Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
bedrückte, als er momentan preisgeben wollte. Deshalb wartete er schweigend, bis Chlodwig wieder aufblickte und schlug ihm dann vor: „Du bist überarbeitet, Blutsbruder, völlig abgespannt. Wir gehen jetzt zurück zu den anderen, damit du endlich deine Uta an dich drücken kannst, ja? Zum Mittag erwarten wir dich dann im Palast, und dort werden wir Zwei uns weiter unterhalten.“
Chlodwig war einverstanden, und bereits, als sie die Grotte verließen, wichen die dunklen Schatten von seiner Stirn.
N och das Minneglück in den Augen, betrat Chlodwig am Mittag den Palast, wo ihn Waldur im Festsaal an die bereits vollbesetzte und hübsch mit dem ersten Frühlingsgrün dekorierte Tafel führte.
Doch erst während der Tischgespräche und der dezenten Saitenmusik aus dem Nebenraum, entspannte sich Chlodwig vollends. Der Alemannenpalast mit seiner stilvollen und doch so lockeren Atmosphäre war dem Rastlosen zur zweiten Heimat geworden. Das schloss jedoch nicht aus, dass er hier als ein Frankenregent respektiert wurde und sich das Fürstenpaar wie auch die Prinzessin bei jedem seiner Besuche über die jeweils aktuelle Politik mit ihm besprachen.
Heute fiel am Tisch natürlich kein Wort über Politik, es stand auch niemandem der Sinn danach, Chlodwig am wenigsten. Der saß neben Waldur und unterhielt sich bald nur noch mit ihm, wobei sein Blick allerdings immer wieder über den Tisch zu der hübschen Kronprinzessin flog, die zwar kürzlich geheiratet hatte, ihn jedoch nach wie vor faszinierte. Aber er hatte doch seine Uta, möchte man jetzt einwenden, die er angeblich über alles liebte. Das tat er auch, nur dekorierten daneben solche Äugeleien sowie hier und da ein pikanter Flirt und sogar einige Bettarmouren noch immer sein unstetes Leben.
Jetzt stieß Waldur ihn ärgerlich an: „Lass endlich das Geschiele, wird ja schon peinlich.“
Darauf lächelte Chlodwig einmal noch charmant zur Prinzessin hinüber, dann nahm er sich zusammen. Lange brauchte er das allerdings nicht, denn wenig später hob die Fürstin die Tafel auf.
Waldur und Chlodwig ließen sich nebenan in die Polster einer Plauschecke nieder, um ihre Unterhaltung fortzuführen. Seine Reiseerlebnisse hatte Waldur in großen Zügen bereits erzählt, und nun schilderte er seine Plagen als Knappe, mit am Ende Ossians überraschender Eröffnung, er stelle ihm das beste Zeugnis aus. Sich mit allen zehn Fingern in sein inzwischen halbwegs nachgewachsenes Haar greifend, bekannte er Chlodwig: „Ich verstehe bis heute nicht, was ich vordem so grundfalsch und mit einem Mal so lobenswert gut gemacht haben soll.“
Chlodwig indes, dem bereits heute früh Waldurs vorteilhafte Veränderung aufgefallen war, sagte ihm bewundernd: „Was immer es war, Blutsbruder, sei ihm dankbar, aus dir ist wahrlich ein Ritter geworden. Ein äußerst respektabler sogar. Und dazu dieser magische Phosphorblick, solch einen Ritter findet man kein zweites Mal.“
Diese Anerkennung aus Chlodwigs Mund löste einen kleinen Taumel bei Waldur aus, denn, wann hatte er jemals dergleichen von ihm vernommen. Aber Chlodwig war seit Beginn des Mittagsmahls ohnehin sehr angenehm um sich zu haben, da er ausgeglichen war wie selten. So verbrachten die zwei Freunde noch über eine Stunde in ihrer Plauschecke, ehe sie aufbrachen.
Sie spazierten hinaus in den Park, und auf einem der bunten Festplätze gesellten sie sich zu Uta und einigen anderen Studenten.
Hatte Chlodwig bis zu dieser Stunde einen glücklichen Tag erlebt, so sollte nun hart für ihn der Schicksalsgong schlagen. Eine Katastrophe nahte. Er spazierte gerade mit Uta und Waldur plaudernd über die belebte Schlossallee, als plötzlich mit Peitschenknallen und lautem „H ü a ! H ü a !“ ein Zweispänner angerast kam, gelenkt von einem Muskel strotzenden Mann in Grafenkleidung. Alle wichen erschreckt nach rechts und links zwischen die Linden aus, während Uta entsetzt erkannte: „Mein Vater!“, und sich angstvoll fest an Chlodwig klammerte.
Im nächsten Moment bremste Rhoder scharf die Rösser neben seiner Tochter ab, war im Nu vom Kutschbock gesprungen und brüllte sie vor allen hier Anesenden an:
„Du hast ein Verhältnis, mit diesem da!“, wobei er mit dem Kopf zu Chlodwig wies. Er riss sie von Chlodwigs Seite und hielt sie dann mit hartem Griff am Arm fest.
Chlodwig reagierte vorbildlich, er hatte Uta widerstandslos freigegeben und trug dem Zornwütigen nun in erstaunlich gefasstem Ton vor: „Excusez, Graf Rhoder, ich stehe tief in Eurer
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