Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Beziehung anzustreben. Ihr Vorschlag hatte ihm zugesagt, weshalb seitdem der schriftliche wie auch mündliche Kontakt zwischen den Westburgundern und den Alemannen zunehmend reger geworden war.
Dem war es zu verdanken, dass Chrodegilde heute zum Erntedankfest in Begleitung eines burgundischen Ratsherrn offiziell in Frowang erscheinen konnte. Waldur beglückte ihr überraschender Besuch, und nachdem Chrodegilde im Palast dem Fürstenpaar die von ihrem Vater aufgetragene Botschaft vorgetragen und eine verbindliche Antwort darauf erhalten hatte, geleitete Waldur sie auf eine der Parkfestwiesen. Dort wich sie ihm dann den ganzen Nachmittag über nicht von der Seite, was ihm zu seinem eigenen Erstaunen Unbehagen bereitete, doch er ließ es sich nicht anmerken.
Bei dieser Gelegenheit lernte auch Gudrun sie kennen. Und Gudrun beobachtete sie mit ihrem ‚scharfen Weiberblick’ sehr genau, weshalb sie erkannte, mit welcher Absicht Chrodegilde Waldur in aller Öffentlichkeit oft solch vielsagende Blicke zuwarf, ihn dann und wann über den Arm streichelte und ihn mitunter veranlasste, auch ihr mal ein zärtliches Lächeln zu schenken.
„Mach um Himmels Willen Schluss mit dieser Person“, riet Gudrun ihm deshalb nach Chrodegildes Abreise, „die ist von der übelsten Sorte. Merkst du denn nicht, wie sie euch zwei öffentlich als Liebespaar deklarieren und dich dadurch zur Heirat zwingen will?“
„Darauf wäre ich nie gekommen.“
G udruns Worte erweckten wieder etwas Klarheit in Waldurs Kopf. Deshalb bat er Chrodegilde in seinem nächsten Brief, ehe sie nicht entlobt sei, nicht mehr nach Frowang zu kommen, um Gerede zu vermeiden.
Sie aber lachte über diese Idee, und zum Mittwinter- und dem anschließendem Weihnachtsfest überraschte sie ihn abermals mit ihrem Besuch - gerade, damit man sie als Paar zusammen sehe. Auch heuchelte sie ihm unter Tränen vor, sie leide unter den gegebenen Umständen mindestens wie er und könne diese wochenlangen Trennungen kaum ertragen. Beim Verabschieden kündete sie ihm zudem an, sobald sie könne, wieder zu kommen. Sie spreche ja als Regierungsrätin mit ihrem Vater oft über das alemannische Fürstenhaus, wobei sie ihm mitunter interessante Vorschläge unterbreite. Deshalb werde ihr Vater sie nun öfter als seine persönliche Botschafterin hierher schicken.
Waldur musste es hinnehmen, er war außerstande, sich gegen Chrodegilde durchzusetzen. Dabei empfand er nach diesem Besuch keinerlei Zuneigung mehr für sie, auch fühlte er sich ihr gegenüber nicht mehr verpflichtet, denn er hatte ja nie offiziell um ihre Hand angehalten. Bald versuchte er gar, sich von ihr zu trennen, doch sie verstand es, jeden dieser Versuche in Nichts aufzulösen.
L ieß er sich nur von Ethne helfen, aber nein, nach wie vor blockte er sofort, wenn sie auf Chrodegilde kam, verstockt das Gespräch ab.
Einen Vorteil hatte Waldurs Betäubungszustand allerdings mit sich gebracht, seine durch das Aufgeben des Baustudiums entstandene Wunde war im Laufe der Monde nahezu schmerzlos verheilt. Dazu hatte außerdem beigetragen, dass er nachmittags von seiner Ratsposition aus zusammen mit Erik und dessen Frau Ortrud, der Gartenmeisterin, Beachtliches für den immer kunstvolleren Ausbau Frowangs hatte arrangieren können. Auch erwies sich die Regentenausbildung als weitaus interessanter und angenehmer, als von ihm erwartet.
Angenehmer deshalb, weil er die Schulbank ja nun wieder mit Wiltrud, der beliebten, goldblonden Alpenländerin, teilte, die, vergangenes Jahr zur Hohen Ratsdame geadelt worden, ebenfalls nachmittags im Palast tätig war. Auch die meisten Abende verbrachte er mit ihr. Jedoch nicht zum Vergnügen, vielmehr saßen sie abends stets solange über ihren Hausaufgaben, bis ihnen die Köpfe rauchten oder Ritter Segimund zu ihnen kam, um ihnen beim Lernen zu helfen, damit er anschließend die von ihm verehrte Wiltrud noch ein wenig ausführen kann.
Auf der Druidenschule wurden Wiltrud und Waldur vorwiegend in Politik, Geschichte und den Kulturen fremder Völker unterrichtet und im Tempel immer tiefer in die Edda, die Lehre der Heiden, eingeführt, denn ein keltischer Regent oder Kronprinz war gleichsam Priester. Jetzt lehrte Ethne sie bereits, Heilskraft in sich zu erwecken, und bei öffentlichen Festen sah man die Beiden immer öfter unter Frowangs acht Priesterinnen und Priestern stehen, wo sie kleinere Kulthandlungen vollzogen.
Für Hilibrand indes war alles Lernen und Bemühen umsonst gewesen. Nach dreieinhalb
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