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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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einige Zeit später am Himmel die ersten zartrosa Boten den erwachenden Tag ankündigten, vernahm Waldur weit hinter sich gieriges Bellen. Die Wölfe waren zu dem Fleischköderplatz gerannt und zankten sich dort um die paar Brocken. Bestens, freute sich Waldur, lärmt nur ordentlich, dadurch lockt ihr noch mehr Genossen an und wir haben euch alle hinter uns. Dann streckte er sich vor und forderte Scalla auf: ‚Wir Zwei nutzen jetzt das bisschen Rückenwind. Mach dich bereit . . , auf geht’s - G a a a l o p p !’
Scalla schoss sofort los, nach so vielen Wochen ein Galopp, war für Pferd und Reiter ein Ereignis. Und sie hatten nichts verlernt, trotz des Halbdunkels stoben sie zielsicher über den schmalen Schneepfad, immer weiter und weiter.
‚Gut, Scalla . , weiter so . . ‘
Waldur stand in den Steigbügeln, sein Kopf lag seitlich an Scallas Hals, und er spornte ihn unentwegt an. Erst als er feststellte, dass Scalla die Luft knapp wurde, stoppte er ihn langsam, setzte sich wieder im Sattel zurecht und lobte ihn: ‚Fabelhaft hast du das gemacht. Was glaubst du, wie viel Zeit wir durch diesen Spurt gewonnen haben.’
Die gewonnene Zeit war weit wertvoller, als es Waldur momentan hatte ermessen können. Denn der Wind blies von Stund zu Stund merklicher, weshalb sie bereits nach ihrer Vormittagsrast den Pfad verlassen mussten, um fortan durch den Witterung abfangenden Wald weiter zu reiten. Dort aber konnten sie sich nur mit Tastschritten über die unberechenbare Schneedecke und durch das dichte Nadelgehölz weiterbewegen.
    W ettergott Thor blieb unbarmherzig, er ließ am folgenden Tag die gleichen Winde wehen, was Waldur zwang, sich weiterhin, vom Morgen bis zum Abend, durch den dichten Schneewald zu tasten. Dabei ging ihnen all die bisher gewonnene Zeit mit jedem Schritt gnadenlos verloren. Waldur war dem Verzweifeln nahe, ob sie jemals aus den Bergen gelangen? Ab Morgen blieben ihnen nur noch zweieinhalb Tage. Zumindest müssten sie bis morgen Abend, wegen Scallas fast leerem Futtersack, Lykle erreichen.
Die Nacht verbrachten sie dann in einer von Waldur entdeckten Felshöhle. Ein erholsamer Schlaf? Für Scalla ja, Waldur dagegen zuckte bei jedem Knicken und Knacken draußen im Wald zusammen. Denn ihm war letzten Nachmittag an der Dreistigkeit eines sie ständig nah umschleichenden Wolfsrudels klar geworden, wie sehr die Wirkung des Elixiers nachgelassen hatte, und nun fürchtete er, sie versiege gänzlich.
Doch die Nacht ging ohne ernsthafte Störung vorüber.
Als sie schließlich reisefertig ihre Höhle verlassen hatten, stellte sich Waldur vor Scalla auf, um ihm eindringlich zu vermitteln: ‚So, mein Freund, heute kommt es drauf an, heute müssen wir alles auf eine Karte setzen. Und jetzt erschrick nicht.’
Er verspritzte unversehens den Rest des Elixiers auf Scalla und sich selbst, worauf Scalla so empört schnaubte, nieste und sich schüttelte, dass Sattel und Gepäck auf seinem Rücken hin- und herrutschten. Waldur ignorierte sein Rebellieren, sprang in einem günstigen Moment von einem Baumstumpf aus in den Sattel und trieb Scalla dann, ehe der merkte, wie ihm geschehen war, zum Gehen an.
‚Heute kommt’s drauf an’, wiederholte Waldur und steuerte den Hengst mit hartem Schenkeldruck, damit er ja den Ernst begriff, bergab aus dem Wald. Unten lenkte er ihn über den Eisfluss, anschließend schräg das rechtsseitige Ufer hoch, und hier auf der übersichtlichen Straße versetzte er ihn in Trab. Vorerst zum Warmlaufen, später sollten Galopps folgen. Sie mussten vorankommen, sie mussten! Der inzwischen aus Südwest wehende Wind war zwar noch immer verräterisch, doch nun war volles Risiko angesagt.
Kurzes Ausruhen bei langsamem Gang und gleich wieder Galopp, stets im Wechsel, so trieb Waldur seinen Hengst den ganzen Vormittag über die Straße. Dabei holten sie Zeit ein, doch längst nicht genug, denn bis zum Mittag konnte Waldur noch immer nicht abschätzen, ob sie Lykle bis zur Dämmerung, der Hauptangriffzeit der Wölfe, erreichen.
Deshalb brach er ihre Mittagsrast vorzeitig ab, was Scalla, trotzdem er längst nicht satt geworden und anständig ausgeruht war, widerstandslos mitmachte. Er hatte begriffen, wie ernst es seinem Herrn heute war, und in solchen Situationen wurde er ihm stets zum verlässlichsten Partner.
Auf der Flussuferstraße ging es sofort weiter mit ihren Galoppspurts. Ansich ein Vergnügen für beide, hätte Waldur nicht bemerkt, dass einige Wolfsrudel näher und näher zu ihnen

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