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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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heranrückten. Drei Rudel zählte er, eins rechts oben im Wald, eins links jenseits des Flusses, doch im unteren Waldabschnitt, und das dritte wechselte dann und wann die Seiten. Von allen dreien wurden sie unentwegt belauert. Gelegentlich verjagte auch das Seiten wechselnde Rudel eins der beiden anderen, doch nie für lange, bei jedem Langsamritt vernahm Waldur, dass ihnen alle Drei stetig auf der Spur blieben. Und das Rudel, das sich gegen den Abschreckgeruch durchsetzte, würde angreifen. Rund zwölf Wölfe gehörten einem Rudel an, wusste Waldur - und was, wenn die plötzlich angeschossen kämen? Nein, die kommen nicht, verscheuchte er energisch diese Angstvorstellung. Und wenn doch, dann würde er sich gegen den Rudelführer stellen, ihn mit Magie in Bann schlagen, und damit wäre gleichzeitig das übrige Rudel gelähmt. Aber die Wölfe kämen ja nicht.
Ein Wolf tauchte wenig später doch auf, ein einzelner, ein Kundschafter. Waldur sah ihn während eines Galopps rechts neben sich zwischen den Bäumen herflitzen, dann wieder den Berg hoch hetzen, und gleich drauf hörte er aus erschreckender Nähe ein kurzes Verständigungsgebell jenes Rudels.
Von da an vernahm er weiterhin aus dieser Nähe das Hecheln und Rennen der Wölfe, ununterbrochen, sie liefen stets und ständig neben ihnen her. Bei ihren Galopps fiel das Rudel zwar zurück, doch bei ihren Langsamgängen holte es wieder auf. Grausig, zog Waldur den Kopf ein, ermahnte sich jedoch im nächsten Moment - nein, nicht grausig, lass dich bloß von keiner Angst packen. Deine Angstausdünstung würden die Biester sofort wittern, durch den Elixiergeruch, ist doch der Lieblingsduft ihrer Jagdbeute. Dann ließ er Scalla länger als sonst langsam gehen, um selbst seine Ruhe zurückzufinden.
Über alledem waren sie jedoch ein gutes Stück vorangekommen, und seine Hoffnung, bis zur Dämmerung Lykle zu erreichen, wuchs. Auch milderte der Südwestwind erheblich die Luft, weshalb er sich endlich die Mütze vom Kopf nehmen und somit weitaus besser hören konnte. Allerdings bemerkte er auch, wie Scallas Laufkraft nachließ, weshalb er die Galopps von Mal zu Mal früher abbrechen und die Ausruhgänge ausdehnen musste. - Und plötzlich war wieder der Kundschafter neben ihnen. Reaktionsschnell lenkte Waldur Scalla mit einem Schwung auf ihn zu, worauf der Wolf erschreckt davon jagte. Die Lektion hatte gesessen, das Rudel zog sich höher in den Wald zurück, und dort blieb es auch.
Noch blieb es dort, dachte Waldur nach einer Weile, noch! Was aber, wenn die Dämmerung einsetzt? Unsinn, verjagte er rasch wieder diesen Gedanken, bis zur Dämmerung seien sie längst in Lykle. Nur lag bis Lykle noch immer ein ziemlicher Weg vor ihnen, und sie hatten kaum noch eine Stunde dafür, und Scalla war inzwischen derart verausgabt, dass er nicht mehr galoppieren konnte. Selbst sein Langsamschritt wurde kraftloser, schleppender, und es wurde später und später.
‚Weiter, Scalla, weiter’, redete Waldur ihm zu und fragte ihn dann: ‚Siehst du da vorne den krummen Ahornbaum? Der aussieht, als würde er dienern vor uns?’
‚Seh ich.’
‚An dem müssen wir noch vorbei. Dann kommt ein Quertal, und wenn wir das hinter uns haben, ist es nicht mehr weit, du braver, tüchtiger Hengst.’
Sie kamen an dem krummen Ahornbaum vorbei, anschließend über das Quertal, und danach spornte Waldur Scalla mit ständig neuen Zwischenzielen an. Und Scalla tapste weiter und weiter, während Waldur ihm unentwegt zuredete: ‚Gut machst du das, mein Lieber, sehr gut, und immer weiter so.’
Scallas Schritt wurde dennoch matter und Waldurs Kampf gegen seine Angst heftiger, trotzdem redete er weiter auf Scalla ein: ‚Wir Zwei schaffen das. Und sind wir erst in Lykle, dann kommst du in einen kuschelwarmen Stall und kannst dich ringsum sattfressen. Warte, ich gebe dir wieder den Schritt für deine Vorderbeine an: Rechts, links - rechts, links . . ‘
Und sie schafften es.
‚Da, Scalla, da’, sagte Waldur ihm plötzlich und reckte sich freudig hoch, ‚der Siedlungswall. Siehst du ihn?’
Scalla hob und drehte seinen Kopf, erkannte jedoch nichts, weshalb Waldur ihm erklärte: ‚Da vorne, Scalla, neben der Brücke. - Bah, muss Lykle groß sein. Aber jetzt siehst du ihn doch.’
‚Ja’, freute sich nun auch Scalla und konnte darauf das letzte Stück erstaunlich flink laufen.
Endlich standen sie vor dem mächtigen Holztor. Waldur bollerte mit den Fäusten dagegen - romm, bomm, bomm, bomm, und rief so laut er

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