Die Herzensdiebin
sich zu verteidigen verstand.
»Um auf Ihre Frage zurückzukommen, Mr. Benjamin, mich interessiert nicht so sehr, wer Devlins Eltern sind, sondern welche Erziehung sie ihm ermöglicht haben. Er fasziniert mich eben als Mann.« Sie wandte sich Devlin mit einem Lächeln zu. »Und ich kann wohl kaum etwas an seinem Charisma, seinem Charme oder seiner freundlichen Art aussetzen.«
Entweder war sie eine bessere Schauspielerin, als sie zugeben wollte, oder sie glaubte, was sie da eben gesagt hatte — und Devlin wusste nicht, was ihn mehr beunruhigte.
Benjamin erkannte, wann er das Feld zu räumen hatte, also zog er sich von diesem Kampf zurück und ritt gleich in die nächste Schlacht. »So, junger Devlin, was haben Sie mit meinem Haus gemacht?«
»In drei Wochen wird das Secret Garden eröffnen, seine ersten Gäste empfangen und in die Riege der Fünf-Sterne-Hotels aufgenommen werden«, antwortete Devlin ungerührt.
»Und doch ist mir zu Ohren gekommen, dass es Schwierigkeiten gab, die Waren von den örtlichen Geschäftsleuten zu beziehen.« Wilfred Kistard lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände vor dem rundlichen Bauch.
»Die örtlichen Geschäftsleute tun, was sie tun müssen.« Devlin war mehr als einmal versetzt worden, denn ein Geschäftsmann hatte eifrig erklärt, der Lieferengpass wäre nur vorübergehend, und »wenn Mr. Fitzwilliam sich noch etwas gedulden wolle ...«
»Es ist zu einigen Unfällen auf dem Anwesen gekommen«, stellte Scrubby trocken fest und trommelte mit den Fingerspitzen auf den Tisch. »Noch irgendwelche anderen Probleme?«
»Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft.« Devlin suchte Scrubbys Blick und nickte.
»Wenn Sie nun nicht die Fünf-Sterne-Bewertung bekämen, wie schlimm wäre das?« Penn Sample gab ein schnalzendes Geräusch von sich. »Ich vermute, das hätte deutliche Gewinneinbußen zur Folge.«
»Wie wahr, wie wahr.« Osgood ließ die Schultern hängen und wartete auf Benjamins Führung.
»Meine Hotels machen keinen Verlust.« Selbstsicher schaute Devlin in die Runde am Tisch. »Die Einladungen zur großen Eröffnung gehen kommende Woche raus. Achten Sie auf die Post, meine Herren. Das wird das Event der Saison.«
»Glauben Sie wirklich, einer von uns würde vorbeikommen, um mit anzusehen, wie Sie die heiligen Traditionen von Amelia Shores mit Füßen treten?«, fragte der alte Benjamin ihn.
»Oh, Sie werden bestimmt kommen. Dafür sind Sie viel zu neugierig.« Devlins Gewissheit kollidierte mit Benjamins Entrüstung.
Der Zorn des Alten legte sich. Natürlich würde er da sein.
Nummer Vier drückte eine Zigarette aus, steckte sich aber gleich eine neue an, nahm einen tiefen Zug und wirkte wie ein Mann, der eigentlich stärkeren Stoff brauchte.
Benjamin sen. musterte ihn mit kaum verhohlener Verachtung. »Du bist zu alt, um dieses Zeug zu rauchen. Die sind für die Jugendlichen. Benimm dich wenigstens in dieser Hinsicht wie ein Mann.«
»Sie wollen einen Mann aus ihm machen beim Rauchen?«, fragte Meadow. »Wie soll das gehen?«
»Es geht nichts über eine gute Zigarre.« Benjamin hielt vorsorglich die Hand hoch, um Meadow von weiteren Kommentaren abzuhalten. »Ich weiß, dass einige Damen den Geruch nicht leiden können, aber nichts geht über den weichen, warmen Duft einer teuren Zigarre.«
Nummer Vier war offenbar richtig verärgert, in Meadows Gegenwart von seinem Vater zurechtgewiesen zu werden, denn in seiner Stimme lag unüberhörbar ein grollender Unterton. »Ich mag keine Zigarren, Sir.«
»Ich kann nicht verstehen, warum Sie Mundkrebs von Zigarren mehr wertschätzen als Lungenkrebs von Zigaretten. Beides endet in verstümmelnden Operationen, furchtbaren Hustenanfällen, Chemotherapie und Tod.« Meadow lächelte; die Mundwinkel leicht nach oben gezogen, bot sie das kühlste Lächeln, das Devlin bislang hatte sehen dürfen.
Der Kontrast zwischen diesem sarkastischen Zug um ihre Mundwinkel und ihrem sonst so strahlenden Lächeln war so stark, dass selbst die alten Knacker erschrocken wirkten. Benjamin räusperte sich leicht verwirrt. »Junge Dame, das ist eine schonungslose Beschreibung eines angenehmen Zeitvertreibs. In diesem Staat bauen wir Tabak an, und wir glauben nicht an diese ganze Propaganda von krebserregenden Stoffen und dergleichen.«
»Mr. Benjamin, hätten Sie sich je die Mühe gemacht, in eine Krebsstation zu gehen; würden Sie mir glauben.« Schnell hatte sie Nummer Vier die brennende Zigarette weggenommen
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