Die Herzensdiebin
und im Aschenbecher ausgedrückt. »Vergessen Sie das Gerede von Zigarren«, sagte sie zu ihm. »Hören Sie einfach auf.«
Benjamin war im Begriff, etwas zu sagen.
Meadow hielt seinem Blick stand und vollbrachte schließlich etwas, das Devlin für unmöglich gehalten hatte: Sie brachte den Alten durch ihren strengen Blick aus der Fassung.
Benjamin schaute zur Seite. »Frech und durchtrieben«, murmelte er vor sich hin.
Im Hintergrund grinste Scrubby in sich hinein. Kistard und Osgood lehnten sich in ihren Stühlen zurück, verschränkten die Arme und warteten auf weitere Unterhaltung. Der alte Benjamin wurde von allen respektiert, aber besonders beliebt war er bei keinem.
Eine junge Mutter kam auf die Terrasse. Sie trug die übliche Touristenkleidung — Flipflops, einen Badeanzug, einen Strohhut — und hatte Sand auf Armen und Beinen. Aber sie hatte noch etwas bei sich: Sie trug einen Kindersitz fürs Auto. Sie sah verschwitzt und müde aus, und das Baby machte mit Geschrei auf sich aufmerksam.
»Oh, um Himmels willen!«, entfuhr es Benjamin verächtlich. »Sehen diese Leute denn nicht, dass dies ein nettes, ruhiges Lokal ist?«
Die Frau hatte das natürlich gehört. Ihre von der Sonne geröteten Wangen wurden von einer noch tieferen Röte überzogen, und ihre erschrockenen Augen füllten sich mit Tränen.
Meadow war augenblicklich auf den Beinen. »Warten Sie, ich helfe Ihnen. Dann können Sie sich in Ruhe um Ihr Baby kümmern. Wo möchten Sie sitzen? Vielleicht am besten im Schatten.«
Die junge Mutter schüttelte den Kopf und warf einen besorgten Blick auf den Tisch mit den alten Knackern.
»Ach, machen Sie sich um den keine Sorgen.« Meadows Tonfall war so unmissverständlich wie der des Alten. »Seine Arthritis macht ihm zu schaffen.« Sie suchte der Frau einen gemütlichen Platz, schickte Dave los, um Wasser zu holen, und erzählte die ganze Zeit von Urlaub, Muscheln und Karotten, an denen Sand klebte.
Die junge Mutter entspannte sich allmählich und ließ sich auf das Gespräch ein.
Und die ganze Zeit über sahen die alten Herren, Nummer Vier und Devlin zu, denn keiner vermochte den Blick von der kupferfarbenen Haarpracht abzuwenden.
Meadow hob das drei Monate alte Baby aus dem Sitz.
Aus den Augenwinkeln sah Devlin, dass Bradley Benjamin erschrak. Devlin sah ihn an.
Benjamin starrte Meadow verwirrt an und zog die Stirn in Falten.
Sie hatte sich den Kleinen auf die Hüfte gesetzt, lächelte ihn an und sprach in dem leisen, beruhigenden Tonfall einer erfahrenen Tagesmutter.
Benjamin sog scharf die Luft ein. Die Farbe wich aus seinem Gesicht. Dann verzog er den Mund und fasste sich an die Brust.
Devlin lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück. Seine Pläne schienen aufzugehen.
Bradley Benjamin hatte Isabelles Enkelin erkannt.
14
»Haben Sie eine Ausgabe von The Secret Garden ?« Meadow stützte sich auf der Theke des Buchladens in Amelia Shores ab und sah die Verkäuferin an.
Mrs. Cognomi, eine stämmige Frau mittleren Alters mit auffallend schwarzem Haar, erwiderte den Blick streng und wirkte beinahe beleidigt. »Natürlich haben wir eine Ausgabe davon. Das ist eine sehr beliebte Ferienlektüre für Kinder. Gebunden oder als Taschenbuch?«
»Gebunden bitte.« Als Mrs. Cognomi losging, um das gewünschte Buch zu holen, rief Meadow ihr nach: »Ich möchte es für Devlin hier haben«, und deutete unverblümt auf ihren Begleiter.
Zwei andere Kundinnen, die an den Regalen stöberten, drehten sich um und sahen zu Devlin herüber, der neben Meadow stand. Eine der Frauen konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die andere wandte sich rasch wieder dem Regal zu und lachte in sich hinein.
Mit nur einem simplen Satz hatte Meadow seinen Ruf, der gemeinste Mistkerl in ganz Amelia Shores zu sein, ruiniert.
Mrs. Cognomi kam mit einem großformatigen Buch zurück, auf dessen Umschlag ein impressionistisches Gemälde mit einem jungen viktorianischen Mädchen zu sehen war. Sie reichte das Buch Meadow, die es mit einem leisen Ausruf der Bewunderung entgegennahm.
Mrs. Cognomi rückte ihre schwarz gerahmte Brille zurecht und musterte Devlin so kritisch, dass er an seine alte Lehrerin erinnert wurde. »Wissen Sie, Mr. Fitzwilliam, Sie sollten darüber nachdenken, in jedes Zimmer Ihres Hotels eine Ausgabe hiervon zu legen.«
»Ja! Eine brillante Idee, Mrs. Cognomi.« Begeistert wandte Meadow sich Devlin zu. »Das gäbe doch jedem Zimmer die besondere Note.«
»Würde doch sowieso niemandem
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