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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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du, Vater?“
„Na, hier doch.“
Jetzt entdeckte er seinen Vater, ebenfalls im alemannischen Trachtenanzug, saß er am Ufer auf seiner Lieblingsbank, und Waldur ließ sich erfreut neben ihm nieder. Darauf wurde es dem Fürsten warm ums Herz, endlich hatte er seinen Sohn eine Weile für sich alleine. Seinen Sohn, den er über alles liebte, zumal er ihm nach dem blutigen Nomadenüberfall als einziger von seiner Familie geblieben war und zudem seiner verstorbenen Gattin in vielem von Jahr zu Jahr ähnlicher wurde. Das Ruderboot setzte jetzt zur Fahrt an, und Vater und Sohn blickten ihm nach, wie es in der Dunkelheit mit seinen Laternenlichtern zur Insel hinschaukelte.
„Darin sitzen auch unsere zuletzt eingetroffenen Gäste, die fürstliche Chattenfamilie“, bemerkte der Fürst, worauf Waldur von ihm erfahren wollte:
„Woran liegt es nur, dass immer so viele Fremde an unseren Sonnwendfeiern teilnehmen?“
„Ei daran, dass unsere Stadt zwar nicht die größte, wohl aber weit und breit die reizvollste ist“, uzte der Fürst, gab dann jedoch zu: „Nein, Waldur, ich kann mir das selbst nicht erklären. Obzwar, anziehend ist Frowang allemal, alleine schon wegen seines Wappens. Seine zwei Runen, die Gottheiten Freyja und Freyjer, verleihen immerhin Glück, Schönheits- und Frohsinn, alles reich bei uns zu finden. Von Freyja ist übrigens Frowa, Frau oder Weib abgeleitet und von Freyjer Fro, der Mann. Fro und Frowa leben im hiesigen gesegneten Wang, daher der Name unserer Stadt - Frowang.“
Waldur überlegte einen Moment, um dann zu fragen: „Unsere Religionslehrerin hat gesagt, Freyja und Venus seien ein- und dieselbe Gottheit, wie auch sonst alle Völker der Welt seit jeher die gleichen Götter angebetet hätten wie wir, nur eben unter anderen Namen. Stimmt denn das?“
„Ja, das stimmt. Allerdings begehen viele den Fehler, diese Himmelswesen zu personifizieren, ihnen menschliche Eigenschaften anzudichten, also Götzen in ihnen zu sehen. Gleichwohl wirken die Gottheiten, von den Christen Engel genannt, unbeeinträchtigt weiter. In Liebe und Weisheit regieren sie das Weltall, und dieses himmlische Regieren nennen wir Ragna. Über Ragna aber strahlt überhell Tivar, das ewig Göttliche selbst. Es ist form- und gestaltlos, nicht weiblich, nicht männlich, weder Einzahl noch Mehrzahl und dennoch alles zugleich, denn alles, der gesamte Kosmos, einschließlich aller Gottheiten, ist einst aus ihm hervorgegangen. Wir nennen es Tivar, einige Asiaten Deva und die Christen Deus.“
Nach dieser Darlegung schwiegen beide. Bis von den Festplätzen her verhaltenes Trommeln vernehmbar wurde, die Sonnenwende nahte.
„Komm, Junge, wir müssen zur Insel.“
Waldur schob ein Boot zurecht, und nachdem sie eingestiegen waren, gewahrten sie vom Tempelhain her ein zartes Leuchten - die Druidin. Im golddurchwirkten Sonnengewand glitt sie den Priesterpfad hinab. Ehrerbietig betrachteten die beiden die Botin Ragnas, deren Lichtgestalt sanft ihren Umkreis erhellte.
„Eine der letzten Druiden“, kam es dem Fürsten ahnungsvoll von den Lippen.
    A uf der spärlichst beleuchteten Insel war bereits alles verstummt, als der Fürst und Waldur ihre Plätze erreichten. Kurz darauf betrat Ethne die Insel. Selbstversunken die Arme über der Brust gekreuzt, schritt sie auf den Scheiterberg zu. Dort kniete sie nieder und senkte ihr Haupt. Die Zeit schien den Atem anzuhalten. Erst nach einer geraumen Weile erhob sie sich langsam, und als sie aufrecht dastand, reichte ihr eine Priesterin eine brennende Fackel, mit der Ethne sodann den Scheiterberg umschritt, um ihn an mehreren Stellen zu entzünden. Dadurch begann auch bald das mächtige Sonnenrad über der Brandstelle hoch und hell zu flammen und sich zu drehen. Nachdem dies geschehen war, erklomm Ethne in ihrem jetzt feuerstrahlenden Goldgewand das blumengeschmückte Priesterpodest. Oben breitete sie beide Arme in die Höhe und sang mit ihrer klangvollen Druidenstimme die Sonnen- und Feuerode: „Heil dir Sol, goldreiche Gottheit, flutendes Feuer, lichter als Licht . . “
In die letzte Strophe fielen alle Anwesenden mit ein, und am Ende ging der Gesang in lauten Jubel über.
Gleich drauf wurden alle Fackeln, Laternen und Lämpchen angezündet, wodurch es auf der Insel, den Ufern und den Parkfestwiesen lichterloh flackerte. Die Musikanten spielten auf, die Feiernden sangen mit und umtanzten in Paaren die Freudenfeuer.
Wenig später flanierte Waldur vergnügt über die schmale, langgezogene Insel. Da

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