Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
jedoch seinen tatsächlich erlittenen Trennungsschmerz nicht zugeben wollte und es ihn zudem wieder überkam, eine maliziöse Stichelei anzubringen, wiederholte er empört: „Elend? - Non, glücklich hab ich mich gefühlt. Frei und glücklich. Denn endlich neue Gesichter überall, oui, nur interessante, neue Menschen, und . . . “
Darauf wandte Waldur ebenso verletzt wie vergrollt seinen Kopf zur Seite. Schwatzmaul, schimpfte er innerlich, Großmaul! Glaube nur nicht, ich hätte dich auch nur einen Moment vermisst!
Und Chlodwig schwadronierte weiter, selbst noch, als sich Waldur erhob und langsam zum Höhlenausgang vortrat. Erst als Waldur die Höhle verließ, merkte Chlodwig auf. Au, diesmal war er zu weit gegangen, erschrak er, weshalb er im Nu auf den Füßen stand, um Waldur nachzueilen.
Draußen musste er ihm nachrennen, wobei er ihn anrief: „Warte, ich muss dir was erklären!“
„Ich hab’s eilig.“
„Was rennst du denn so?“
„Ich hab’s eilig.“
„Ich muss auch zum Schloss, muss doch noch meine Sachen in deine Kammer räumen.“
„Dann renn mir nach.“
Das tat Chlodwig doch schon so flink er konnte, und dennoch vergrößerte sich sein Abstand zu dem langbeinigen Waldur kontinuierlich - sein Freund ließ ihm keine Chance.
Im Palast stieg Chlodwig dann hinauf zum Dachgeschoß, und Waldur horchte versteckt vom Treppenhaus her hoch, ob er auch mit dem Umräumen seiner Reisesäcke beginne. - Ja, tat er. Darauf besorgte sich Waldur geschwind aus dem Speiseraum etwas Obst und Brot für den Tag zusammen und eilte damit wieder aus dem Palast. Er wollte Chlodwig heute nicht mehr sehen! Am Main sprang er schließlich in ein Boot, band es los und ruderte zur Insel.
„E i, �nen Muskelkerl wie dich können wir hier gebrauchen“, wurde Waldur auf der Insel freudig empfangen.
Gleich drauf wurde er zum Tanzplatz geschickt, in dessen Mitte die weisen Kräuterfrauen rings um den Ständer des hölzernen Sonnwendrades den Scheiterberg aufschichteten. Waldur holte ihnen Armweise die gewünschten Zweige und Trockenkräuter herbei. Anschließend ging er den Zimmerleuten zur Hand, die das Priesterpodest davor aufstellten, das die Gärtner am Ende reich mit Sonnwendblumen dekorierten. Wunderschön wurde das Podest - aber keine Zeit, lange zuzusehen und dabei genüsslich sein Mittagsbrot zu verzehren, er wurde weggeholt: „Hierher, Waldur! Wir müssen die Gästebänke näher zusammenrücken.“
„Noch näher?“, fragte er kauend, worauf ihm der Mann erklärte:
„Ja, es werden zusätzliche Ehrengäste erwartet.“
Nachdem auch das geschafft war, half er, die von der Brauerei mit Booten angelieferten Bierfässer zu entladen und sie dann auf der Insel genau nach Anweisung zu verteilen, was mehr als zwei Stunden in Anspruch nahm. Und zum Abschluss musste er in all die vielen, farbigen Keramiklämpchen, die ziemlich hoch an Girlanden hingen, diesen zähflüssigen Brenntran einfüllen. Eine langwierige und vor allem mühselige Arbeit. Denn dazu musste er mit einer Leiter von Lämpchen zu Lämpchen rücken - immer wieder runter von der Leiter, weiterrücken, wieder rauf auf die Leiter, Tran nachfüllen, dann wieder runter und wieder weiter. Unzählige Male. Anzustecken gehen die Lämpchen mit einem langen Feuerholz nachher recht flink, und das wird, wenn erst das Sonnwendfeuer brennt, auch jeder gerne tun, aber diese Vorarbeit hier verrichtete niemand gerne. Lieber würde er die Fackeln auf dem Festplatz verteilen, doch er war nun mal zum Tran nachfüllen eingeteilt.
E ndlich war alles hergerichtet. Sicherheitshalber ließ Waldur nochmal seinen Blick über die Insel schweifen - ja, sie hatten alles bedacht, sie konnten zufrieden sein mit ihrem Werk. So strebte nun auch er zum Bootsanlegeplatz und ruderte dann mit den letzten Helfern im verblassenden Schein der bereits untergegangenen Sonne zurück zum Nordufer.
Dort angelangt sah Waldur, dass sich der Park bereits mit den ersten festlich gekleideten Menschen füllte, weshalb er mit raschen Schritten zum Palast ging, um sein Abendbrot einzunehmen und sich dann ebenfalls umzukleiden.
E ine Stunde später spazierte Waldur im alemannisch rot-grünen Trachtenanzug und natürlich mit seinem feschen Junkerhut auf dem Kopf, durch den mittlerweile menschenvollen Park, in dem heute Abend nur die notwendigsten Laternen brannten. Als er am Main auf ein fast vollbesetztes, abfahrbereites Boot zueilte, wurde er angerufen: „Willst du an mir vorbeilaufen?“
„Vater? - Wo bist
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