem aus man auf den Mol Hara herabblicken konnte.
    Tylin drehte sich auf einem Stuhl um, dessen Schnitzwerk ihn wie vergoldetes Bambus aussehen ließ, und starrte ihn über den Rand ihres goldenen Weinpokals an. Wellen glänzenden schwarzen Haars, das an den Schläfen eine leichte Grautönung aufwies, umrahmten ein wunderschönes Gesicht mit den Augen eines Raubvogels, das im Augenblick nicht besonders zufrieden aussah. Sie wippte etwas mit dem übereinander geschlagenen Bein, was die grünen und weißen Stoffschichten der Unterröcke rascheln ließ. Die ovale Öffnung ihres Gewandes, die ihre vollen Brüste zur Hälfte enthüllte, wurde von hellgrüner Spitze gesäumt; zwischen ihnen baumelte der juwelenbesetzte Griff ihres Hochzeitsdolchs. Sie war nicht allein.
    Suroth saß ihr gegenüber, sah stirnrunzelnd in ihren Weinpokal und trommelte mit den langen Fingernägeln auf der Stuhllehne; obwohl ihr Haar bis auf einen langen Schöpf abrasiert war, stellte sie eine durchaus hübsche Frau dar, wenn man einmal davon absah, dass sie Tylin wie einen verschreckten Hasen aussehen ließ. Zwei Fingernägel jeder Hand waren blau lackiert. An ihrer Seite saß ausgerechnet ein kleinwüchsiges Mädchen, das ebenfalls ein mit aufwendigen Blumenmustern besticktes Oberteil mit weißen Faltenröcken trug, dessen Kopf - der anscheinend völlig kahl geschoren war! - mit einem durchsichtigen Schleier bedeckt und mit einem Vermögen an Rubinen behängt war. Selbst in seinem Entsetzen fielen Mat die Rubine und das Gold auf. Hinter dem Stuhl des Mädchens stand eine schlanke Frau mit verschränkten Armen und schlecht verhohlener Ungeduld, deren Hautfarbe fast so dunkel wie ihr beinahe schwarzes Gewand war und die, selbst wenn sie eine Aiel gewesen wäre, über eine erstaunliche Körpergröße verfügte. Ihr lockiges schwarzes Haar war kurz geschnitten, aber nicht abrasiert, also war sie weder Blut noch So'jhin. Mit ihrer majestätischen Schönheit stellte sie sowohl Tylin wie auch Suroth in den Schatten. Ihm entging die Schönheit von Frauen nicht, selbst wenn er das Gefühl hatte, gerade einen Schlag mit einem Hammer auf den Kopf erhalten zu haben.
    Es war nicht Suroths Anwesenheit oder die der Fremden, die ihn hatte erstarren lassen. Die Würfel hatten innegehalten und waren mit einem Donnern gefallen, das seinen Schädel erbeben ließ. Das war noch nie zuvor geschehen. Er stand da

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