Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
zunehmenden Anklang fand. Nicht nur, weil er bei Syagrius hervorhob, wie römerfreundlich die Franken durch sein, Chlodwigs, unermüdliches Zureden nun werden, seinen eigentlichen Erfolg erzielte er mit Gaben aus der merowing’schen Schatztruhe. Mit Brautwerbegaben. Denn Chlodwig freite um Syagrius’ erst vierzehnjährige Tochter Aurelia, die nach römisch-katholischem Gesetz bereits heiratsfähig war. Er wolle Aurelia nächstes Frühjahr als seine Gemahlin, und damit ja Königin der Salier, auf sein Schloss führen, gaukelte er ihr und ihren Eltern charmant vor. Und die arme kleine Aurelia war hingerissen von ihm.
Oui, so ging er vor, so sah seine Diplomatie aus, völlig unkeltisch, weshalb sie keiner durchschaute, weder die blauäugigen Kelten noch die scharfäugigen Römer. Und alle Götter, so sah es für Chlodwig selbst aus, alle Götter stünden hinter ihm und seinem ehrbaren Ziel. Das fand er alleine dadurch bestätigt, dass die Franken seine geniale Verhandlungstaktik mit Syagrius rühmten, der ihnen solch begrüßenswerte Annehmlichkeiten in Aussicht gestellt habe, falls sie sich zu einem Bündnis vereinten.
Wäre gar nicht verkehrt, ein fränkisches Bündnis, arbeitete es immer lebendiger in ihren arglos keltischen Köpfen, und jeder Regent malte sich darüber hinaus spezielle, von Chlodwig inspirierte Vorteile für seinen Sippenstamm aus. Wen aber würde Syagrius zu ihrem Oberhaupt bestimmen?
Diese Überlegungen wartete Chlodwig nicht ab, dauerte ihm viel zu lang. Er ritt frech entschlossen zu Syagrius und erklärte ihm, die Franken seien jetzt zu einer Vereinigung bereit und hofften, er werde ihn, den Merowinger, zum König des vereinten Frankenreichs bestimmen. Die Krönung solle dann am achtundzwanzigsten Tag des Heuertmonds - das war Utas Geburtstag - in dem altehrwürdigen Haupttempel von Köln zelebriert werden.
U nd am achtundzwanzigsten Heuerttag war Syagrius dann glücklich, im Haupttempel von Köln seinem vermeintlich künftigen Schwiegersohn Chlodwig das neu geschmiedete Königsdiadem des vereinten Frankenreichs aufs Haupt zu setzen.
E hrlich, Chlodwig, diese Leistung hätte außer dir keiner zuwege gebracht, in nur knapp fünf Monden.
Gleichwohl sei herausgestrichen, dass sein Vorgehen zwar übelst gewesen war, wohingegen der Frankenvereinigung selbst seine unverändert lauteren Motive zugrunde gelegen hatten.
B ereits eine Woche nach seiner Krönung verließ Chlodwig die Merowingerburg, die er einem neu ernannten Gaugrafen übergab. Er übersiedelte mit seinem nun bedeutend zahlreicheren Hofstaat nach Köln, wo er unter den Hochrufen der Bürger feierlichen Einzug in sein neues Schloss hielt. Und dieses Schloss war - was wundert einem jetzt noch an Chlodwig - ein ehemaliges Römercastel. Das hatte ihm Syagrius in Hinblick auf seine Tochter zwischenzeitlich prunkvoll her- und einrichten lassen, ganz im römischen Stil.
Am Abend nach dem Einzug gönnte sich Chlodwig dann zum ersten Mal wieder Ruhe. Ganz für sich alleine saß er in seinem neuen, prächtigen Gemach und genoss sein vollbrachtes Werk. So, triumphierte er mit Stolzestränen in den Augen, nun kenne ihn jeder Kelte, vom bedeutendsten bis hin zum kleinsten Regenten. Selbst die Bürger auf der Straße sprächen von ihm, er sei in aller Leute Munde. Chlodwig, der Merowinger, Chlodwig, der Frankenkönig. Was ihm der Affenmensch Rhoder jetzt wohl zu sagen habe? - Pa!, das interessiere ihn inzwischen weniger als ein Babypups. Aber Waldurs Vater, was er wohl zu seiner Leistung und seiner Erhöhung zum Stammeskönig sagt? Das interessierte ihn sehr wohl. Frankenkönig - klinge fast so ehrwürdig wie Svebenkönig. Werde bald aber noch mit Glorie geschmückt. „Oui“, bestärkte er sich lautstark, „mit unsterblicher Glorie.“
I n der Tat, nun sprach jeder von Chlodwig und seinem vereinten Frankenreich, voller Bewunderung und Freude. Die Regenten allerdings auch mit Skepsis.
Vornehmlich freute sich Waldur über und für seinen Freund. „Du weißt, für ihn hat sich damit ein Jugendtraum erfüllt“, erinnerte er Hilibrand, worauf der einwandte:
„Mit der Frankenvereinigung ja - aber mit der Aurelia?“
„Da muss auch ich passen“, gab Waldur zu, „auf diesem Gebiet habe ich Chlodwig noch nie folgen können. Allerdings haben wir beide ja schon häufig erlebt, wie plötzlich er sein Herz einer neuen Jungfer schenken kann.“
Während dieser Unterhaltung befanden sich die zwei Weißblonden auf dem Weg von der Schule zum Palast. Ein
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