Die Herzensdiebin
dass Leute, erwachsene Leute — seine handverlesenen Gäste! — glasierte rote Äpfel und Zuckerwatte aßen, sich an Jahrmarktspielen erfreuten und wie kreischende Kinder in den Gondeln des Riesenrads saßen.
Diese große Eröffnung mochte ja die Idee seiner Mutter gewesen sein — aber schuld war Meadow. Ohne Meadows Einfluss hätte Grace Fitzwilliam sich nie zu derartigen Extravaganzen hinreißen lassen.
Natürlich ... irgendwo hatten die beiden Frauen recht. Er hatte bereits drei Kamerateams entdeckt, die sich auf das bunte Treiben zoomten, ganz zu schweigen von den fünf Berichterstattern der größeren Zeitungen, die sich Notizen machten — mit einem Grinsen im Gesicht. Es war ein durchschlagender Erfolg, aber verflucht sei er, wenn er das in Grace' oder Meadows Gegenwart zugeben würde.
Die Hände in die Hüften gestemmt, stand er auf der breiten Veranda von Waldemar House und ließ das Spektakel auf sich wirken.
Die Kellner tänzelten durch die Menge. Gregory Madison, der namhafte Bundesrichter, saß an einem der Tische mit den rotweiß gestreiften Decken und aß genüsslich seine Zuckerwatte. Mr. Volchock, Sieger beim letzten Pferdederby, warf Bälle auf ausgestopfte Clownfiguren, während Mrs. Volchock einen Teddybären an ihr Herz drückte, den ihr Mann für sie gewonnen hatte. Jessica Stillman-Williams, Grace' Chefin und Herrscherin über vielleicht zweihundert Kabelsender in den Vereinigten Staaten, trug einen albernen Ballonhut auf dem Kopf und wartete artig in der Schlange vor dem Riesenrad.
Nummer Vier lehnte lässig am Stamm der großen Eiche — einen Cocktail in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand — und unterhielt sich mit diesem Mädchen ... wie war noch gleich ihr Name? Jedenfalls die Hübsche aus dem Krankenhaus ...
Für den kurzen Rock, den sie trug, bräuchte man eigentlich einen Waffenschein, und mit wohl überlegten Bewegungen sorgte sie dafür, dass Nummer Vier immer wieder auf ihre beachtliche Oberweite blicken musste.
Die Rechnung schien aufzugehen. Soweit Devlin das auf die Entfernung beurteilen konnte, hatte Nummer Vier der jungen Frau noch nicht in die Augen geschaut.
Als der junge Bradley die Zigarette aufgeraucht hatte, drückte er sie mit der Schuhspitze aus und blickte finster auf den Stummel. Dann bückte er sich plötzlich, hob die Kippe auf und warf sie in den Mülleimer. Also war es Meadow gelungen, ihm die schlechte Angewohnheit, überall die Kippen zu verteilen, auszutreiben. Vermutlich würde sie ihm das Rauchen noch ganz abgewöhnen.
Sofern sie blieb.
Als habe er den Ruf einer Sirene vernommen, blickte er bei dem glockenhellen Lachen in Meadows Richtung. Er hatte sie sofort in der Menge ausgemacht. Sie trug einen breiten Strohhut, der mit großen blauen Blumen dekoriert war — für Grace' Empfinden war diese Kopfbedeckung so gewöhnlich , dass man gleich das Preisschildchen hätte dranlassen sollen. Ihre sportliche Kleidung bestand aus einem langärmeligen T-Shirt und einer kurzen Hose, die den Blick auf schöne, lange Beine freigab. Sie hatte auffallend viel Sonnenschutzlotion aufgetragen. Das Geheimnis schöner Haut , hatte sie gesagt und mit einem Lächeln zu ihm aufgeschaut.
Verflucht, er wäre sogar erregt, wenn sie ihm in einem Nonnenkostüm begegnete.
Es gab attraktivere Frauen: Zwei Rocksängerinnen, die eher die körperlichen als die stimmlichen Vorzüge in den Vordergrund stellten, drei hübsche Models und mindestens sieben glitzernde Ehefrauen auffallend älterer Gentlemen. Und doch hatten alle Herren nur Augen für Meadow. Sie hatte dieses gewisse Etwas; wenn sie da war, schien die Welt mit einem Mal aufzublühen, alles wirkte freundlicher und fröhlicher. Und alle Männer wollten ihr Feuer an Meadow entzünden.
Diese lüsternen Mistkerle. Sie war seine Flamme.
Die zurückliegenden Wochen waren ebenso herrlich wie furchtbar gewesen. Herrlich, da sie jeden Tag und jede Nacht gemeinsam verbrachten und Meadow ihn so verträumt ansah, als könne er ihr tatsächlich die Sterne vom Himmel holen.
Furchtbar, da er wie ein Besessener gearbeitet hatte, und währenddessen hatte Meadow sich in der ganzen Villa umgesehen und jeden Raum durchsucht. Natürlich gab sie vor, nur ein wenig umherzustreifen, hier und da mit den Zimmermädchen zu plaudern und die Einrichtung zu bewundern, aber Sam konnte ihm harte Fakten liefern: Nie kehrte Meadow in dasselbe Zimmer zurück, und einmal hatte Devlin gesehen, wie sie mit zerfurchter Stirn auf den
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