Die Herzensdiebin
Eddy wieder aus Europa zurück ist.«
»Ist Eddy Ihr Onkel?«, erkundigte sich Grace.
»Nein, Eddy ist eine sehr gute Freundin und sozusagen meine Brautjungfer.« Meadow strahlte Grace an.
»Dann darf ich Eddy als Abwandlung von Edie verstehen?« Mit einem gekünstelten Lächeln versuchte Grace ihre Vorahnung zu überspielen.
»Nein, ich glaube, es ist die Kurzform von Edmund.« Meadow zog theatralisch die Stirn in Falten. »Aber sie hasst diesen Namen, also nennt sie jeder Eddy.«
Nummer Vier ließ den Blick zwischen Meadow und Grace hin und her schweifen, hob dann sein Glas und leerte es in einem Zug.
Devlin erhob sich und trat ans Fenster. Stumm blickte er hinaus in den Garten.
Aber durch seine Schultern lief ein kleines Zittern. Meadow hatte sich schon lange gewünscht, ihn einmal befreit lachen zu hören, daher schmückte sie die Eddy-Geschichte noch etwas weiter aus. »Ich kenne Eddy schon seit der Schulzeit, und wir haben uns damals geschworen, dass einer für den anderen die Brautjungfer spielt.«
»Das haben Sie sich also geschworen.« Grace' Stimme klang schwächer.
»Wir haben uns immer vorgestellt, wie unsere Hochzeitsfeiern wohl sein würden.« Meadow genoss Grace' Entrüstung. »Wir wussten immer, dass er die lieblichere Braut von uns beiden sein würde — er sieht richtig hübsch aus —, und ich habe ihm das Versprechen abgenommen, dass er mich nicht mit seinem Aussehen in den Schatten stellt, wenn ich einmal heirate.«
Grace fächelte sich mit der Hand Luft zu.
»Leiden Sie unter Hitzewallungen?«, erkundigte sich Meadow fröhlich.
Devlin entfuhr ein glucksender Laut.
Nummer Vier hielt sich die Ohren zu.
»Nein, ich leide nicht an so vulgären Dingen wie Hitzewallungen , und selbst wenn es so wäre, ziemt es sich nicht, bei Tisch darüber zu reden.« Unverhohlener Zorn beherrschte Grace' kultivierte Sprechweise. Sie lehnte sich im Stuhl zurück und schloss die Augen. »Ich fühle mich nicht gut.«
»Da hilft nur eines.« Meadow sprang unvermittelt auf, zog Grace' Stuhl zurück, packte sie ein wenig schroff beim Nacken und drückte ihren Kopf auf die Knie.
Grace kreischte.
Devlin wandte sich ruckartig vom Fenster ab und starrte ungläubig auf die absurde Szene bei Tisch.
»Sorry, alter Knabe.« Nummer Vier warf seine Stoffserviette auf den Tisch. »Ich bin dann weg.« Er verließ den Raum so schnell, dass seine Sohlen beinahe eine Reibungshitze auf dem Teppich hinterließen.
»Die beste Behandlung aufkommender Ohnmachtsanfälle.« Meadow grinste über beide Ohren, als Devlin sich die Hand vor die Augen hielt. »Kein Grund zur Sorge. Sie wird sich gleich wieder besser fühlen.«
»Es geht mir gut.« Grace' Stimme klang gedämpft.
»Sie sollten sich nicht zu schnell aufrichten. Sie möchten ja nicht in Ohnmacht fallen«, meinte Meadow.
Grace begehrte gegen die Hand auf, aber Meadow hielt die Dame in dieser unbequemen Position fest. Natürlich hätte Grace sich mit aller Macht befreien können, aber da sie eine würdevolle Dame der höheren Gesellschaft war, würde sie sich nicht in die Niederungen physischer Gewalt begeben.
Vielleicht erst ... wenn sie verzweifelt genug war. Schließlich entwand sie sich Meadows Hand mit einem Ruck, setzte sich schwer atmend auf und richtete ihre Frisur. »Jetzt habe ich aber genug. Wir werden die Hochzeitsfeier erst besprechen, wenn ihr beide euch wieder wie vernünftige Menschen benehmt.« Entrüstet stand sie auf.
»Vergessen Sie bitte nicht, dass wir auch noch über die Party sprechen müssen!«, sagte Meadow.
Grace schloss wieder die Lider und hielt sich in einem weiteren vorgetäuschten Schwächeanfall die Hand an die Stirn. Doch dann hielt sie inne, denn sie erinnerte sich an Meadows Maßnahmen gegen Ohnmacht, beäugte Meadow vorsichtig und verließ dann gemessenen Schrittes den Speiseraum. Was sie nicht wusste, war die Tatsache, dass ihr Kleid hinten aufgegangen war und den Blick freigab auf rosafarbene Seidenunterwäsche.
Devlin wartete, bis die Schritte seiner Mutter verklungen waren, und brach dann in schallendes Lachen aus. Er musste so sehr lachen, dass er sich auf einen Stuhl fallen ließ und sich die Seite hielt.
Meadow beobachtete ihn mit zufriedener Miene.
Lachen.
Sie vermutete, dass er sich nicht einmal erinnern konnte, wann er das letzte Mal so befreit gelacht hatte.
Und wenn er lachte, sah er noch faszinierender aus: wie ein Mann, der wusste, wie man das Leben in vollen Zügen genoss, ohne sich von Argwohn oder
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