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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Waschwasser nur noch draußen vor die Tür, wo auch er sein leer gegessenes Essgeschirr nunmehr hinzustellen hatte. Er sah nicht einen Menschen mehr.
Dadurch wandte sich sein Interesse noch mehr von der Außenwelt ab und seinem Inneren zu, wodurch ihm aufging - um sich zu läutern, reicht es längst nicht, alles Negative auszumerzen, man muss ebenso bestrebt sein, die tiefinneren Seelenwerte zu erwecken. Das aber gelingt nur, wenn man in einer Selbstversenkung Verstand und Sinne, ja, die gesamte Menschennatur schweigen lässt. „In tiefster Seelenstille erwachet Tivars Fülle“, lautete die Runenaufschrift dieses Tempels. Er begriff ihren Sinn.
Durch diese Erkenntnis glitt er in seinen Meditationen alsbald tiefer und tiefer in sein Unterbewusstsein, wobei sich ihm immer lichtere Seelenreiche erschlossen.
Nach einiger Zeit wurden seine Versenkungen so tief, dass jedes Mal aus seinem Seelengrund, dem Überbewusstsein, eine goldglänzende Wärme hervorbrach, die ihn gänzlich durchströmte. In diesen Momenten waren die Lotosblätter seines Herzens weit geöffnet, All-Liebe strahlte hervor.
Von da an staunte er, wie rasch sich seine Sinne verfeinerten, seine Hellsichtigkeit zunahm und die Gedanken reiner wurden. Und eines Tages empfing er gar auf eine gedankliche Frage von Ethne eine telepathische Antwort. Von Glück erfüllt, begriff er nun, dass er in Wahrheit in seiner kleinen Kammer nie alleine gelassen war, zumal er fortan noch mehrmals von Ethne wie auch von Hermod telepathische Hinweise für seine Meditationen erhielt.
    W ieder leuchtete der Vollmond. Der wievielte? - War ihm inzwischen einerlei. Jemand schritt lautlos über den Flur zu seiner Kammer - Hermod, durch die Wände erkannte er seine Lichtgestalt. Nun vor der Tür, rief Waldur ihm innerlich entgegen: ‚Seid gegrüßt, ehrwürdiger Druide!’
Darauf betrat Hermod, freundlich zurückgrüßend, den Raum. Doch er ging an Waldur vorbei, um sich über die Schnitzereien zu beugen. Er betrachtet sie intensiv, jedes Motiv mit kritischem Blick. Waldurs Herz hämmerte, ihm war, als durchforsche Hermod seine Seele. Plötzlich vernahm er Hermods Gedanken: ‚Schon transzendenter diesmal. Aber ich hätte mehr erwartet, bedeutend mehr.’
Jetzt wandte sich Hermod nach ihm um und erkundigt sich telepathisch: ‚Wie kam’s? Keine Inspirationen empfangen?’
Waldur wusste nichts zu erwidern, worauf sich Hermod die Hölzer unter den Arm schob und Waldur ankündigte: „An was es auch gelegen hat, ich nehme sie mit.“
Kein Aufbegehren in Waldur, lediglich die Hoffnung, neue Scheite zu bekommen. Indessen schritt Hermod langsam zur Tür, wo er dann stehen blieb. Mit einem Mal wandte er sich mit hell leuchtenden Augen um, legte die Schnitzereien auf die Matratze, war mit zwei Schritten bei Waldur und umfasste freudig mit beiden Händen seine Schultern: „Endlich, mein Lieber“, strahlte er Waldur an, „du hast endlich deinen dummen Eigenstolz überwunden.“
Waldur begriff nicht, was das bedeutete, weshalb Hermod ihm erklärte: „Das war nicht nur deine härteste, es war gleichzeitig deine letzte Prüfung, hörst du? Deine letzte! Waldur, mein Lieber, in Wahrheit hast du Kunstwerke aus diesen zwei Hölzern geschaffen, wir werden gleich morgen den Tempelschrein damit verzieren. Aber jetzt komm“, er nahm ihn beim Arm, „wir gehen zu Ethne. Na, komm doch, mein Lieber.“
Hermod führte den Fassungslosen und recht Gehunsicheren aus der Kammer und anschließend die Treppen hinab.
Unten am Treppenabsatz erwartete die beiden bereits freudelächelnd Ethne, die Waldur, bei ihr angekommen, wortlos in die Arme schloss. Dann betraten sie zu dritt das Gebetszimmer, und nachdem sie sich im Kreis auf die Kissen niedergelassen hatten, forderte Ethne Waldur auf: „Schließe deine Augen, konzentriere dich auf dein Seelenherz, und dann summst du mit uns das Priesterwort.“
Die Druiden begannen, die heilige Rune zu summen, und nach einigem Zögern stimmte Waldur mit ein. Zunächst verhalten, dann etwas kräftiger - für ihn unangenehm laut, er vernahm seine Stimme von innen wie von außen. Bald vibrierte ihm die Schädeldecke, er fürchtete, sie werde bersten, doch in dem Moment schlug Hermod leise den Gong zur Beendigung.
Noch eine Besinnungsminute, dann verkündete Hermod Waldur: „Deine Schweigeära ist damit beendet. Ist sie dir zu lang geworden?“
Waldur verneinte stumm, weshalb Ethne nachhakte: „Wie bitte?“
„Nein“, brachte Waldur hervor, wobei er über seine Stimme

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