Die Herzensdiebin
Hotel dürfen Telefongespräche nicht abgehört werden.«
»Oh.« Sie konnte sich gerade noch zurückhalten, sich zufrieden die Hände zu reiben.
»Haben Sie noch mehr Fragen?« Ehe sie etwas erwidern konnte, fügte er hinzu: »In den letzten Tagen hatte ich wenig Schlaf, und wenn ich das hier nicht zu Ende bringe und die ganzen anderen Jobs nicht schaffe, werde ich auch heute Nacht nur kurz schlafen können.«
Es klang gereizt. »Oh, ich wollte Sie nicht von der Arbeit abhaken.« Sie sah zu, wie er tippte.
Sie wusste nicht, ob er sich ausschließlich seiner Arbeit widmete oder einfach gegen ihren Charme gefeit war, aber Tatsache war, dass er ihr überhaupt keine Aufmerksamkeit schenkte.
Sie erhob sich und schlenderte zu dem Faxgerät. »Das ist bestimmt dauernd in Betrieb.«
»Ja.«
Wenn sie doch nur einen Blick in Devlins Büro werfen könnte, ohne Devlin erst ansprechen zu müssen ... Langsam näherte sie sich der Tür.
Sie konnte Stimmen hören: Devlins ausgeprägten Südstaatenakzent und die dünne, verängstigte Stimme einer Frau.
»Tut mir leid, Mr. Fitzwilliam. Es wird nicht wieder vorkommen. Zumindest ... ich werde versuchen, dass es nicht wieder passiert.«
»Mia, ich begreife das nicht. Bis vor drei Tagen waren Sie eine vorbildliche Angestellte. Was ist geschehen?«
»Es ist ... mein Sohn.« Der Küchenhilfe schien elend zumute zu sein. »Er geht nicht mehr zur Schule, ist in Schwierigkeiten. Ich versuche ja, ihn unter Kontrolle zu behalten, aber er ist siebzehn. Mr. Fitzwilliam, ich habe ihm gesagt, dass wir nichts mehr zu essen haben, wenn ich diesen Job verliere, aber er meinte, er habe einen Weg gefunden, um ... für uns zu sorgen ...« Mias Stimme bebte. »Und jetzt habe ich Angst, dass er ... «
»Setzen Sie sich, Mia. Hier ist ein Taschentuch. Um Gottes willen, hören Sie auf zu schniefen!« Nach. Mias kummervollen Worten war Devlins harter Tonfall wie ein Schlag ins Gesicht.
Was für ein ungehobelter Kerl. Sah er denn nicht, dass Mia jetzt Zuspruch brauchte?
»Ja ... ja, Sir.«
Mit einem Seitenblick auf Sam, der wie wild tippte, näherte Meadow sich weiter der Tür, bis sie einen Blick durch den Türspalt werfen konnte.
Mia saß auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch und tupfte sich die Nase.
»Mia, müssen Sie sich in meiner Gegenwart zurückhalten?«, fuhr Devlin sie an.
Empört schaute sie über den Rand des Taschentuchs. »Nein, Sir!«
»Dann putzen Sie sich endlich die Nase! Es ist mir egal, wie es klingt.« Devlin starrte sie finster an. »Ich möchte, dass Sie endlich mit dem Schniefen aufhören.«
Sie putzte sich die Nase.
Was für ein Trottel! Er war wirklich so furchtbar, wie die Leute behaupteten. Eigentlich sollte Meadow jetzt in das Büro gehen und ihm sagen ...
»Also gut. Schauen Sie mich an.« Devlin beugte sich vor und sah Mia in die Augen. »Ihr siebzehnjähriger Sohn schwänzt die Schule, Ihr Mann hat Sie verlassen, Sie haben für Ihre dreizehnjährige Tochter zu sorgen und haben Angst, dass Ihr Sohn mit Drogen handelt. Habe ich noch etwas vergessen?«
»Mein Sohn hat meinen letzten Gehaltsscheck eingelöst, und nun weiß ich nicht, was er mit dem Geld gemacht hat.« Mia fing an zu weinen und stand auf. »Es tut mir leid, Mr. Fitzwilliam. Ich weiß, dass ich Sie mit meinen Familiengeschichten nicht belasten sollte. Möchten Sie, dass ich jetzt gehe?«
»Erst klären wir diese Sache. Setzen Sie sich hin.«
Sie nahm wieder Platz.
»So, und nun schauen Sie mich an.«
Sie befolgte die Anweisung.
»Ich habe ein Projekt auf der Insel Elmite.«
»Wo liegt Elmite?«
»In der Karibik. Ich habe sie gekauft.«
»Eine ganze Insel?«
»Sie war unbewohnt. Kein Wasser. Ich ließ Brunnen bohren. Es sind riesige Wassermengen unter der Insel. Ich werde dort ein Resorthotel bauen.«
»Okay.« Mia nickte.
»Ihr Sohn geht also nicht mehr zur Schule. Was würden Sie sagen, wenn ich ihm einen Anreiz gäbe, die Schule wieder zu besuchen?«
Mia starrte ihn an, und Hoffnung flackerte in ihren Augen auf. »Okay.«
Vielleicht hatte Meadow Devlin doch falsch eingeschätzt.
»Wenn er nun entführt würde« — Devlin machte eine Pause, um zu sehen, ob Mia widersprach — »und auf einer Baustelle arbeiten müsste. Harte, körperliche Arbeit auf einer unbewohnten Insel während des Sommers ...«
»Wann könnte er los?« Mias Tonfall änderte sich, ihre Stimme klang plötzlich gefasst und kühl.
»Mrs. Fitzwilliam!«, wisperte Sam scharf hinter ihr. »Lauschen Sie da etwa?«
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