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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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nachdem sie dem Wahnsinn verfallen war, weil sie ihrem Mann kein Kind gebären konnte. Vielleicht war sie wirklich verrückt geworden. Es war noch nie vorgekommen, dass sie einen so niederen Diener wie ihn zu sich rief. Hatte er die Frau falsch verstanden? Sollte er sich in Wahrheit mit einem Verwalter treffen? Wie auch immer, es wäre gut zu wissen, ob die Herzogin lebte und wie es ihr ging. Vielleicht konnte diese Frau ihm Neuigkeiten über ihr Ergehen erzählen; vielleicht konnte sie eine Botschaft von ihm übermitteln, damit seine Herzogin über das Wohlbefinden ihrer Pferde informiert wurde. Womöglich wollte sie ihn aus diesem Grund sehen, um sich persönlich nach ihren Pferden zu erkundigen. “Was will sie von mir?”
    “Es ist die Sache der Herzogin, dir das zu sagen. Komm, Bursche. Ich kann nicht den ganzen Tag hier herumtrödeln.”
    Mit gesenktem Kopf folgte Henri der Magd durch einen Dienstboteneingang in der gewaltigen weißen Mauer des Palasts. Sie gingen einen dunklen Korridor entlang und betraten durch eine unscheinbare Tür den inneren Bereich des herzoglichen Palasts. Warum rief die Herzogin ihn zu sich? So angestrengt er auch nachdachte, er konnte nicht ergründen, ob diese Angelegenheit für ihn gut oder schlecht enden würde. Oder gut für die Herzogin, für ihn jedoch schlecht?
    Die Magd lief sehr schnell und schaute sich kein einziges Mal um, ob er ihr folgte. Der Fußboden war aus poliertem Marmor und von einer zartgrauen Farbe, die ihn an winterliches Eis erinnerte. Auch die Tatsache, dass außer ihnen niemand auf den Korridoren zu sehen war, ließ Henri frösteln. Er wusste, der Herzog verfügte über beinahe hundert Diener. Unter normalen Umständen wären sicher einige von ihnen auf diesen Fluren unterwegs gewesen. Offenbar hatte jemand dafür gesorgt, dass die Gänge derart verlassen dalagen. Er kannte einige Lakaien und wusste, sie verbrachten einen Großteil ihrer Zeit damit, auf den Korridoren herumzustehen und zu warten, bis jemand nach ihnen verlangte. Wo waren diese Lakaien jetzt? Der einzige Flügel des Palasts, in dem es keine Lakaien gab, war … Aber das konnte nicht sein, unmöglich konnte er durch den Teil des Palasts marschieren, in dem die Herzogin residierte. Sie pflegte ihre Diener in einem der Empfangsräume abseits der Haupthalle zu instruieren, die für Audienzen bestimmt waren. Vielleicht war dies lediglich ein ihm unbekannter Weg dorthin.
    Das erklärte jedoch nicht die verlassenen Flure. In der Nähe der Haupthalle gab es weitaus mehr Diener als im Flügel der Herzogin. Während die Magd ihn eine schmale Treppe hinaufführte, auf der es nach Zitrone und Bienenwachs roch, fragte er sich, wie viel an Bestechungsgeld es wohl gekostet hatte, dafür zu sorgen, dass hier niemand war, und aus welchem Grund dieses Geld ausgegeben worden war.
    Die Zofe blieb vor einer getäfelten Mahagonitür stehen, die mit Blattgoldintarsien geschmückt war. Sie bedeutete ihm, durch die Tür zu treten. Als Henri gehorchte, folgte sie ihm nicht, sondern schloss von außen die Tür hinter ihm. Dann hörte er ein dumpfes Geräusch, als hätte sie sich mit dem Rücken gegen die Tür gelehnt.
    Das Zimmer, in das er eingetreten war, wurde durch einen Kronleuchter strahlend hell erleuchtet. Er war mit Dutzenden von brennenden Kerzen besteckt, die herabhängenden Kristalltropfen bestanden aus dem reinsten Glas, das Henri je gesehen hatte. Beinahe schmerzhaft wurde das Licht von dem weißen Marmorfußboden reflektiert. An den Wänden hingen Gobelins mit Rankenmustern in Blau und Gold, die offenbar gleichzeitig das Auge erfreuen und die Geräusche im Raum dämpfen sollten. Er kam sich vor, als wäre er in ein mit Edelsteinen besetztes Kästchen gestiegen, das jenem ähnelte, in dem die Herzogin die Schmuckbeschläge für Guirlandes Zaumzeug aufbewahrte. Trotz dieses aufwendigen Glanzes hing ein schwacher staubiger Geruch in der Luft, der Räumen anhaftete, die lange nicht benutzt worden waren.
    Als er sich nach rechts wandte und die Wandteppiche genauer betrachten wollte, bemerkte er die Herzogin, die unbeweglich wie eine Statue dastand. Es war wahr und wahrhaftig die Herzogin und nicht etwa eine ihrer Hofdamen. Ihre Schönheit und ihre aristokratische Haltung raubten ihm den Atem. Sie hatte ein dunkelrotes Kleid mit glockenförmigem Rock und einem tiefen quadratischen Ausschnitt an, der ihre Brüste betonte. Dazu trug sie mehr Juwelen als er je zuvor gleichzeitig gesehen hatte, nicht einmal an

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