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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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von ihm erwartete, aber im Vorbeigehen hatte er mehr als eines der Hausmädchen hinter der vorgehaltenen Hand kichern hören.
    “Ich sehe sie fast überhaupt nicht mehr. Alles, was mir bleibt, ist, mir vorzustellen, was ihr zwei wohl so in meinem besten Gästezimmer treibt”, erklärte Maxime, während er Henri die Hummerzange hinschob. “Die nimmt man.”
    “Jedenfalls essen wir niemals Hummer”, betonte Henri. Er nahm die Zange und führte Maxime vor, dass er wusste, wie man sie benutzte. Er kannte hundert verschiedene Arten, ein Pferd zu kurieren. Das hier war wesentlich leichter zu erlernen. Das Schwierige war nicht, die Tatsachen zu kennen. Es war die tiefere Bedeutung dieser Tatsachen und das Wissen darum, was es für Auswirkungen hatte, wenn er sich ihrer bediente. Ihm war klar, dass genau das der Grund sein würde, wenn er stolperte und fiel; er würde eine Antwort kennen, aber er würde seine Antwort im falschen Moment falsch formulieren. Er war nicht sicher, ob er jemals lernen würde, sich wie ein Aristokrat zu
fühlen –
er war sich nicht einmal sicher, ob er tief in seinem Inneren einer sein wollte. Aber er musste wenigstens lernen, so zu tun, als ob, um Camilles willen, damit sie sich seiner nicht schämen musste. Und um seiner selbst willen, damit er auch weiterhin erhobenen Hauptes durchs Leben gehen konnte.
    Maximes nächste Bemerkung bestätigte seine Gedanken. “Es spielt keine Rolle, ob du die Zange benutzt oder nicht. Du musst nur wissen, was das ist, ohne wichtig zu nehmen, dass du es weißt. Zeige niemals Stolz über dein Wissen.”
    “Ich
nehme
es nicht wichtig”, erwiderte Henri. “Jeder könnte lernen, dass das hier eine Hummerzange ist. Nur reiche Leute interessieren sich dafür, ob man es weiß.” Er hielt die Hände hoch. “Ja, ja, ich gebe mir so viel Mühe, wie ich nur kann, so zu tun, als wäre ich reich.” Er veränderte seinen Tonfall und ahmte einen der besonders aufgeblasenen Knechte aus dem Stall des Herzogs nach: “Zu was soll denn jemand nütze sein, der nicht einmal weiß, wie man mit einer Hummerzange umgeht?”
    “Gut. Du lernst hinzu. Die Reichen tun, als wäre es ihnen egal, obwohl es in Wahrheit eine Frage von Leben und Tod für sie ist”, verriet Maxime ihm grinsend.
    Henri schwieg einen Moment und spielte mit einem Knipser herum, der für das Zerkleinern von Teeblättern gedacht war. “Woher wisst Ihr all diese Dinge?”
    Maxime lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der gefährlich knarrte. “Ich habe einige Reisen unternommen. Das ist der einzige Weg, wirklich etwas zu lernen. Du solltest es ausprobieren. Es wäre mir ein Vergnügen, dich in ein Schiff zu setzen, das, sagen wir, in die Reiche im Osten fährt. Dann kannst du selber feststellen, wie es ist, wenn alle um dich herum mit zwei spitzen Hölzern geschickt Reiskörner zum Mund führen, während du in Erwägung ziehst, mit den Fingern zu essen.”
    “Eines Tages werde ich auf Reisen gehen”, versprach Henri und fügte sarkastisch hinzu: “Ich nehme an, Ihr wärt nur zu gern bereit, Euch während meiner Abwesenheit um Camille zu kümmern?”
    “Natürlich. Wie kannst du überhaupt fragen.” Maxime hob einen speziellen Löffel hoch, der zum Entfernen von Fischaugen benutzt wurde, wenn das Meeresgetier im Ganzen gebraten und serviert worden war. “Nun, was ist das hier?”
    Wenn Henri am Nachmittag Freizeit hatte, ging er in die Ställe. Die beiden Mädchen kümmerten sich sorgfältig um die Tiere, aber die Pferde erwarteten seine täglichen Besuche, und er wollte sie nicht enttäuschen, denn sie hätten seine Entschuldigungen nicht verstanden. Er hatte herausgefunden, dass er die Zeit im Stall brauchte, so kurz sie auch sein mochte, um alles andere zu vergessen und nur er selbst zu sein.
    Wenn er abends in die Zimmerflucht zurückkehrte, die er mit Camille bewohnte, saß er ein paar Augenblicke stumm in ihrer Nähe. Oft war sie dann in eine Unterhaltung mit Kommandant Leung vertieft, die sie mit ihrem Schiff die Küste entlangsegeln würde, oder sie sprach mit Maximes Tante Gisèle. Später kam Kaspar und ebenso oft Arno, um ihn und Sylvie mit Beschlag zu belegen, damit sie den sicheren Umgang mit Klinge, Bogen und Pistole erlernten. Henri hasste Pistolen. Sie waren laut, schmutzig und langsam, und hinterher stanken seine Hände beißend nach Pulver. Das Bogenschießen hingegen liebte er. Weil er als Kind eine Schleuder benutzt hatte, fiel ihm das Zielen nicht schwer, und auf ein

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