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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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ausleben, es bereinigen zu können. Dazu tritt er abermals vor den Urdbrunnen, das Lebensbuch wird ihm wieder aufgeschlagen, und nun werden von den Lipika all seine Runen sorgfältig neu ausgewogen und geordnet. Dabei können ungute getilgt werden, sofern er sich in seinem letzten Midgardleben überwiegend positive dazu erschaffen hat. Alsdann gestalten ihm die Lipika mit diesen Runen sein Kausalkleid neu aus. So ausgestattet gleitet der Mensch weiter die Ebenen hinab, wobei er, haargenau nach seinem Schicksalsgewand, erst seinen neuen Intellekt empfängt, dann Gemüt und Wille und am Ende den Lebens-, den Ätherleib, der die Verbindung zwischen seiner Seele und dem künftigen Erdenkörper herstellen wird.
Mit diesen Hüllen hat sich gleichsam Vergessen über seine Seele gelegt, nur noch von dumpfem Empfinden geleitet, gelangt er dennoch zielsicher in den Midgard und dort schließlich zu seinem künftigen, am Urdbrunnen ausgewählten Elternpaar.“
Nach einer längeren Schweigepause fragte schüchtern Wiltrud, die allen sympathische Alpenländerin: „Und von da an erfüllt sich sein Erdenschicksal, ja?“
„Ja und nein“, erklärte ihr Ethne. „Die Voraussetzungen dazu sind zwar geschaffen, doch liegt es nun an ihm, wie er damit umgeht. Bedenke, dass er Willensfreiheit mitbekommen hat. Schön, wenn er in einem früheren Leben anderen Leid zugefügt hat, steht ihm nun ähnliches Leid selbst bevor, einmal, um diese Schuld zu tilgen und zum zweiten, damit ihm diesbezüglich die Augen aufgehen. Lernt er dann aus seinen Missgeschicken und setzt er zudem seine positiven Eigenschaften verstärkt ein, so verbessert sich sein Schicksal wie von selbst. Wer seinen Egoismus abbaut, wachen Auges und warmen Herzens durchs Leben geht, dessen Kausalkörper beginnt zu glänzen. Dieser Mensch wird weise, in seiner Seele erwacht selbstlose Liebe, und eines Tages wird er eins mit seinem wahren Ich, das er als Teil des kosmischen All-Selbst erkennt. Von da an braucht er sich im Midgard nicht mehr zu verkörpern, er weilt alsdann als Himmelswesen in einer höheren Welt, wo er immer verantwortungsvollere Aufgaben erfüllt. Das jedenfalls ist der Sinn unserer Wiederverkörperungen.“
Diese Erklärung stimmte die Schüler nachdenklich. Ethne beeinträchtigte sie auch nicht, erst als sie erkannte, dass sie wieder aufnahmebereit waren, blickte sie freundlich in die Runde und erkundigte sich:
„Keine Fragen mehr?“
Es erfolgten keine Fragen. Deshalb kündigte sie ihnen an: „Gut, ihr Lieben, dann machen wir heute etwas eher Schluss. Ihr werdet ja nun, solange ihr bei den Erntearbeiten mithelft, von den Bauern verköstigt, dann beeilt euch jetzt, zu ihnen zu kommen, denn heute zum Obstalbenfest haben sie bestimmt was Besonderes auf dem Tisch. Und heute Abend wird in Frowangs Apfelweingärten kostenlos ausgeschenkt, aber Vorsicht, zuviel von diesem Wein, richtet er nicht nur im Kopf, sondern auch im Bauch Verheerungen an.“
Die Schüler erhoben sich lachend, und als sie sich zum Gehen wandten, bat Ethne Chlodwig beiseite, um ihm ein Lob auszusprechen: „Die Lehrer haben mir berichtet, du hättest bei ihnen bereits alles nachgeholt. Gratuliere, Chlodwig, eine bewundernswerte Leistung. Und deshalb geben auch wir Zwei nicht auf. “
Ihm war, als gieße sie alle Liebe in sein Herz, als sie ihm darauf das mitteilte, was ihn dennoch zutiefst traf: „Um aber in deiner Klasse bleiben zu können, müsstest du bis zu den Herbstferien - natürlich erst ab morgen - allabendlich in meiner Tempelwohnung erscheinen, um Zusatzunterricht für deine Meditationsübungen zu nehmen. Kannst du dich dazu entschließen?“
Chlodwig stimmte betroffen zu.
    U m in deiner Klasse bleiben zu können! Dieser Satz klang Chlodwig, als er am Abend unter seinen ausgelassenen Kameraden beim Apfelwein saß, vehement im Kopf nach. Nachmittags die harte Feldarbeit, grollte er, und abends jetzt noch, statt endlich Erholung, Zusatzunterricht im Tempel. Wenn er seine innere Haltung nicht ändere, hatte Ethne ihm bereits gestern angedeutet, müsse sie ihn nach den Herbstferien ins erste Schuljahr zurückversetzen. Bon, auch Gunhild und Ingo würden wohl demnächst zurückversetzt werden, er aber wollte das nicht. Sein Vater hatte ihm verhießen, er könne seine Ritter- und anschließende Kronprinzenausbildung in der kürzest möglichen Zeit bewältigen - also! Und was sollte dann Uta von ihm, einem Sitzenbleiber, halten, immerhin war ihr Vater ein angesehener Gaugraf. Außerdem

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