Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
setzte sich neben sie aufs Bett und strich ihr über die kurz geschnittenen Haare. “Bist du glücklich? Ich meine, das war nicht das, was du eigentlich geplant hast. Ich bin froh, dass ich in der Lage war, dich … aber …”
“Du willst kein Kind haben?”
Henri dachte darüber nach. Er hatte sich um einige Kleinkinder gekümmert, als er noch zu jung gewesen war, um im Stall wirklich von Nutzen sein zu können. Die Kleinen konnten eine Menge Ärger machen. Woran er sich allerdings am besten erinnerte, war ihr milchiger Duft, ihre Haut, die weicher als eine Pferdenase war, und, das Wunderbarste von allem: das warme, weiche Gewicht in seinen Armen. Es spielte keine Rolle, dass sie vielleicht mit dem Erben des Herzogtums schwanger war. Wichtig war, dass es um etwas ging, das einen Teil von ihr und einen von ihm in sich trug. Eine Welle der Liebe für das noch ungeborene Kind durchlief ihn. “Wenn es ein Mädchen ist, soll sie regieren und nicht der Mann, den sie heiratet.” Das würde doch wohl möglich sein? Wenn er etwas von Maxime gelernt hatte, dann, dass auf Erden alles möglich war.
“Ich glaube nicht, dass wir uns darüber schon jetzt Gedanken machen müssen”, erwiderte Camille. “Es wird noch mindestens sieben Monate dauern, bis wir wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Außerdem gebe ich Michel vorher noch die Chance, mich in dem Moment zu töten, in dem ich durch das Tor des Herzogspalasts reite.”
Ihre Stimme war ruhig geblieben, doch Henri legte seinen Arm um sie. “Ich werde bei dir sein”, versprach er.
Sie sah aus, als wollte sie widersprechen. Henri presste sie an sich. “Bitte, erlaube es mir”, bat er. Er nahm ihre Hand in seine, küsste die Innenseite und presste dann ihrer beide Hände gegeneinander, als wollte er seinen Kuss vor neugierigen Augen verbergen. Seufzend verschlang Camille ihre Finger mit seinen.
“Ich habe ein seltsames Gefühl”, gestand sie.
“Fühlst du dich krank?” Mit der freien Hand rieb Henri ihren Rücken.
“Nein. Ich komme mir vor, als wäre ich … zwei Menschen. Was ich ja auch bin. Da ist jemand in mir.” Sie legte sich die Hand auf den Bauch. “Ich habe mich gefragt, ob ich es ohne irgendein deutliches Zeichen wissen würde. Ich habe es nicht gewusst. In dem Moment, in dem es passiert sein muss, habe ich nichts gespürt. Aber nun meine ich, etwas zu fühlen. Ich weiß nicht, wie das funktioniert. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein.”
“Spielt es eine Rolle, ob es Wahrheit oder Einbildung ist?”
“Ich glaube nicht.” Camille seufzte. “Du darfst mir nicht erlauben, rührselig zu werden. In meinem Bauch trage ich den Erben des Herzogtums. Ich erfülle meine Pflicht, indem ich dieses Kind gebäre. Was ich fühle, ist nebensächlich.”
Henri lauschte ihr ernst und küsste dann ihre Wange. “Trotzdem bin ich sehr aufgeregt. Vielleicht ist das meine Aufgabe. Auch wenn dein Bauch groß und rund sein wird, werde ich dich immer noch schön finden, selbst wenn du anderer Meinung bist.”
Camilles Schwangerschaft bedeutete, dass sie früher als geplant in den Herzogspalast zurückkehren musste, denn sie wollte nicht, dass der Herzog ihren Zustand erkennen und gegen sie verwenden konnte. Außerdem wusste sie nicht, wie sehr ihre Schwangerschaft sie behindern würde.
Sie hatte beschlossen, Henri mehr in ihre Planungen einzubeziehen. Bei der nächsten Sitzung, in der Strategien besprochen wurden, war er dabei. Das Treffen fand in einem fensterlosen Zimmer im Erdgeschoss der Burg statt. Die Einrichtung bestand aus einem einzigen langen Tisch in der Mitte, harten Holzstühlen und einigen Kartentischen mit geneigten Platten an den Wänden. Der Raum hätte kalt erscheinen können, doch der Fußboden war dick mit einer bunten Mischung kleiner Teppiche belegt, und an den Wänden hingen Gobelins, die die kriegerischen Erfolge von Herzogin Elisabeth, Maximes Großmutter, darstellten.
Er hatte erwartet, dass er sich allein unter so vielen Aristokraten vollkommen verschüchtert fühlen würde, doch er stellte fest, dass er sich außerdem noch sehr jung und vollkommen unerfahren in allen Kriegsfragen vorkam. Was nicht so schlimm war. Diese Dinge würden sich mit der Zeit geben. Er saß neben Kaspar und Arno ganz am Ende des Tisches und erinnerte sich selbst immer wieder daran, selbstbewusst zu erscheinen, ganz gleich, wie er sich fühlte. Es half ihm, Camille zu beobachten, die Dokumente studierte und nicht bemerkte, dass er jede ihrer
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