Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Stunden.“
„Mit Vaters neuem Reithengst brauche ich auch nur einen halben Tag, jedenfalls bis zur Druidenschule“, rutschte es ihr im Eifer heraus.
Er sah sie belustigt an - sie errötete abermals.
„Keine Angst, Gudrun“, beruhigte er sie, „ich verrat es ihm nicht.“
Diesmal wich ihre Verlegenheit schneller, und sie schnitt ein neues Thema an: „Du guckst oft so pfiffig, als ob du inwendig lachst, sicher leuchten und funkeln deshalb deine Augen so. Das gefällt mir. - Hast du eigentlich eine feste Freundin?“
„Ja“, und schon verdüsterte sich sein Gesicht, „in Burgund.“
„Liebst du sie? Wollt ihr heiraten?“
„Weiß nicht.“
„Was, ob du sie liebst oder ob ihr heiraten wollt?“
„Weiß nicht“, wiederholte er, „ich muss mir noch Gedanken machen.“
Darauf klopfte sie ihm aufmunternd auf die Schulter: „Nicht so verzagt, junger Ritter, ich werde dir helfen, das Problem zu lösen, weißt doch, wir Weiber haben für dergleichen einen scharfen Blick.“
N un musste er lachen, wandte jedoch ein: „Ist ja lieb gemeint, aber du kennst doch die Dame nicht.“
„Das wird sich bald ändern. Ich habe dir schon die ganze Zeit sagen wollen, dass ich im Sommer auf eure Schule komme, und da wird dich deine Holde ja mal besuchen.“
„Du kommst auf unsere Schule?“, staunte er, „und schon diesen Sommer?“
„Ja. Freut dich das? Ich will die Heilkunde erlernen.“
Darauf sah er sie mit anderen Augen: „Dann trittst du ja mal in den Kreis der weisen Frauen, der verehrten Heilshexen, ein“, brachte er hervor, wobei er gleichzeitig an Siglind denken musste.
Ja, erkannte er jetzt, in Gudruns Aura deutete sich bereits heute ein hellgrünes Leuchten an, ebenso, wie es ihm bei Siglind aufgefallen war, aufkommende Heilskraft, die in ihrem vollen Licht die Aura einer jeden Heilshexe veredelte. Ebenso konnte er sich jetzt Gudruns zwar burschikose, dabei jedoch auffallend einfühlsame Art erklären. Er schlug ihr vor: „Eine gute Bekannte von mir, die Siglind, studiert ebenfalls an unserer Schule Heilkunde, du könntest dich mit ihr anfreunden.“
Darauf wurde ihr Blick kritisch, und mit diesem Blick betrachtete sie ihn eine Weile, bis sie ihn aufforderte: „So, Waldur, und nun gestehe mir, wen du mehr liebst, die Burgundin oder die Siglind.“
„Die Burgundin natürlich“, lautete seine sofortige Antwort, was Gudrun jedoch bezweifelte:
„Na, na, na, wenn du dich da mal nicht selbst belügst.“
D ie nächsten zwei Stunden vergingen bei einem heiteren Frühstück mit allen fünf Miltenberger Bezirksräten und deren Familien wie im Flug.
Anschließend begleitete die ganze Gesellschaft ihre hohen Gäste den Waldweg hinunter zum Kutschenplatz. Nach einer herzlichen Verabschiedung stieg der Fürst in die Kutsche, und als nach ihm auch Waldur einsteigen wollte, hielt Gudrun ihn zurück, zog seinen Kopf zu sich herab und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich habe beobachtet, dass du mit deinen himmelblauen Lachaugen auch umwerfend schön ernst gucken kannst. Nur, dass du das weißt.“
Darauf war er es, der rot anlief. Umständlich kletterte er in die Kutsche, und als er seinen Platz einnahm, konnte sein Vater nicht anders, als ihn aufzuziehen: „Junge, Junge, das ist dir aber eben unter die Haut gegangen.“
Der Zweispänner fuhr ab, und sie winkten sich nach. Lachend stand Gudrun ganz vorne an, und ihre kupfernen Zauslocken leuchteten in der Sonne, dass sie noch lange zu sehen war.
Als sich Waldur schließlich wieder zurechtsetzte und nach vorne blickte, wollte sein Vater von ihm erfahren: „Hat sie dir am Ende eine Liebeserklärung ins Ohr geflüstert?“
Waldur lachte: „Nein, sie hat mich lediglich aufgeklärt, dass ich sehr schön ernst gucken kann.“
„Dass du was?“, fragte verdattert der Fürst, worauf Waldur mit gespielt gekränkter Miene wiederholte:
„Dass ich auch ernst wunderschön gucken kann, Vater. Ist denn dir das nie aufgefallen?“
Kapitel 11
Ab Lenzing 488
U nmittelbar nach ihrer Rückkehr hatte sich Waldur von seinem Kunst- und Baustudium abgemeldet und im gleichen Zug, zusammen mit seiner ehemaligen Mitschülerin Wiltrud, die Regentenausbildung angetreten.
Chrodegilde war versöhnt. Aber Waldur, war er nun glücklich? Betäubt von Chrodegildes dunkelsüßem Zaubergift, vermeinte er es.
U m öfter und offiziell nach Frowang reisen zu können, hatte Chrodegilde bereits nach Chlodwigs Siegesfeier ihrem Vater als Ratsdame empfohlen, doch mit den angesehenen Alemannen eine nähere
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